Weißenburg will mehr Vielfalt in der Stadt

14.9.2018, 09:36 Uhr
Weißenburg will mehr Vielfalt in der Stadt

© Robert Renner

Die Initiative ist von Bündnis 90/Die Grünen ausgegangen. „Der Landkreis hat vor dem Hintergrund des massiven Artensterbens bei Insekten und auch heimischen Vögeln dieses Projekt gestartet“, schreibt Stadt­rat Maximilian Hetzner in seinem Antrag. Die Stadt Weißenburg verfüge „ebenfalls  über zahlreiche Flächen, die zum Gelingen des Projekts wesentlich beitragen würden“. Die Zusam­menarbeit von Landkreis und Kommunen würde die Effektivität „deutlich erhöhen und Abläufe vereinfachen. Deshalb wäre eine Beteiligung äußerst wünschenswert“, begründet Hetzner.

Dies sieht auch Doris Baumgartner vom Umweltamt am Landratsamt so, die das Vorhaben im Hauptausschuss des Stadtrats vorstellte. Ihr zufolge will der Landkreis das Projekt sowohl innerstädtisch als auch im Außenbereich umsetzen, auch Flächen in Weißenburgs sollen einbezogen werden – und zwar dauerhaft auch über den Projektzeitraum hinaus: Die Bereiche sollen nicht nur entsprechend gepflegt, sondern vor allem auch vernetzt werden, erläuterte Baumgartner.

Geeignet sind beispielsweise landwirtschaftliche Flächen, aber auch Spielplätze sowie Straßenböschungen oder Verkehrsinseln, die bisher gemulcht werden. Doch: „Mulchen bedeutet eine permanente Nährstoff­anreicherung der Flächen. Davon müssen wir weg“, erläuterte die Umweltamtsmitarbeiterin. Vielmehr müs­se „etwas für die Artenvielfalt getan werden“.

Dies macht auch das Biodiversitätsprogramm Bayern 2030 deutlich. „Der Erhalt der biologischen Vielfalt und ihrer Ökosystemdienstleistungen ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Neben dem Klimawandel ist es das wichtigste Thema der Daseinsvorsorge“, heißt es darin.

Auch in Bayern wächst die Zahl der vom Aussterben bedrohten Arten. Über 1200 der rund 40000 bewerteten Arten fallen darunter. Nach jüngs­ten Erkenntnissen sind auch die Insekten und Bestäuber hierzulande massiv vom Artenschwund betroffen. „Schätzungen gehen davon aus, dass die Biomasse der Insekten um etwa 75 Prozent zurückgegangen sein könnte“, heißt es in der Projektbeschreibung zu „Vielfalt.Erleben.Altmühlfranken“.

Auch die Zahl der Vogelbrutpaare hat in den vergangenen zwölf Jahren um 15 Prozent abgenommen. „Die Gründe für diese gravierenden und in ihren Folgen noch nicht absehbaren Verluste sind vielfältig: Flächenverbrauch und Verlust unzerteilter Lebensräume, industrialisierte Landbewirtschaftung mit Einsatz von Dünger, Pestiziden, insbesondere Neonicoti­noiden, sowie der Klimawandel“, ist in der Projektbeschreibung weiter zu lesen.

Projektsteuergruppe entsteht

In der Startphase werden nun geeignet Flächen gesammelt, weshalb die Stadt als nächsten Schritt die aus ihrer Sicht geeigneten Areale dem Landratsamt meldet. Es werden die Bestandsdaten ermittelt und eine Projektsteuergruppe wird gegründet. Dieser gehören neben dem Landkreis un­ter anderem die teilnehmenden Städte und Gemeinden sowie Fachabteilungen der Verwaltungen an.

2019 bis 2021 werden ein Handlungsleitfaden für Bauhöfe erarbeitet und das Flächenkonzept umgesetzt. Dies wird dokumentiert und kontinuierlich mit Öffentlichkeitsarbeit begleitet, erläuterte Baumgartner. Ihr zufolge soll dann eine Biodiversitätsbilanz für den Landkreis erarbeitet und das Projekt evaluiert werden. Übrigens können sich auch Privatleute beteiligen.

Als besonders wichtig erachtet die Mitarbeiterin des Umweltamts, dass die Bauhofmitarbeiter frühzeitig eingebunden werden, denn sie sollen das neue Pflegekonzept ja dauerhaft umsetzen. Auch soll der Maschinenpark der Bauhöfe mittelfristig angepasst werden. Und das Projekt dürfe auf Dauer nicht zu Mehrarbeit führen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist

die begleitende Öffentlichkeitsarbeit. „Ein Umdenkungsprozess bei den Bürgern muss in Gang gesetzt werden“, meinte Oberbürgermeister Jürgen Schröppel. Das sei aber nicht einfach, gab Baumgartner zu bedenken, denn die Meinung, wie öffentliche Flächen auszusehen hätten, gingen weit auseinander. Es habe schon Anrufe mit dem Beschwerdetenor „Seid ihr zu faul zum mähen?“ gegeben. Es müsse sich eben „das Bewusstsein ändern, dass es auf einer Fläche etwas wilder ausschauen kann“.

Auf Nachfrage von Freie-Wähler-Stadtrat Wolfgang Hauber, welche Flächen konkret in Weißenburg geeignet sind, meinte die Umweltamtsmitarbeiterin, dass die Stadt „mit ihrer Stadtmauer und dem Graben ein Pfund hat“. Sie versicherte außerdem, dass bei der Konzepterstellung keine Kosten auf die Stadt zukämen, lediglich beim Saatgutkauf müsse sich Weißenburg beteiligen.

Die Zustimmung zum Projektbeitritt im Hauptausschuss war groß, und Alexander Kohler (parteilos) brachte es auf den Punkt: „Ich kann das nur befürworten.“ Auf seine Nachfrage versicherte Doris Baumgartner auch, dass Umweltschutzverbände, Jäger, Imker, etc. in den Prozess eingebunden werden.

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