Mediation kann helfen

26.1.2011, 09:31 Uhr
Mediation kann helfen

„Man darf keine Wunder von der Mediation erwarten“, sagt Raily von der Recke und überlegt. Die Rettung des deutschen Justizwesens zu sein, ist ihr dann doch zu viel der Blumen. Das Licht der Mediation will sie aber auch nicht unter den Scheffel stellen. „Die Mediation ist eine gute Möglichkeit, Konflikte zu lösen. In über 70 Prozent der Fälle ist sie erfolgreich.“

Gut, das Justizwesen ist noch effizienter. Wenn es beide Seiten wirklich wissen wollen, dann fällt zu 100 Prozent eine Entscheidung. Mit der sind in der Regel aber nur 50 Prozent der Parteien zufrieden. Üblicherweise die Hälfte, die gewonnen hat.
Hier liegt der Charme der Mediation. Sind zwei Streitparteien mutig genug, sich auf die Vermittlung einzulassen, gehen sie in sieben von zehn Fällen wenn nicht als Freunde, so doch nicht als Feinde aus dem Besprechungszimmer. „Eine Lösung muss immer einvernehmlich sein“, erklärt die Weißenburgerin den eisernen Grundsatz der Mediation.

Schön und gut, nur: Wie soll das denn funktionieren? Beispiel Walting. In dem Pleinfelder Ortsteil liegen sich Bürger und Vereine in den Haaren. Grund: Ein geplanter Vereinsheimbau. Die Anwohner befürchten schlimme Lärmbelästigung, fordern enge Rahmenbedingungen. Die Vereine wollen sich nicht gängeln lassen. Eine verfahrene Situation, die zuletzt das Ansbacher Verwaltungsgericht beschäftigte (wir berichteten).

„Eine moderierte Versammlung wäre eine Möglichkeit“, sagt Raily von der Recke. „So was geht nicht mit zwei, drei Sitzungen, wenn die Situation bereits so verfahren ist. Aber es ist zu schaffen.“

Aufgabe des Mediators ist es, zu verstehen, was beide Seiten wollen. „Ich bewerte das nicht, sondern höre mir es nur an und formuliere es.“ Werden die Standpunkte der beiden Seiten von einem neutralen Mediator dargestellt, ist zumindest ein Teil der Emotionalität aus dem Spiel. Man hat eine Grundlage, mit der sich arbeiten lässt.
Damit es von hier aus erfolgreich weitergeht, braucht es einen magischen Moment. Von der Recke: „Das ist der Augenblick, wenn die Konfliktparteien feststellen: Das da drüben ist ja gar nicht mein Feind.“ Ein schweres Stück Arbeit: „Zwei Streit-hansel auf den Weg zu bringen, dass die sagen: ,Der liegt ja auch nicht völlig falsch.’ Das ist nicht immer leicht.“ Man kann sich das vorstellen.

Nicht über Gefühle streiten

Ein zweiter wichtiger Punkt ist die Einsicht, dass Gefühle bei den Streitigkeiten eine wichtige Rolle spielen. Emotionen allerdings sind nur bedingt verhandelbar: „Über Emotionen lässt sich nicht streiten. Die sind eben da“, erklärt die Weißenburger Mediatorin. Aus diesem Grund sei es vernünftiger, die emotionalen Tatsachen eines Streits anzuerkennen – und nicht von vorne herein ihre Berechtigung in Zweifel zu ziehen.

Mit diesen Einsichten wird das Feld für eine gelungene Mediation überhaupt erst bereitet. Jetzt geht es um die Suche nach einer Lösung. Die Mediatorin sucht dabei nie aktiv nach einer Lösung, sondern ist der Geburtshelfer für die Lösungen, die sich in der Verhandlung der beiden Parteien abzeichnen. „Es ist ganz wichtig, dass der Mediator allparteilich ist. Das heißt: Er wertet nicht, und es darf keine Seite den Eindruck bekommen, dass sie zu kurz kommt“, schildert die Weißenburgerin ihre diffizile Rolle.

Kommt eine Mediation zum Erfolg, ist sie immer der bessere Weg als ein Kampf vor Gericht. Denn die Lösung des Konflikts wurde dann nicht von einer höheren Autorität diktiert, sondern von den Beteiligten ausgehandelt. Damit das funktioniert, braucht es die Bereitschaft der Teilnehmer und Zeit. Vielleicht der wesentliche Unterschied zum juristischen Verfahren. Der Mediator hat die Möglichkeit, intensiv auf Situation und Parteien einzugehen.

Raily von der Recke hält viel vom Programm der Bundesjustizministerin. Dass die Mediation dadurch sofort einen gewaltigen Aufschwung erlebt, das glaubt sie aber nicht. Aus unterschiedlichen Gründen. Mediatoren und Justiz seien weit davon entfernt, eng zusammenzuarbeiten. Und die Mediation ist nach wie vor schlechter gestellt, als der Kampf ums Recht vor dem Kadi.

Sozial Schwache haben zum Beispiel ein Recht auf Prozesskostenhilfe, wenn sie ihr Heil vor Gericht suchen. Finanzielle Unterstützung für das Hinzuziehen eines Mediators gibt es hingegen nicht. Bedauerlich, findet von der Recke. Schließlich sind Mediationen für den Staat weit billiger als Prozesse. Ein wesentlich größeres Hindernis liegt aber in den Köpfen der Menschen, glaubt die Mediatorin. „Viele haben Angst, ihre Konflikte nach außen zu tragen. Die kommen nicht zu mir und sagen: Lasst uns doch mal reden.“ Schade, findet sie. Denn zu schlichten gibt es mehr als genug:  Nachbarschaftsstreitigkeiten, familiäre Probleme, Erbschaftsauseinandersetzungen oder Mobbing in Betrieben.