Wummernde Bässe und Yoga: Das war Burning Beach

19.6.2016, 15:14 Uhr
Dicht gedrängt feierten und tanzten die Elektro-Fans bei Burning Beach.

© Jan Stephan Dicht gedrängt feierten und tanzten die Elektro-Fans bei Burning Beach.

Ein Elektro-Festival hat nicht son­derlich viel mit dem zu tun, was man als mittelmäßig begeisterter Musikfreund von Rock im Park oder Nennslinger Playground her kennt. Erste Regel für Elektro-Festivals: Die Musik hört niemals auf. Auf dem Burning Beach spuckt die Anlage am Freitag ab 18.00 Uhr die ersten DJ-verantworteten Beats aus und tut das dann elf Stunden am Stück. Währenddessen geht die Sonne unter, der Mond auf, der Mond unter, die Sonne auf. So lange wird getanzt. Die Musik ist überall. Es gibt kein Entkommen vor den wummernden Bässen, den Echos, den ewigen treibenden Wiederholungen.

Das ist erheblich weniger schlimm, als es sich zunächst anhört. Die Musik wird zu einer Art Umwelt, die da ist. So selbstverständlich wie der See und die Wälder da sind, so selbstverständlich scheppert es durchgehend. Das Musikhören auf dem Burning Beach ist mehr ein Musikfühlen. Der Rhythmus fährt einem in den Körper und führt dort ein Eigenleben. Irgendein Körperteil folgt dem Beat dann schon. Unter wenigstens Kopfnicken und Fußwippen ist so ein Elektro-Festival nicht zu machen. Das zu tun, ist keine Entscheidung, sondern eine körperliche Notwendigkeit. Die Musikanlage lässt einem die Bässe spürbar durch den Körper rollen. In den ersten Reihen zittern nicht nur die Hosenbeinen, wenn es basslastig wird.

Elektro auf dem "Kuhkaff"?

Die Musik ist auf einem Elektro- Festival viel grundlegender als auf einem Open Air mit Bands. Zugleich ist sie im Detail viel unwichtiger. Wer da oben auf der Bühne die Klänge aus dem Computer klickt, ist zweitrangig. Und die Musik selbst lebt auch mehr von der hypnotischen Kraft der Wie­derholung als der Virtuosität eines Künstlers. Auf dem Burning Beach herrscht so eine Art Dauerbeglücktheit im oberen Drittel der Zufriedenheitsskala.

Nie in der Nähe der ekstatischen Höhen eines überragenden Livekonzerts, aber auch weit entfernt von der Gelangweiltheit der Umbaupausen auf einem Bandfestival. Die Stimmung freut elf Stunden so vor sich hin, dann sieben Stunden Pause, und am Samstag Mittag werden die Boxen wieder angeschmissen. Neue Runde in der Dauerbeschallung. Die Besucher des Burning Beach kommen aus dem gesamten süddeutschen Raum. Stuttgart, Münchner, auch aus dem Allgäu sind sie bis nach Pleinfeld gepilgert.

Manch einem versetzt die Bekanntschaft mit der fränkischen Provinz einen kurzen Schock­moment: "Wir sind hier im allerletzten Kuhkaff gelandet", heißt es beim Anblick des Pleinfelder Bahnhofs. Ein paar Stunden später dürften diese Festivalgäste die Region aber schon mit deutlich freundlicheren Augen gesehen haben, denn – da sind sich die meisten einig – das Festivalgelände ist ziemlich sensationell. An einer kleinen Bühne tanzen die Menschen direkt am Strand, den vollmondbeschienenen See vier große Schritte entfernt. Allerlei verspielte Dekoideen sorgen zudem für Flair – von der künstlichen Blumenwiese bis hin zum gezimmerten Schiffswrack am Seeufer.

Die Bühne spuckt Feuer

Die Hauptbühne schießt dann definitiv den Vogel ab. Mal abgesehen von den einige Meter in Durchmesser fassenden hölzernen Basshörnern, die im Notfall die MS Brombachsee über den See blasen könnten, finden auf dem Bühnenaufbau auch noch rund 15 Gasbrenner Platz. Jeder ausreichend, um eine mittelgroße Sau zu grillen. In regelmäßigen Abständen spuckt die Bühne Feuer in den Allmannsdorfer Nachthimmel. In Verbindung mit der Musik, der Anlage, den Lichteffekten und den Projektionen ein ziemlich beeindruckendes Schauspiel, für das die Veranstalter ganz sicher ein paar Euro ausgegeben haben.

Das würdigen auch die Festivalbesucher, die dem Burning Beach insgesamt einen klaren Daumen nach oben geben. Der durchschnittliche Elektro-Festival-Besucher ist ohnehin ein netter Kerl mit guten Manieren. Es wird weniger Alkohol getrunken als auf den großen Livemusik-Festivals, und als Maxime gilt "Seid nett zueinander". Die Menschen feiern ordentlich, aber ohne große Ausfälle und Alkoholleichen. Das Publikum ist städtisch, eher jung, gutaussehend, mode- und gesundheitsbewusst.

Am Samstagvormittag dehnt man sich nach einer durchtanzten Nacht bei eine angeleiteten Yoga-Stunde den Körper wieder ins Gleichgewicht. 40 Teilnehmer in allerlei bunten Jogginghosen lassen sich von der Trainerin erklären, wohin sie sich renken müssen. Auf einer Düne am See steht derweil ein junger Mann und schüttelt den Kopf. Morgengymnastik auf einem Festival kommt ihm spanisch vor. Damit ist er hier in der Minderheit. Man will ordentlich feiern, aber dabei auch gut aussehen.

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