Langer Weg zur modernen Klinik

19.10.2010, 12:00 Uhr
Langer Weg zur modernen Klinik

© Weißenburger Tagblatt

Die Geschichte der Krankenpflege in Weißenburg ist aber wesentlich älter und reicht über fünf Jahrhunderte zurück. Mag heutzutage sich schon kaum ­jemand über einen Krankenhausaufenthalt freuen, musste man in frü­heren Zeiten ganz offenbar eine eiserne Gesundheit mitbringen, um ei­nen Aufenthalt zu überleben. Diesen Eindruck gewinnt man zumindest, wenn man den Bericht des Stadtarztes Dr. Georg Leonhardt Roth aus dem Jahr 1806 über die Zustände im Weißenburger Armenhaus liest, das seinerzeit auch als Krankenhaus diente. „In einer Stube, wo alles was man ­ansieht, grausam ist und Ekel erweckt, wo Unreinlichkeit zur Tages-Ordnung worden ist, wo beinahe nichts als Stockluft praedormirt, und Lebensluft beynahe verloschen ist“, schilderte er der städtischen Verwaltung in drastischen Worten.

Ein paar Zeilen weiter notierte er, dass die Deckbetten und Kopfkissen  „so schlecht und elend“ waren, dass „man sie nicht schlecht genug schildern kann“. Die Verwaltung sorgte für Abhilfe, indem sie zwölf neue Betten, vier Ventilatoren sowie Kleidung für die Kranken anschaffte, kann man im Buch „Kreiskrankenhaus Weißenburg – 500 Jahre Krankenpflege“ von Gustav Mödl nachlesen, das zur Einweihung der Kreisklinik vor einem Vierteljahrhundert erschien.

Missliche Zustände beseitigen

Das geschilderte Armenhaus steht heute noch an der Seeweihermauer unmittelbar neben der Alten Turnhalle, wie auch andere Gebäude, anhand derer sich die Geschichte der Krankenversorgung in der Stadt erzählen lässt. 1331 ließ Kaiser Ludwig der Bayer im Augustinerinnenkloster, dem heutigen Ostflügel des Landratsamtes, das erste Spital einrichten. 1451 folgte die Gründung des Heilig-Geist-Spitals durch den Rat der Stadt.

Dem Hos­pitalgedanken entsprach es, nur Bedürftige aufzunehmen und unentgeltlich zu pflegen. Das Spital wurde unmittelbar neben der gleichnamigen Kirche gebaut. In weiten Teilen wurde es 1835 abgerissen und an dessen Stelle eine Mädchenrealschule errichtet. In dem Gebäude findet sich heute die Sparkassen-Hauptgeschäftsstelle.

1836 entstand das erste tatsächliche Krankenhaus in Weißenburg. Es bedurfte einigen Drängens seitens der Regierung, bis das ehemalige Siechenhaus – es ist das heutige Gebäude Industriestraße 1 – für diesen Zweck eingerichtet wurde, um die misslichen Zustände der früheren Jahre zu be­seitigen, wie sie eben auch der eingangs zitierte Stadtarzt Dr. Roth geschildert hatte.

Am 1. März 1936 wurde das Krankenhaus eröffnet, „das fünf Zimmer und eine Kammer (für Irre) umfasste“, schrieb Dr. Karl Gröschel 1964 in den Weißenburger Nachrichten anlässlich der Einweihung des großen Erwei­terungstraktes des damaligen Stadtkrankenhauses. Gröschel zufolge wurden im ersten Krankenhaus „im ersten Jahr 64, im zweiten 50, im dritten 150 Kranke behandelt, nach zehn Jahren aber auch nur 133“.

Erneut miserable Zustände

Gut zwei Jahrzehnte nach der ­Eröffnung des ersten Krankenhauses waren die Zustände aber wieder mi­serabel. Bei einer Visitation im Jahr 1859 stellte die Regierung in Ansbach „wesentliche Gebrechen“ fest: „Vier Krankenzimmer zu je vier Betten, die Betten uralt, die Bettstellen ruinös; das Erdgeschoß zwölf Fuß tiefer als die vorbeiführende Straße, keine Kellergewölbe, die unteren Räume feucht, keine Badeeinrichtung, das Wasser des Brunnens zu Trink- und Kochzwecken unbrauchbar.“ Nicht gerade gesundheitsförderne Zustände also.

Die Stadt reagierte zunächst ver­ärgert, verbesserte die Einrichtung dann aber. Und langsam aber sicher setzte sich die Einsicht durch, dass wohl nur ein Neubau Abhilfe schaffen konnte. In den 1870er-Jahren kam der damalige Bezirksarzt zu der Über­zeugung: „Das Siechhaus entspricht nicht einmal den Anforderungen eines gewöhnlichen Hauses, viel weniger denen einer Heilanstalt.“ Doch es ­dauerte, vor allem wegen der Finanzknappheit der Stadt, bis 1882 der Neubau angegangen wurde. 

Am 1. Dezember 1884 wurde zwischen der Eichstätter und der Nie­derhofener Straße, dort, wo sich heute der Stadtpark befindet, das erste als Krankenhaus konzipierte Gebäude in Weißenburg eröffnet.Schon nach wenigen Jahren genoss  es einen sehr guten Ruf. 1897 schrieb  Bezirksarzt Dr. Bald, dass es „bei einer Belegung von etwa 200 Kranken doch schon zu einer größeren Anstalt dieser Art“ gehörte. Zu seinem Ansehen trug maßgeblich Dr. Hans Doerfler bei, der für seine Verdienste mit dem Titel Hofrat und später Geheimer Sanitätsrat ausgezeichnet wurde.

Zahlreiche Anbauten

Baulich wurde das Gebäude immer wieder verändert und erweitert – 1903 beispielsweise, als drei Zimmer, eine Kammer, ein zweiter Operations- und Verbandsraum hinzukamen. 1922 verfügte das Haus nach einem erneuten Anbau schon über 50 Betten. Weitere Umbauten erfolgten 1938, 1950, 1956 und 1962. Für die Verwaltung und die Apotheke entstand 1974 noch ein letzter Trakt, bevor bereits ein Jahr später der Stadtrat beschloss, ein Haus mit 350 Betten zu bauen.
Nach vielen Wirren wurde 1981 der Grundstein für ein Haus mit 205 ­Betten an der Berliner Straße gelegt. Vier Jahre später stellte das Städtische Krankenhaus seinen Betrieb ein und die heutige Kreisklinik öffnete ihre Pforten