Wenn Bahnübergänge zur tödlichen Gefahr werden

15.12.2017, 05:55 Uhr
Viele halten unbeschrankte Bahnübergänge für besonders gefährlich. Tatsächlich ereignen sich die meisten Unfälle aber an Übergängen mit Halbschranken, wie hier einer in Fürth-Stadeln zu sehen ist.

© Hans-Joachim Winckler Viele halten unbeschrankte Bahnübergänge für besonders gefährlich. Tatsächlich ereignen sich die meisten Unfälle aber an Übergängen mit Halbschranken, wie hier einer in Fürth-Stadeln zu sehen ist.

Der 86-Jährige ließ sich mit seinem Rollator nicht aufhalten. Die Halbschranke an dem Bahnübergang in Immenstadt im Allgäu war an diesem Tag im Mai längst geschlossen, doch der Mann lief um das Hindernis herum, wollte auf die andere Seite gelangen, bevor der Zug die Stelle passiert. Er schaffte es nicht. Der Zug erfasste den 86-Jährigen, der Mann kam ums Leben.

Ein Einzelfall? Mitnichten. Nur einen Monat zuvor bezahlte wenige Kilometer davon entfernt ein 28-jähriger Radfahrer seinen Leichtsinn mit dem Leben, als er ebenfalls eine geschlossene Halbschranke umfuhr.
Und nicht nur im Allgäu ist man so unvorsichtig. Erst in diesem September starb ein 79-Jähriger in Nordrhein-Westfalen, als er eine Halbschranke ignorierte und von einem ICE erfasst wurde.

"66 der bundesweit 140 Unfälle an Bahnübergängen im vergangenen Jahr haben sich an Bahnübergängen mit Halbschranken ereignet, die von Verkehrsteilnehmern bewusst umfahren wurden", verdeutlicht eine Bahnsprecherin.

Dabei gelten Halbschranken für viele als besonders sicher, weil Fahrzeuge nicht zwischen zwei Schranken eingeschlossen werden können. Doch manche nehmen die Halbschranken als Einladung, noch schnell über die Gleise zu huschen. "Es wird schon nichts passieren. Ich kann ja noch rechtzeitig abbremsen", denken sich viele offenbar. 66-mal lagen sie damit im vergangenen Jahr falsch.

3131 Bahnübergänge in Bayern

In Bayern hat fast die Hälfte der 3131 Bahnübergänge eine technische Sicherung. An 972 gibt es Halbschranken, an 102 Schranken über die gesamte Fahrbahnbreite, zusätzlich werden 100 Schranken von Wärtern bedient. Außerdem gibt es 73 Anrufschranken, die nur bei Bedarf geöffnet werden.

"Insgesamt ereigneten sich an Bahnübergängen mit Schranken und/oder Blinklichtern beziehungsweise Lichtzeichen bundesweit mehr als doppelt so viele Unfälle wie an den nicht technisch gesicherten Bahnübergängen", sagt die Bahnsprecherin.

Nur mit einem Andreaskreuz gesichert sind in Bayern 634 Übergänge, an 445 weiteren kündigt sich der Zug zusätzlich mit Pfeifen an, an 520 muss er neben dem Pfeifen auch noch besonders langsam fahren.

"Unkenntnis, Ungeduld und Leichtsinn"

"Die Unfälle passieren in nahezu allen Fällen durch falsches Verhalten, insbesondere Unkenntnis, Ungeduld und Leichtsinn, in Bayern genauso wie in ganz Deutschland. Die Technik an den Bahnübergängen war in den letzten fünf Jahren kein einziges Mal der Grund für eine Kollision", betont die Bahnsprecherin.

2016 gab es im Freistaat 35 Unfälle an Bahnübergängen (2014 waren es noch 52). Dabei gab es sechs Todesopfer, acht Schwerverletzte und 27 Leichtverletzte.

Viele Menschen wissen offenbar nicht mehr, wie sie sich an einem Bahnübergang richtig verhalten. Ein rot oder gelb blinkendes Licht etwa bedeutet, dass man anhalten muss. Etliche missverstehen dies aber als bloße Vorwarnung und passieren trotzdem die Gleise, zahlreiche Unfälle sind die Folge. Deshalb werden bei neuen Anlagen nur noch Ampeln installiert, die dauerhaft leuchten.

Kampagne für mehr Sicherheit

Viele glauben auch, es reiche aus, an Bahnübergängen minimal langsamer zu werden sowie einen flüchtigen Blick nach links und rechts zu werfen. Doch falls dann doch ein Zug auftaucht, kann man meist nicht mehr rechtzeitig bremsen.

Gemeinsam mit dem ADAC klärt die Bahn seit dem Jahr 2002 mit der Kampagne "Sicher drüber" über richtiges Verhalten an Bahnübergängen auf, zudem wurden dieses Jahr ein neuer Informationsfilm sowie Postkarten und Plakate zum Thema auf den Markt gebracht.

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