„Viva Voce“ begeisterte in Pappenheim

9.10.2017, 08:16 Uhr
„Viva Voce“ begeisterte in Pappenheim

© Uwe Mühling

Die evangelische Stadtkirche liegt im halbdunkel, die fünf Mitglieder von Viva Voce schreiten von hinten, teils mit Kerzen in der Hand durch die Gänge in Richtung Altar und intonieren dabei „Os justi“. Die Motette von Anton Bruckner und der Auftritt der Sänger sorgen für eine ruhige, andächtige Stimmung und erinnern schwer an gregorianische Gesänge. Ganz fließend geht das Stück dann in das zweite Lied des Abends über: „I still haven’t found, what i’m looking vor“ – ein Popklassiker der irischen Band U2 mit Einflüssen von Gospel. Statt getragen wird es nun fast schon ausgelassen.

Bei anderen Künstlern mag dieser Spagat ein bisschen zu groß sein, bei Viva Voce ist er Programm. Es gibt keine Grenzen. Abwechslung ist Trumpf. Höchste Musikalität, Gesangskunst und gute Unterhaltung ebenso. Erfolgreiche Eigenproduktionen mit anspruchsvollen, oft bewegenden Texten haben darin ebenso ihren Platz wie Pop- und Rockhits aus den Charts, wie Gospels und Spirituals und jetzt auch wieder verstärkt geistliche Chormusik in der Tradition des Windsbacher Knabenchores. Dort haben drei Mitglieder der aus dem Ansbacher Raum kommenden A-cappella-Formation (David Lugert, Jörg Schwartzmanns und Bastian Hupfer) einst gesungen und ihr stimmliches Rüstzeug für die spätere Karriere mitbekommen.

Für ihr neues Programm (und Album) „Ein Stück des Weges“, kehrt das Quintett, dem auch Heiko Benjes und seit neuestem Matthias Hofmann (der Wahl-Passauer ist Nachfolger von „MaTe“ Phouthavong) ganz bewusst zu diesen Wurzeln zurück. Und haben dafür auch wieder mit ihrem früheren Chorleiter, dem legendären Karl-Friedrich Beringer, zusammen gearbeitet. „Diese Jungs haben so viele Möglichkeiten und so viel Qualität“, lobt Beringer und beim Auftritt in der voll besetzten Stadtkirche in Pappenheim (Veranstalter war die Kirchengemeinde) bekamen dies die über 300 Besucher eindrucksvoll zu hören.

Auch und vor allem bei Werken wie den Psalm-Vertonungen „Die Pfade des Herren“ und „Gentle Sheperd“ oder dem bereits genannten „Os Justi“ beeindruckt und fesselt Viva Voce sein Publikum. Genauso versprühen sie Spaß und Lebensfreude bei temporeichen Nummern wie dem Soulsong „Ain’t no mountain high enough“ oder dem swingenden „For once in my life“ von Stevie Wonder. Bei der Band, die ohne Instrumente auskommt, weil sie Schlagzeug (furios: Jörg Schwartzmanns Solo), Trompete und vieles mehr scheinbar mühelos durch die menschlichen Stimmen imitiert und ersetzt.

Großes Kino: „You raise me up“

Dadurch entsteht ein unverwechselbarer Sound, hinter dem freilich ganz viel Arbeit steckt. Nicht umsonst schwärmt auch Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm von „wunderbaren Harmonien und Klängen, der sauberen Intonation und zu Herzen gehenden Texten“. Viva Voce machen es möglich, dass geistliche Lieder in all ihrer Ernsthaftigkeit genauso zur Geltung kommen wie die Tiefe der eigenen, teils neuen Songs wie zum Beispiel „Schon alles?“.

Und natürlich kleiden sie die ganz großen und weltbekannten Hits in das spezielle Tongewand von Viva Voce getreu ihrem Namen, der übersetzt ganz einfach heißt: „Es lebe die Stimme“: Der eingangs erwähnte Metallica-Hit sorgt genauso für Gänsehaut-Feeling wie Leonhard Cohens „Halleluja“. Meist singen die Fünf im Altarraum, manchmal auch inmitten der Kirche. Ganz großes Kino gibt es beim Highlight des Abends, dem vielfach gecoverten „You raise me up“ (sinngemäß „Du ermutigst mich“): Tenor David Lugert beginnt fast engelsgleich auf der Orgelempore, um sich dann im Laufe des Songs mit seinen Kollegen Bastian Hupfer (ebenfalls Tenor), Jörg Schwartzmanns, Matthias Hofmann (beide Bariton) und Heiko Benjes (Bass) zum großen Finale des eingängigen Liedes wieder am Altar zu vereinen.

Nicht nur akustisch, sondern eben auch optisch ist alles bestens ins Szene gesetzt. Regisseur Guido Böhm hat daran ebenso großen Anteil wie Kos-tümdesignerin Antje Burkhardt, Arrangeur Tim Jäkel oder Benny Adler (Licht und Ton). Zusammen mit der A-cappella-Band haben sie das frühere Viva Voce-Programm „Neue Songs in alten Mauern“ aus Anlass des Reformationsjubiläums komplett überarbeitet und neu konzipiert. Damit geht es derzeit auf Tour durch Kirchen und historische Orte, um dem Publikum ganz besondere Klangerlebnisse zu bescheren. Die begeisterten Zuhörer in Pappenheim dankten es mit viel Applaus und am Ende – nach mehreren Zugaben wie einem tollen Beatles-Medley oder dem witzigen und eigens auf Pappenheim hin getrimmten Städtesong – sogar mit „Standing Ovations“.

Neben „Ein Stück des Weges“ ist Viva Voce derzeit auch mit weiteren Bühnenprogrammen auf Tour. Rund 120 Auftritte pro Jahr absolviert das Ensemble, etliche davon auch in der Region, wie etwas das Jubiläumskonzert zum 20-jährigen Bestehen am 24. Februar 2018 in der Zions-Halle in Gunzenhausen. Weitere Informationen im Internet unter www.viva-voce.de.

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