Wohnungsnot in Weißenburg trifft Flüchtlinge

22.8.2017, 14:00 Uhr
Wohnungsnot in Weißenburg trifft Flüchtlinge

© Rainer Heubeck

„Wenn ich sage, es geht um eine Familie aus Syrien, dann ist das Gespräch meistens beendet“, sagt Michael Nedler. Er arbeitet bei der Asylsozialberatung des Diakonischen Werks Weißenburg-Gunzenhausen. Sein Job ist es unter anderem, bei der Wohnungssuche zu helfen, wenn die Flüchtlinge das Asylverfahren erfolgreich überstanden haben. Und das ist kein leichtes Unterfangen, wie Nedler gegenüber unserer Zeitung offen bekennt. Viele Vermieter würden für sich ausschließen, an Asylbewerber zu vermieten, auch wenn das nur selten so kommuniziert werde.

Das ist allerdings nicht der einzige Grund, dass es viele Asylbewerber nicht leicht haben, eine Wohnung auf dem freien Markt zu finden. „Erschwerend kommt noch hinzu, dass es sich oftmals um Familien mit drei und mehr Kindern handelt“, erklärt Nedler. So große Wohnungen seien in Deutschland, wo die Zweikind-Familie als Ideal gilt, nur selten zu finden. Erst recht nicht zu den Kostensätzen, die das Sozialamt vorschreibt. Für einen anerkannten Asylanten gelten die gleichen Sätze, wie für deutsche Staatsangehörige, die in Hartz IV leben und die oft mit den gleichen Problemen wie anerkannte Asylbewerber zu kämpfen haben.

Die Kostensätze würden selbst im vergleichsweise billigen Weißenburger Land nur selten für angemessene Wohnungen reichen, beklagt Eva Hoyer, die bei dem Flüchtlingshelfernetz Weißenburg hilft aktiv ist und sich dort unter anderem um das Suchen und Finden von Wohnungen kümmert. „Es gibt nur sehr wenige freie Wohnungen, und vor allem keine bezahlbaren“, bemängelt sie. Hoyer spricht für den Landkreis von einer „akuten Wohnungsnot“.

Den Grund dafür glaubt Diakonie-Geschäftsführer Martin Ruffertshöfer zu kennen, auch im Landkreis sei – wie in Deutschland überhaupt – der Trend bei den Neubauwohnungen zu immer teureren Ausführungen gegangen. Die Diakonie versuche derzeit schnelle lokale Lösungen zu finden und alle vor Ort Beteiligten an einen Tisch zu bringen. In gemeinsamen Gesprächen solle ausgelotet werden, wie man schnell mehr Wohnungsangebote schaffen könne. Allerdings gestalte sich das im Moment noch schwierig, so Ruffertshöfer.

188 Flüchtlinge suchen noch

Betroffen sind knapp ein Drittel der mittlerweile 627 anerkannten Asylanten, die aktuell im Landkreis leben. Davon sind 188 immer noch als so­genannte Fehlbeleger in staatlich angemieteten zentralen Gemeinschaftunterkünften untergebracht wie etwa in der Nürnberger Straße in Weißenburg oder der ehemaligen Limonadenfabrik in Pappenheim oder in dezentral angemieteten Wohnungen. Das stellte das Landratsamt Weißenburg auf Anfrage unserer Zeitung fest und bemühte sich, den Zahlen auch po­sitive Seiten abzugewinnen. „Aufgrund dieser Zahlen gehen wir davon aus, dass bislang 439 anerkannte Asylbewerber eine eigene Wohnung bzw. Unterkunft im Landkreis gefunden haben.“

Problematisch ist der Verbleib als Fehlbeleger in den Gemeinschaftsunterkünften in mehrerlei Hinsicht. Für die Asylanten persönlich, die nun weiter mit anderen Asylbewerbern in den eher auf Übergang ausgelegten Unterkünften bleiben müssen. Zudem droht ihnen vom Staat Ungemach. Der hat nämlich das Recht, Asylanten, die nach sechs Monaten keine Wohnung gefunden haben, in andere Regionen Deutschlands zu schicken, wo es mehr freie Wohnungen gibt.

Freiwilligen-Initiativen erfolgreich

Was wirtschaftlich vernünftig ist, bedeutet persönlich oft eine Katastrophe. Wenn Familien, die hier Fuß gefasst haben, die Freunde gefunden ha­ben, deren Kinder hier in die Schulen gehen, gezwungen werden wegzuziehen, bedeute das für viele einen kompletten Neuanfang, stellt Diakonie-Sozialarbeiter Nedler fest. Der ärgert sich deshalb auch, dass die Regierung von Mittelfranken nun versucht, das Instrument der Verlegung in andere Regionen auch anzuwenden.

Das Landratsamt verweist darauf, dass die Kommunen für die anerkannten Flüchtlinge zuständig seien. Ihnen sei es etwa erlaubt, Wohnungen an­zumieten und sie dann an Asylanten weiterzugeben. Das Landratsamt bemühe sich derzeit darum, die Besitzer der Wohnungen im Landkreis, die vom Freistaat angemietet waren und nun frei werden, zu überzeugen, sie anerkannten Flüchtlingen zu vermieten. Das gelinge allerdings nicht in allen Fällen.

Der Landkreis setzt seine Hoffnungen unter anderem auf die Freiwilligen-Initiativen, die in der Vergangenheit sehr erfolgreich bei der Vermittlung gewesen seien. Seit Anfang 2016 hätten sie 27 Mietwohnungen für 70 anerkannte Flüchtlinge gefunden. Der Landkreis unterstütze diese private Initiativen unter anderem über die Freiwilligenagentur der Zukunftsinitiative Altmühlfranken.

Allerdings steht zu erwarten, dass in den kommenden Wochen und Monate noch einige weitere anerkannte Flüchtlinge auf den Wohnungsmarkt drängen. Aktuell haben man noch 439 Asylbewerber mit laufendem Verfahren im Landkreis leben. Grundsätzlich sei mit einer Anerkennungsquote von rund 20 Prozent zu rechnen, was weitere 87 Personen bedeuten würde, die in Bälde nach einer Wohnung suchen. Allerdings seien bereits über 300 dieser Asylbewerber in einem Klageverfahren nach einer ersten Ablehnung des Asylgesuchs. Insofern dürfte eher von einer niedrigeren Quote auszugehen sein.

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