Weißenburg soll Scharnierfunktion übernehmen

27.8.2011, 08:59 Uhr
Weißenburg soll Scharnierfunktion übernehmen

© Maurer

Die Fusion ist Teil einer bundesweiten Umstrukturierung der Agentur für Arbeit (siehe Kasten Zum Thema). Die Verwaltungsausschüsse der jeweiligen Agenturen setzen sich aus Vertretern der Arbeitgeber- und der Arbeitneh­merseite sowie der Kommunen zusammen. Sie haben in dem Umstrukturierungsprozess der Bundesagentur nur ein Anhörungsrecht, ein Veto können sie nicht einlegen. Die Bundesagentur in Nürnberg sammelt nun die einzelnen Stimmen. Deren Verwaltungsrat wird die Bedenken in einer Sitzung am Freitag, 23. September, abwägen. Die Entscheidung fällt er dann zusammen mit dem Vorstand der Bundesagentur.

In Ansbach und Neustadt/Aisch-Bad Windsheim laufen Politik und Wirtschaft Sturm gegen die Pläne der Bundesagentur. Sie kämpfen für einen anderen Zuschnitt mit einer Agentur Westmittelfranken mit Ansbach, Neustadt und Weißenburg. In diesem Bereich gebe es ähnliche Strukturbedingungen, argumentieren sie und natürlich wollen sie unbedingt den Hauptsitz in Ansbach halten. Für eine solche Westmittelfranken-Lösung hat sich gestern auch der Verwaltungsausschuss der Ansbacher Agentur ausgesprochen (siehe angehängter Bericht).

Doch dies würde die bundesweite Strukturreform in Frage stellen, weil sich im Falle von Neuzuschnitten in Mittelfranken die Bundesagentur in Nürnberg schnell mit weiteren Forderungen aus der ganzen Republik konfrontiert sähe, gab Weißenburgs Oberbürgermeister Jürgen Schröppel im Nachgang der Verwaltungsausschuss-Sitzung zu bedenken. „Das bedeutet nicht, dass ich alles gut finde, was da vorgegeben wurde“, machte der OB deutlich. „Aber wir müssen nun von diesem Status quo ausgehen.“ Aus seiner Sicht gibt es keine Chance, dass „das Paket wieder aufgeschnürt wird“.

„Ansbach ist nicht vermittelbar“

Ausgehend von der Vorgabe, dass Stadt und Landkreis Ansbach zusammen mit dem bisherigen Agenturbezirk Weißenburg eine neue Einheit bilden sollen, sieht der Verwaltungsausschuss Weißenburg als Standort für den Hauptsitz prädestiniert. Das habe vor allen Dingen damit zu tun, dass es von Roth keinerlei Verbindungen nach Ansbach gibt. Wohl aber nach Weißenburg, wie Landratstellvertreterin Hannedore Nowotny betonte.

„Wir haben viele Schüler, die nach Weißenburg fahren und auch die Sparkasse“, nannte sie zwei Beispiele. Zudem gebe es seit Langem mit der Agentur in Weißenburg eine gute Zusammenarbeit und es seien die Strukturen bekannt. Ein Hauptsitz in Ansbach wäre „den Bürgern in Roth nicht vermittelbar“, stellte Nowotny klar. „Roth wird jede Möglichkeit mittragen, die Richtung Weißenburg geht.“

Weißenburg könne und müsse in einer fusionierten Agentur somit eine „Scharnier- und Koordinierungsfunktion“ wahrnehmen, wie es VWA-Vorsitzender Peter Lehmann (Faurecia) formulierte. Während es zwischen Roth und Ansbach „keine Verflechtungen“ gebe, sei Weißenburg eine „akzeptierte Drehscheibe“, die mit den beiden anderen Gebieten Gemeinsamkeiten habe.

Entscheidend sei aber auch, dass Weißenburg ein strukturschwacher Raum mit nur sehr wenigen hochqualifizierten Arbeitsplätzen sei, sagte Lehmann. Ein Abzug der Agentur-Führungsriege treffe die Region weit stärker als Ansbach, wo etliche Behörden, Gerichte und auch die Fachhochschule sitzen. Der VWA-Vorsitzende: „Das wäre also auch eine klare strukturfördernde Maßnahme.“ Mit dieser Argumentation folgt der Verwaltungsausschuss der Linie, die OB Jürgen Schröppel und Landtagsabgeordneter Gerhard Wägemann kürzlich im Stadtrat vorgaben.

Und es gibt noch einen dritten Punkt, der für Weißenburg spricht: Die hiesige Agentur betreut weit mehr Menschen als Ansbach (nach dem Wegfall von Neustadt/Aisch-Bad Windsheim). Das hat vor allem damit zu tun, dass der Landkreis Ansbach optiert hat. Ab 1. Januar betreut der Landkreis alleine die Hartz-IV-Empfänger. In der Stadt Ansbach gibt es hingegen auch künftig ein Jobcenter zusammen mit der Agentur. Ebenso verhält es sich in Weißenburg-Gunzenhausen. Und auch Roth hat nach längerer Diskussion die Finger von der Optierung gelassen und blieb zusammen mit der Agentur in einem Boot.

Rechnet man (aus den jüngsten vorliegenden statistischen Zahlen) die Alg-II-Empfänger aus dem Landkreis Ansbach heraus (das sind immerhin 1 323), betreut die Agentur dort noch 2 220 Menschen. In Weißenburg, Gunzenhausen und Roth sind es hingegen 3 143. Wobei es sogar noch ein paar mehr werden. Denn Kammerstein, Rednitzhembach, Rohr, Schwanstetten und Wendelstein, die bislang noch zum Agenturbezirk Schwabach bzw. Nürnberg gehören, sollen dem Bezirk Weißenburg zugeschlagen werden, um den kompletten Rother Landkreis in einem Bezirk zu haben.

Nachdruck durch Einstimmigkeit

Die Weißenburger Agenturleiterin Dr. Renata Häublein findet die Argumentation des Verwaltungsausschusses schlüssig. Zudem verleihe der einstimmige Beschluss dem Ansinnen natürlich einen gewissen Nachdruck.

Alle Seiten betonten in dem Pressegespräch nochmals, dass die betreuten Arbeitslosen von der Reform wohl wenig spüren werden. Anlaufstellen für deren Fragen und Anliegen wird es weiterhin in der Fläche geben. Agenturchefin Häublein: „An der regionalen Präsenz ändert sich nichts.“ Die Mitarbeiter in der Kundenbetreuung werden weiterhin vor Ort tätig sein. Es gehe bei der Hauptsitzfrage vor allem um die ­Teamleiter, die Leitungsmannschaft sowie die Stäbe (Psychologischer Dienst, Ärztlicher Dienst, Presse, Beauftragte für Chancengleichheit, Führungsunterstützung SGB II).


WEISSENBURG/ANSBACH – Der Verwaltungsausschuss der Agentur für Arbeit in Ansbach hat sich in seiner gestrigen Sitzung erwartungsgemäß gegen eine Abspaltung des Landkreises Neustadt/Aisch-Bad Windsheim vom Agenturbezirk Ansbach ausgesprochen. Eine Fusion mit Weißenburg im Zuge der Strukturreform begrüßt das Gremium, fordert aber den Hauptsitz für sich ein.

„Der Sitz der neuen Agentur sollte nach einhelliger Meinung der Verwaltungsausschuss-Mitglieder Ansbach sein“, heißt es in einer Pressemitteilung zu der nichtöffentlichen Verwaltungsausschuss-Sitzung. Insbesondere der zentralen Lage, der Größe der Stadt Ansbach, dem Landkreis Ansbach als größten Landkreis in Bayern und nicht zuletzt dem Sitz der Regierung von Mittelfranken würde damit Rechnung getragen.

Damit stehen nun die Ansbacher Wünsche im Widerspruch zu jenen aus Weißenburg (siehe gesonderten Bericht). In der Presseerklärung befürwortet der Ansbacher Verwaltungsausschuss die Fusion mit Weißenburg, da sie der Standortsicherung diene. Es gebe „keine Vorbehalte“, weil damit auch der Landkreis Roth, der ja weiterhin zum hiesigen Agenturbezirk  gehören soll mit im Boot sei.

Der Ansbacher Verwaltungsausschuss spricht sich aber „in erster Linie für einen Agenturbezirk Westmittelfranken“ aus und stemmt sich gegen eine Abspaltung des Geschäftsstellenbezirks Neustadt/Aisch-Bad Windsheim. Die bisher gute Zusammenarbeit sowie die wirtschaftlichen Strukturen einschließlich der Pendlerströme sprechen nach Auffassung des Gremiums klar gegen eine Abspaltung des Neustädter Raums.

Serviceeinheit gefordert

Da die Bundesagentur künftig sachbearbeitende Tätigkeiten in operativen Serviceeinheiten bündeln will, die agenturübergreifend arbeiten, fordert der Ansbacher Ausschuss „unter Hinweis auf die ausgezeichneten Mitarbeiter und Führungskräfte in der Agentur“ einen „operativen Service im neuen Agenturbezirk“.

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