Zweieinhalb Jahre Haft: 19-Jähriger terrorisierte Jugendliche

21.1.2015, 13:52 Uhr

Was Staatsanwalt Roman Stoschek im Ansbacher Amtsgericht dem 19-Jährigen vorwarf, hatte es in sich. Die heftigste Aktion lieferte er am 22. Juli 2014, als er mit dem 19-jährigen Clemens P. eine Scheinerschießung gestaltete. Am Bushäuschen in dem Dorf zeigte er ihm seine Waffe und führte ein Magazin ein.

Dass es sich um eine Schreckschusspistole handelte, war für Clemens P. nicht erkennbar. Necip L. zwang sein Opfer auf die Knie und meinte kalt: „Ich knall’ dich jetzt ab.“ Er drückte ihm die Waffe an den Kopf und ließ Clemens P. lange zwei Minuten bangen. Erst dann fiel der erlösende Satz: „Ne Mann, steh’ auf, ich knall’ dich doch jetzt nicht ab. Das war nur Spaß.“

In den Wochen vorher hatte Necip L. Clemens P. schon mehrfach angegangen. Er schlug und trat ihn mehrfach grundlos – zum Teil benutzte er einen Schlagring. Er bedrohte ihn mit einem Messer und erpresste sich mit diesen Aktionen rund 900 Euro Bargeld sowie Schmuck und zwei Handys. Das Opfer räumte sein Konto leer, klaute den Schmuck seiner Mutter und das Handy seines Vaters. Doch Necip L. wollte immer noch mehr.

Lange Liste an Straftaten

Und er bedrohte nicht nur Clemens P., sondern auch drei Jugendliche im Alter zwischen 14 und 16 Jahre. Auch sie schlug und trat er, weil sie sich angeblich respektlos ihm gegenüber verhalten hätten – sie hatten ihm zur Begrüßung die Hand nicht gegeben. Beute machte er bei den Schülern keine. Die fünf Euro, die ihm einer anbot, schlug er aus. Mit Kleingeld befasse er sich nicht.

Es dauerte eine ganze Zeit, bis die Jugendlichen und der junge Erwachsene sich ihren Eltern anvertrauten und diese die Tyrannei bei der Polizei anzeigten. Mitte August wurde Necip L. verhaftet und saß seitdem in Untersuchungshaft – zuletzt in Nürnberg.

Die Staatsanwaltschaft erstellte eine ganze Liste mit schweren räuberischen, räuberischen und versuchten räuberischen Erpressungen sowie vorsätzlichen und gefährlichen Körperverletzungen. Hinzu kamen eine Bedrohung, Freiheitsberaubung und das Führen verbotener Waffen.

Immerhin zeigte sich der Angeklagte vor dem Jugendschöffengericht unter Vorsitz von Richter Arnold Pelka vollauf geständig – wenn die Anerkennung der Schuld auch etwas hölzern kam: „Es stimmt alles. Es tut mir auch sehr leid, aber ich kann es nicht mehr rückgängig machen.“ Seinen Opfern hat er vor Weihnachten Entschuldigungsbriefe geschrieben. Ohne Schulabschluss und ohne Perspektive habe er im Sommer vergangenen Jahres einfach in den Tag hineingelebt und viel gekifft. Dadurch habe er die Kontrolle über sich verloren und nicht mehr an die Konsequenzen gedacht. „Normalerweise bin ich nicht so. Ich weiß nicht, was mit mir los war.“

Diese Frage konnte auch Dr. Timucin Türker als Sachverständiger nicht wirklich beantworten. Der stellvertretende Chefarzt für Forensische Psychiatrie in Ansbach hatte den 19-Jährigen untersucht. Zwar stellte er fest, dass Necip L. schon seit er 15 ist regelmäßig Cannabis konsumiert, doch die Voraussetzungen für eine Abhängigkeitserkrankung seien dennoch nicht gegeben. Was er feststellte, sind erste Anzeichen einer dissozialen Persönlichkeitsstörung, die sich in einem fehlenden Schuldbewusstsein niederschlägt.

Zeugen hatten Angst

Das machte sich direkt in der Verhandlung bemerkbar. Jeweils erst nachdem ihn Richter Pelka aufforderte, sicherte Necip L. den Opfern zu, er werde ihnen nichts tun. Dabei hatten alle im Zeugenstand ausgesagt, Angst davor zu haben, wenn der Angeklagte freikommt. Der 19-Jährige benötigt noch immer psychologische Hilfe, um das Trauma der Schein­erschießung zu verarbeiten.

Der Staatsanwalt forderte eine Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung. Dann hätte Necip L. auch genug Zeit, um in der Justizvollzugsanstalt eine Ausbildung zu machen – und das in einer engmaschigen Überwachung, die in Freiheit so nicht möglich wäre. Sein Verteidiger hingegen warb für eine zweijährige Bewährungsstrafe. Er verwies nicht nur auf das Geständnis seines Mandanten, sondern auch auf die Tatsache, dass er in der Untersuchungshaft in den vergangenen fünf Monaten bereits die entsprechenden Kurse besucht hat, um seinen Hauptschulabschluss nachholen zu können.

„Er hat sich geändert. Man muss ihm eine Chance geben.“ Das Gericht wollte so weit aber nicht gehen und verurteilte den jungen Mann zu eingangs erwähnten zwei Jahren und sechs Monaten. Entscheidend dabei waren die Schwe­re der Vorfälle mit erheblichen Folgen und auch eine Vorbestrafung wegen Körperverletzung. Beide Seiten verzichteten noch im Gerichtssaal auf Rechtsmittel. Somit ist das Urteil rechtskräftig.

Keine Kommentare