Was kosten die Flüchtlinge im Landkreis?

1.12.2015, 16:21 Uhr
Was kosten die Flüchtlinge im Landkreis?

© Michael Matejka

Bevor man zum Geld kommt, gilt es mit ein paar Hieben Licht in den Dschungel der Bürokratie zu schlagen. Denn für die Unterbringung der Flüchtlinge sind unterschiedliche Institutionen zuständig: grundsätzlich der Freistaat Bayern, in der Praxis aber vor allem die Regierungen der einzelnen bayerischen Bezirke, die ei­ne Art Lokalvertretung der Staatsregierung sind.

Vor Ort kümmert sich also vor allem die Regierung von Mittelfranken mit Sitz in Ansbach darum, wo Flüchtlinge eine Bleibe finden. In der Praxis allerdings schiebt sie einen Teil der Verantwortung nach unten weiter, auf die Landratsämter. Die haben nicht nur eine kommunale Funktion als Verwaltung Weißenburg-Gunzenhausens, sondern auch hoheitliche Aufgaben für den Freistaat zu übernehmen.

Vor Ort leben etwa 400 Flüchtlinge in sogenannten Gemeinschaftsunterkünften, die die Regierung von Mittelfranken angemietet hat. Etwa 400 Flüchtlinge befinden sich in sogenannten dezentralen Unterkünften, die der Landkreis angemietet hat. Und weitere rund 400 Asylbewerber fasst die Erstaufnahmeeinrichtung in der Pleinfelder Mackenmühle, die bezüglich der Zuständigkeit zwischen Landkreis und Freistaat schwankt.

Der Freistaat zahlt komplett

Weißenburg-Gunzenhausen selbst muss für die Unterbringung zwar eine Menge Geld bezahlen, bekommt das aber komplett vom Freistaat ersetzt. Im Landkreis wird also keine Straße unsaniert bleiben, nur weil immer mehr Flüchtlinge vor Ort untergebracht werden. In anderen deutschen Bundesländern bleiben die Kommunen auf einem Teil der Kosten sitzen, weswegen dort die Proteste lauter sind. Allerdings zahlt auch in Bayern am Ende die Allgemeinheit die Flüchtlingskrise, denn auch bei den Mitteln aus München handelt es sich um Steuergelder.

Was die Höhe der Unterbringungskosten betrifft, kursieren in der öffentlichen Gerüchteküche die unterschiedlichsten Angaben. Zuletzt war in einem Leserbrief in unserer Zeitung die Rede davon, dass der Landkreis im Durchschnitt 20 Euro pro Tag allein für die Unterbringung eines Flüchtlings zahlen müsste. Das hat Landrat Gerhard Wägemann (CSU) erbost. „Das ist eine offensichtlich falsche Aussage“, stellte er im Gespräch mit unserer Zeitung fest. Das Landratsamt erklärte die Zusammenhänge eiligst in einer Stellungnahme.

„Keine Mondpreise“

Deren Inhalt: Die Mieten, die der Landkreis für Flüchtlingsunterkünfte zahlt, würden sich am ortsüblichen Niveau orientieren. Einen gewissen Aufschlag könne es für die Möblierung von Wohnungen und die erhöhte Nutzung durch die Belegung mit Flüchtlingen geben. Am Ende liege man in einigen Fällen vielleicht 25 Prozent über der ortsüblichen Miete, so Landrat Wägemann. „Wir können ja nicht den Mietmarkt hier kaputtmachen, in­dem wir Mondpreise bezahlen“, stellte Sebastian Münch fest. Er ist beim Landratsamt der Koordinator für die Unterbringung der Flüchtlinge. „Wir haben uns das schon gut überlegt, wie wir das machen.“

Auch die Regierung von Mittelfranken stellt auf Anfrage unserer Zeitung fest, dass es in den von ihnen angemieteten Unterkünften überhaupt keine Tagessätze für die Unterbringung gibt. „Staatliche Gemeinschaftsunterkünfte werden von der Regierung ausnahmslos mit Zeitmietverträgen auf Quadratmeterbasis angemietet. Grundlage ist der ortsübliche Mietzins entsprechend Alter, Zustand, Lage und Ausstattung des Anwesens“, heißt es in einer schriftlichen Antwort.

Ausnahme: Beherbergungsverträge

Allerdings gibt es im Falle des Landkreises eine Ausnahme, die die blühende Gerüchteküche erklären könnte: die sogenannten Beherbergungsverträge. Dabei werden Flüchtlinge in Pensionen, Hotels oder Gaststätten untergebracht und dort auch verköstigt. Dementsprechend fällt das Kostgeld weg, das ihnen sonst in bar ausgezahlt wird. Auch sämtliche Ne­benkosten wie Heizung, Strom oder Hausmeister sind in diesem Pauschalbetrag enthalten. Der dürfte in den meisten Fällen sogar über den 20 Euro pro Tag und Flüchtling liegen. Zu konkreten Summen äußert sich das Landratsamt nicht, weil sie dem Geschäftsgeheimnis mit dem Vertragspartner unterliegen.

„Natürlich sind diese Unterkunftsarten die teureren“, erklärt Sebastian Münch, „aber wenn wir nichts anderes finden, dann müssen wir die nehmen.“ Die Zahl der Flüchtlinge, die in Beherbergungsbetrieben mit solchen Tagessätzen untergebracht sind beläuft sich laut Münch derzeit auf rund 180. Das sind etwa 15 Prozent der gesamten im Landkreis untergebrachten Flüchtlinge. Die restlichen rund 1 000 Menschen sind in Wohnungen untergebracht, die zu normalen Mietpreisen bezahlt werden.

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Was wird gezahlt?

Die Unterbringung der Flüchtlinge macht nur einen Teil der Kosten aus, die der Flüchtlingsstrom verursacht. Denn die Menschen müssen auch versorgt werden. Inzwischen geschieht das nahezu ausschließlich über Geldzuwendungen. Die Pauschale für einen erwachsenen, alleinstehenden Flüchtling beträgt laut Landratsamt 359 Euro pro Monat. Von diesem Betrag müssen Kleidung, Essen (216 Euro) und soziale Teilhabe bezahlt werden (143 Euro).

Den Flüchtlingen steht nicht nur ein gesetzlich verankertes Recht auf Asyl in der Bundesrepublik zu, sondern auch eine Versorgung auf dem Niveau des Existenzminimums. Der Satz für die Flüchtlinge liegt etwas unter dem regulären Hartz-IV-Satz, da sie im Regelfall in möblierten Wohnungen leben und deswegen keine Ansparungen für Neuanschaffungen eingerechnet werden.

Zuletzt ging man von Kosten von 12000 bis 13000 Euro aus, die Ländern und Kommunen an jährlichen Kosten für einen Flüchtling entstehen. Rechnet man die derzeitige Zahl von 1200 Flüchtlingen auf ein Jahr hoch, dann bekommt man ei­nen Betrag von 15 Millionen Euro. Geld, das überwiegend in der Region bleibt, und an Vermieter und Geschäfte geht. Manche Wirtschaftsexperten halten den Flüchtlingsstrom auch wegen der neuen Arbeitskräfte sogar für ein kleines Konjunkturprogramm.      –js–
 

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