"Unbegreiflich, verrückt": Andrea Lutz hat die Drei-Stunden-Marke geknackt

29.9.2016, 08:14 Uhr

© WT

Für die Ausnahmesportlerin, die in Pfraunfeld aufgewachsen ist und für die Eintracht Kattenhochstatt startet, ist damit ein lang gehegter Traum in Erfüllung gegangen. Seit vielen Jahren hat sie hart dafür trainiert, die drei Stunden zu knacken. Im Vorjahr war sie sowohl in Berlin als auch in Frankfurt ganz nah dran. Jetzt hat es für Andrea Lutz geklappt und ihre Freude war riesengroß. Selbstredend verbesserte die 33-Jährige, die beruflich bei der Arbeitsagentur in Eichstätt tätig ist, damit den von ihr selbst gehaltenen Kreisrekord ein weiteres Mal.

Zum Laufsport ist sie eher zufällig gekommen. In der Weißenburger Realschule hat sie bei den 800 Metern erstmals Gefallen am Laufen gefunden, hat dann zu Hause in Pfraunfeld ums Dorf herum immer größere Runden mit ihrem Hund gedreht. „Ich habe gemerkt, dass mir das Laufen einfach gut tut“, erzählt Andrea Lutz. Mit 19 startete sie bei ihrem ersten größeren Wettbewerb, dem Halbmarathon in Ingolstadt, wofür sie ihr Onkel angemeldet hatte. Welch guter und wichtiger Schritt das damals war, hat sich nun einmal mehr beim Marathon in Berlin bestätigt.

Weil es solch ein außerwöhnlicher Erfolg ist, lassen wir Andrea Lutz im Folgenden einfach selbst von ihrem Rekordlauf in der Bundeshauptstadt erzählen – von den Zweifeln vor dem Start, von den Gedanken und Erlebnissen auf der Strecke und schließlich von der Erleichterung und dem Jubel im Ziel:

Sonntag, 9.15 Uhr: Startschuss zum 43. Berlin-Marathon. Zum zweiten Mal stehe ich mittendrin, eine unter 41283 Läufern. Mit meinem gleichen Ziel wie seit neun Jahren und elf Marathon-Wettbewerben: die 42,195 Kilometer unter drei Stunden zu laufen. Ich bin aufgeregt wie noch nie! Am Donnerstag nach Berlin angereist, wollte ich am Freitag schon wieder heim: Nie kann ich das laufen, ich fühl’ mich gar nicht fit, ich will nicht wieder irgendwelche Schmerzen aushalten und keine Krämpfe während oder danach haben. Und außerdem: Die Zeit von 3:00:23 letztes Jahr in Frankfurt war doch auch schon gut. Man muss doch auch mal mit was zufrieden sein, oder?

Nein: Neun Wochen, in denen es nur noch Laufen, Radfahren, Krafttraining, Physio, auf die Arbeit gehen, Essen und Schlafen gegeben hat, werden jetzt belohnt, halte ich dagegen. Also los!

Start bis Kilometer 15: Gestartet in Block D kämpfe ich mich zu den ­Pacemakern mit den Unter-Drei-Stunden-Luftballons durch. Auch dort sind so viele Läufer, die es einem nicht erlauben, in seinen eigenen Rhythmus zu kommen. Es wird in den Kurven zu sehr abgebremst und auch an den Verpflegungsstellen gehalten und aufeinander aufgelaufen. Das heißt immer wieder von neuem ins Tempo reinlaufen. Ich bin genervt!

Kilometer 21: Endlich, mein Freund Christoph Schabbehard ist ab jetzt immer mal wieder mit auf der Strecke und kann mir meine eigenen Trinkflaschen reichen. „Hey, du bist auf 2:57-Stunden-Kurs“, ruft er mir zu. „Boa, krass“, denke ich mir und komme endlich in meinen Tunnel. Kilometer für Kilometer stoppe ich raus – 4:10, 4:12, 4:15 . . . und auf einmal:

Kilometer 30: Das Feld hat sich gelichtet, kein Gedrängel und Auflaufen mehr. Ich denk’ an die Worte einer Südtirolerin „Das geht leicht!“ und merke: „Das geht wirklich leicht“. Und ich denke an Christoph: „Für die Kilometer ab 30 hast du trainiert“, hat er mir mit auf den Weg gegeben.

Kilometer 35: Die Füße tun jetzt schon leicht weh vom Teer. Aber Energie ist noch da. Hammer, nur noch sieben Kilometer und mir geht’s noch so gut. „Ruhig bleiben“, denke ich, du weißt ja, da kann noch viel passieren. Marathon hat dich in den vergangenen  Jahren Respekt und Demut gelehrt! Lieber noch ein bissl rausnehmen, nix riskieren. Ich rechne aus: Selbst wenn jeder Kilometer jetzt fünf Sekunden langsamer ist, schaffe ich es noch unter drei Stunden.

Kilometer 40: Hinter mir höre ich immer wieder Krampfschreie von Mitläufern. Nein – mir passiert das heute nicht. Ruhig bleiben!

Kilometer 42: Brandenburger Tor! Ich begreife es endlich. Die drei Stunden fallen JETZT. Eine Riesenfreude und Erleichterung steigt in mir auf. Unbegreiflich, verrückt!

Ziel: Es ist vorbei. Tränen fließen und gleichzeitig muss ich lachen. 2:58:05 Stunden, Waaahnsinn! Insgesamt lande ich damit auf Platz 61 von 9247 teilnehmenden Damen und auf Platz 15 in meiner Altersklasse W30. Was mir aber letztlich „wurscht“ ist. Ich hab’ endlich das rauslassen können, was ich schon lange wusste: Ich kann den Marathon unter drei Stunden schaffen.

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