Umstrittener Baumschutz

26.9.2018, 08:47 Uhr
Umstrittener Baumschutz

© Markus Steiner

Das war bei der Abholzung am Wülzburghang unter OB Reinhard Schwirzer schon so und hat sich unter OB Jürgen Schröppel nicht geändert. Selbst dann, wenn es um Privatgrundstücke geht, würden selbsternannte Baumschützer das Abholzen gerne verhindern. Weil es bislang aber keine Baumschutzverordnung in Weißenburg und den Ortsteilen gibt, kann jeder Privatmann in seinem Garten mit den Bäumen machen, was er will. Ob das gut oder schlecht ist, darum drehte sich die jüngste Bürgerversammlung im gut besuchten Wildbadsaal.

Rund 80 Bürgerinnen und Bürger, Stadträte und zwei Referenten waren gekommen, um gut eineinhalb Stunden lang das Für und Wider einer Baumschutzverordnung zu diskutieren. Oberbürgermeister Jürgen Schröppel (SPD) hatte Nicole Schwarz aus Nördlingen und Hans Bittl aus Eichstätt als Referenten eingeladen. In Nördlingen gibt es keine Baumschutzverordung, in Eichstätt dagegen schon.

Der Stadtrat der Bischofsstadt hat sich bereits 1981 mit großer Mehrheit für eine Baumschutzverordnung ausgesprochen. Die sieht vor, dass Bäume, die einen dickeren Durchmesser als 60 Zentimetern haben (in 1,30 Metern Stammhöhe), nur mit Genehmigung gefällt werden dürfen. Auch auf Privatgrundstücken. Lediglich Obstbäume (außer Walnussbäume) sind davon ausgenommen, berichtete Verwaltungsleiter Bittl, der auch Leiter des Rechtsamts ist.

Gegen eine Verordnung

Der Stadtrat in Nördlingen hat sich vor sieben Jahren dagegen bewusst gegen eine Baumschutzverordnung entschieden, berichtete Nicole Schwarz, die in Schröppels Heimatstadt das Rechtsamt leitet. 2011 hatte eine Stadtratsfraktion den Antrag gestellt, die Verordnung einzuführen, scheiterte aber mit großer Mehrheit. Der Stadtrat, berichtete die Juristin, habe die Baumschutzverordnung als „erheblichen Eingriff über den Gartenzaun“ und „Eingriff ins Eigentum“ gesehen und deshalb abgelehnt.
In Eichstätt ist die Situation auch 37 Jahre nach der Einführung der Baumschutzverordnung dagegen eine ganz andere, berichtete Bittl: „Die Entscheidung dafür würde auch heute mehrheitlich wieder für eine Baumschutzverordnung ausfallen.“ Zwar bringe die Verordnung vor allem für die Stadtverwaltung eine Mehrarbeit mit sich, letztlich sorgten die ausgebildeten Baumkontrolleure aber auch dafür, dass die klaren Regeln eingehalten würden: „Je nach Gutachten wird die Genehmigung zum Fällen erteilt oder auch nicht.“

Schwarz erläuterte im Gegenzug, dass die Stadt Nördlingen mit der praktizierten Lösung ebenfalls gut fahre und es dennoch gut gelungen sei, in Nördlingen eine „Durchgrünung“ zu erreichen. So gebe es, was die Begrünung angeht, klare Festsetzungen in den Bebauungsplänen und örtlichen Bauvorschriften. Seit 2007 gibt es zudem eine Baumkommission, die die städtischen Bäume schützt und ganz strenge Kriterien anwendet, die festlegen, wann ein Baum gefällt werden darf oder eben nicht: „Damit fahren wir sehr gut.“

Eine „klare Linie“

OB Schröppel erläuterte, dass aus seiner Sicht die Stadt Weißenburg auch ohne Baumschutzverordnung eine klare Linie fahre. Immer dann, wenn eine Gefahr für die Verkehrssicherheit von Bäumen ausgehe, der Baum krank oder kaputt sei oder größere Schäden verursache, dann müss-ten die Bäume weichen.“ Das Argument, dass der Baum Dreck mache, sei dagegen kein Grund, um ihn einfach umzuschneiden, betonte das Stadtoberhaupt.

Im Laufe der folgenden Diskussion, an der sich die Bürgerinnen und Bürger rege beteiligten, wurde das Für und Wider einer Baumschutzverordnung diskutiert und es entstand dabei der Eindruck, dass die subjektive Wahrnehmung ein große Rolle spielt. So gab es Stimmen, die meinten, dass Weißenburg noch viel mehr öffentliches Grün vertragen würde oder häufig auch unnötig Grün beseitigt werde. „Würden die Bäume in der Nürnberger Straße heute mit einer Baumschutzverordnung noch stehen oder nicht?“, wollte beispielsweise ein Weißenburger Bürger wissen. OB Schröppel erwiderte, dass diese Bäume auf privatem Grund standen und deshalb auch ganz legal gefällt werden durften.

Michael Gerstner, Vorsitzender des Obst- und Gartenbauvereins Weißenburg und Baumexperte, meinte: „In der Nürnberger Straße hat die Stadt mit brachialen Mitteln die Denkmalpflege ausgehebelt.“ Eine Aussage, die OB Schröppel so nicht stehen lassen wollte: „Die Unterstellung, dass wir hier ein denkmalgeschütztes Gebäude abreißen ließen, ist dreist. Der Abbruch war nicht rechtswidrig.“ Genauso verwahrte sich das Stadtoberhaupt dagegen, dass Mitarbeiter der Stadtgärtner keine Ahnung hätten: „Das weise ich in aller Deutlichkeit zurück.“

Karl-Heinz Schork betonte, dass der Bund Naturschutz Weißenburg die
Diskussion über die Baumschutzverordnung begrüße, ihr aber neutral gegenüberstehe und sie auch nicht einfordere: „Uns geht es um das Stadtbild und den Erhalt der Baumsubstanz, weil Bäume eine Funktion und einen Erholungswert haben.“ Abschließend dankte Schröppel den Bürgern für ihr Feedback und versprach, dass der Stadtrat im Konsens Verbesserungen erzielen wolle.

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