Weil der Strom fehlte: Fahrgäste mussten Zug anschieben

21.2.2014, 05:51 Uhr
Weil der Strom fehlte: Fahrgäste mussten Zug anschieben

© Foto: Stadler Pankow GmbH

Das mit einem Handy aufgenommene Video ist durchaus zum Schmunzeln: Fahrgäste stehen vor einem blauen Zug, schieben ihn kräftig an, bis er sich tatsächlich in Bewegung setzt. Die Aktion hatte allerdings nichts mit einer Wette für eine große deutsche Fernsehshow zu tun, sondern war der puren Not geschuldet. Am Montagnachmittag sollte der „Meridian“-Zug von Kufstein aus Richtung München fahren. Ein Fahrgast berichtet, dass es schon kurz vor der Abfahrt zu einem Stromausfall in den Wagen gekommen ist.

Bei der Fahrt über die Grenze zwischen Österreich und Deutschland kam es offenbar zu einem weiteren Problem mit der Elektronik. Das Fahrzeug blieb stehen — ausgerechnet auf einem Streckentrenner, einem mehrere Meter langen Gleisabschnitt zwischen den beiden Ländern ohne Stromspannung.

Statt eine Diesellok herbeizurufen, um den nagelneuen elektrischen Triebwagen vom Typ „Flirt“ bis zur stromführenden Oberleitung zu schieben, bat der Lokführer die Fahrgäste, den Zug mit vereinten Kräften in Bewegung zu setzen. Ob das alle Reisenden lustig fanden, darf schon mit Blick auf die Vorgeschichte bezweifelt werden.

Der „Meridian“ wird von der Bayerischen Oberlandbahn betrieben, die wiederum zum privaten Bahnbetreiber Veolia gehört. Mit der Ablösung des früheren Betreibers DB zum 15. Dezember 2013 kam es zu einer Pannenserie. Weil ein Teil der 35 „Flirt“ des Herstellers Stadler zum Auftakt fehlte, die Fahrzeuge technische Macken hatten und das Ersatzkonzept nicht richtig funktionierte, mussten die Pendler Zugausfälle, Verspätungen und Überfüllung hinnehmen.

Frustrierte Pendler

Inzwischen hat sich die Situation zwar etwas entspannt, viele Fahrgäste sind jedoch immer noch unzufrieden mit dem in ihren Augen unzuverlässigen Angebot. Gleiches gilt aber auch für die Werdenfels-Bahn zwischen München und Garmisch-Partenkirchen, wo die Deutsche Bahn seit dem Fahrplanwechsel ebenfalls neue Züge fahren lässt.

Auch in der Region gab und gibt es Beispiele genug für derartige Debakel: Von der Mittelfrankenbahn über das Dieselnetz Oberfranken bis zur S-Bahn-Nürnberg, dem Franken-Thüringen-Express oder dem Allersberg-Express. Wenn es um die Verantwortung geht, herrschte bisher ein munteres Spiel um den schwarzen Peter. Die Bahn-Unternehmen schieben die Schuld wahlweise auf die Hersteller oder die Bayerische Eisenbahngesellschaft, die im Auftrag des Freistaats den Nahverkehr ausschreibt und bestellt.

Hier wiederum wird dann stets erklärt, dass die Mittel zwar knapp seien, bei Ausschreibungen aber nicht wie unterstellt nur auf das billigste Angebot geschaut wird. Und im bayerischen Landtag fordern jetzt alle Fraktionen mit Blick auf die jüngsten Pleiten rund um München einmal mehr den Bund auf, die Zuschüsse für den Nahverkehr zu erhöhen, weil sonst die Gefahr besteht, dass frustrierte Pendler vermehrt auf das Auto umsteigen. Kurz: Es wird wohl alles so bleiben, wie es ist.

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