Geisterhafte Farbenspiele

27.7.2010, 16:55 Uhr
Geisterhafte Farbenspiele

© Stephan

Es waren weit mehr Gäste, als es sich die Veranstalter erträumt hatten, und die Vernissage dauerte weit länger, als die Besucher befürchtet hatten. So wartete „FreiLuft“ zum Start mit Überraschungen für beide Seiten auf. Was die Länge der Vernissage anging, handelte es sich allerdings doch um eine eher böse Überraschung. Satte zwei Stunden dauerte der offizielle Teil und überschritt damit die Aufmerksamkeitsgrenze der meisten Zuschauer doch deutlich. Zumal gar nicht alle Gäste in den sogenannten Fasshallen Platz fanden. Die Menschentraube, die sich vor dem Eingang gruppiert hatte, lichtete sich allerdings bald. Denn vor der Tür war kaum zu hören, was drinnen passierte. Dort tobte man sich grußwortmäßig aus. Der Leiter des Hauses Altmühltal, Günther Schubert, Landrat und Schirmherr Franz Xaver Uhl, Pappenheims Bürgermeister Uwe Sinn und die organisierende Künstlerin Renate Gehr­cke sprachen. Letztere stellte sämt­liche 18 Künstler vor und erklärte zudem noch ausführlich die Grundkonzeption hinter der Ausstellung. Das Berliner Ensemble „Luft und Wasser“ sorgte zwischen den Redebeiträgen recht umfangreich für musi­kalische Unterhaltung. Insgesamt fiel die Vernissage so etwas langatmig aus, was dem Thema „FreiLuft“ zwar generell durchaus entsprach, so aber sicher nicht erwünscht war.

Geisterhafte Farbenspiele

© Stephan

Unabhängig davon war die Mehrheit der Besucher von der Qualität der Ausstellung begeistert und Renate Gehrcke durfte sich viel Lob anhören. Sie hatte zusammen mit ihrem Mann, dem Kunstverein Spirale, dem Pappenheimer Kunst- und Kulturverein sowie dem Haus Altmühltal die Ausstellung in monatelanger Arbeit auf die Beine gestellt. Dass jetzt zur Eröffnung gleich so viele Menschen ka­men, war nicht nur der Pappenheimer Künstlerin eine Gennugtuung. Zumal die Organisatoren vor der Vernissage noch schwere Tage durchlitten. Der andauernde Starkregen gefährdete die gesamte Ausstellung, weil es durch die Dächer der drei Liegehallen tropfte. Das bedeutete viel Arbeit für die Helfer. Noch einen Tag vor der Vernissage rückte Gehrcke samt Helfern zum „Katastropheneinsatz“ an.

„FreiLuft“ versammelt in Pappenheim die Werke von 18 Künstlern, vorwiegend aus dem süddeutschen Raum. Die haben eigens für diese Ausstellung Kunstwerke geschaffen, die sich mit der Geschichte des Gebäudekomplexes beschäftigen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand wenige Steinwürfe von der Altmühl entfernt, mit Blick auf die Pappenheimer Burg­ruine, die Lungenheilanstalt. Die betreuenden Diakonissinnen sollten Jahrzehnte bleiben. Erst 1980 änderte sich das Leben in dem Gebäudekomplex. Nicht mehr Lungenkranke, sondern Behinderte wurden hier nun betreut. Die Liegehallen mit Blick auf Pappenheim wurden da nicht mehr gebraucht, dienten bald als Abstellräume und gerieten in Vergessenheit. Zum doppelten Jubiläum 100 Jahre Lungenheilanstalt und 30 Jahre Haus Altmühltal zog mit der Ausstellung nun auch in diesen Teil des Anwesens wieder frischer Wind ein.

Luft, Wind und Atem

Und genau um den geht es zum Teil auch in den Kunstwerken. Luft, Wind, Atem und die Verbindung mit Krankheit und dem menschlichen Körper haben sich Künstler gewidmet. So soll die in den verlassenen Hallen noch greifbare Geschichte erlebbar gemacht werden. Zum Beispiel Reante Gehrcke gelingt das außerordentlich gut. Mithilfe von transparenten Stoffbahnen hat sie in einen langen, sonnendurchfluteten und staubigen Verbindungskorridor geisterhafte Gestalten gezaubert – die Schemen der früheren Patienten.

Aber auch mit dem Thema Behin­derung haben sich die Künstler auseinandergesetzt und würdigen so die aktuelle Nutzung des Hauses, nicht zuletzt durch zwei Behinderte, die selbst ausstellen. Außerdem hat die Münchner Filmemacherin Kirsten Lilli zusammen mit Bewohnern des Hauses Altmühltal einen Film gedreht. „Was macht das Leben lebenswert?“, wollte sie wissen. Die Behinderten haben dazu ihre eigene Meinung, und auch die gibt es im Rahmen der Ausstellung zu sehen.

Die Ausstellung läuft noch bis zum 29. August und hat jedes Wochenende  jeweils von 11.00 bis 17.00 Uhr geöffnet. Am Freitag, 13. August, wird um 21.30 Uhr eine Nachtführung angeboten. Spezielle Kinderführungen gibt es am 3. und 5. August, jeweils von 10.00 bis 12.00 Uhr. Auf Anfrage können auch weitere Termine angeboten werden. Info unter der Telefonnummer 0 91 43 / 13 96.