Grönemeyers Gesundheitstipps

18.11.2011, 08:07 Uhr
Grönemeyers Gesundheitstipps

© Steiner

Der ältere Bruder des populären Musikers Herbert Grönemeyer begann seinen Vortrag lyrisch mit einem Gedicht von Hans Magnus Enzensberger: „Es schmilzt und es blutet / es lacht uns im Leibe / Wir tragen es auf der Zunge / Wir schütten es aus / Wir machen ihm Luft / Wir grüßen von ihm / Wir essen es in Aspik / Ein Stein fällt uns davon herunter / Wir machen eine Mördergrube daraus / Wir haben es auf dem rechten Fleck. Guten Abend!“

Ein Anfang, der gleich zu Beginn des knapp einstündigen Referats klarmachte: Hier steht nicht nur ein arrivierter Wissenschaftler auf der Bühne, sondern auch ein begnadeter Enter­tainer, der medizinische Sachverhalte allgemeinverständlich und prägnant rüberbringen kann.Dem Inhaber des Lehrstuhls für Radiologie und Mikrotherapie an der Universität Witten/Herdecke ist es dabei ein Anliegen, den Menschen als eine Einheit von Herz und Seele zu betrachten und vor allem der Gesundheitsvorsorge einen hohen Stellenwert einzuräumen. „Du Mensch bist der wahre Arzt, wir sind nur Deine Gehilfen“, zitierte der 59-Jährige den mittelalterlichen Heiler und Mystiker Paracelsus.

Eine Erkenntnis, die Grönemeyer zufolge heute viel zu kurz kommt:  Nur rund 18 Sekunden schenken Ärzte im Durchschnitt ihren Patienten für die Anamnese. Die Folge: „50 Prozent der Patienten wissen nicht, was sie haben und was ihnen verschrieben wurde, wenn sie die Praxis verlassen.“ Ein Umstand, der dringend geändert werden müsste, findet Grönemeyer. Schließlich habe der Arzt insgesamt nur einen geringen Anteil an der Gesundheit: lediglich zehn Prozent. Den Rest erledigt der Patient selbst. Ein Beleg für diese gewagte These: „Die älteste Frau Deutschlands war in ihrem Leben nur zweimal beim Arzt.“ Immerhin ist die Dame 110 Jahre alt . . .

Nett und plakativ

Statt zu ständigen Arztbesuchen rät der charismatische Mediziner deshalb eher zur Vorsorge und zur Eigenini­tiative. Grönemeyers griffiges Motto: „Turne bis zur Urne!“ Und als Ergänzung: Viel Bewegung, gesundes Essen mit viel Obst, Gemüse, viel Wasser und wenig Alkohol sind der Schlüssel, um den 100. Geburtstag noch bei guter Gesundheit erleben zu können.

Freilich hat man solche Tipps auch schon andernorts mehrfach gehört, aber nicht so nett und plakativ verpackt. Dietrich Grönemeyer nennt den Körper zum Beispiel „ein Chassis, ein Fahrwerk“, für das man gut sorgen müsse, um möglichst lange am Leben zu bleiben. Der Radiologe, der auch kleine Filme vom offenen Herzen und Kapillargefäßen mit roten Blutkörperchen an die Wand der ehrwürdigen Karmeliterkirche wirft, hat sich seine Ehrfurcht für Gottes Schöpfung jedenfalls erhalten. Er spricht von der „Wundermaschine Mensch“. Als er das Bild von den grün gefärbten Kapillargefäßen zeigt, ruft er: „Ist das nicht wunderschön?“

Nachdem er zumindest bei einigen einen respektvollen Umgang mit dieser „Wundermaschine“ wieder in Erinnerung gerufen haben dürfte, folgen dann noch ein paar gruppendyna­mische Gesundheitsübungen, die man jeden Tag problemlos während des Zähneputzens absolvieren kann. Der ganze Saal steht plötzlich auf einem Bein und versucht mit geschlossenen Augen eine Kniebeuge hinzubringen.

Verwunderlicherweise machen alle mit. Dann folgen noch ein paar Ernährungstipps nach dem Muster „Je­den Tag einen Apfel essen, und du kannst den Arzt vergessen“, bevor Grönemeyer als Dank für seinen un­terhaltsamen Vortrag von Rita Smischek mit regionalen Produkten belohnt wird. „Der Gesundheitsbotschafter mit viel Herzblut“ sei seinem Ruf gerecht geworden, findet das Vorstandsmitglied. Ihr eingangs gege­benes Versprechen, dass es sich bei dem Professor um einen „seltenen Vertreter der sprechenden Medizin“ handle, war jedenfalls wahr. Alles in allem also ein Abend mit gutem Un­terhaltungswert, netten Gesprächen und einem Mediziner ohne Kontaktallergie, was sich besonders in der anschließenden Signierstunde zeigte.

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