Wie Bayern grausame Tiertransporte stoppen will

14.3.2019, 05:47 Uhr
Wie Bayern grausame Tiertransporte stoppen will

© Hans-Jürgen Wege/dpa

Tausende Kilometer Strecke, lange Staus und brütende Hitze: Der Export vor allem von Rindern in Drittstaaten findet für die Tiere oft unter stressigen, teilweise qualvollen Bedingungen statt. So steht es auch in einem jüngst veröffentlichten Bericht des EU-Agrarausschusses. 
Dazu kommt: Sind die Tiere erst einmal im Zielland angekommen, erwarten sie teilweise noch grausamere Bedingungen: Kühe, die an einem Bein aufgehängt werden, Schlachtungen, bei denen die Tiere ohne Betäubung teils mehrere Minuten lang mit dem Tod ringen. 

Dass solch erschreckende Szenen in den Maghreb-Staaten, im Nahen Osten, der Türkei und den asiatischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion immer wieder vorkommen, hat das Fachmagazin Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle unlängst zusammengetragen.

Bayern hat die Transporte in 17 Drittstaaten im Nahen Osten, in Nordafrika und in Zentralasien nun streng reglementiert. Nur wenn die Transportplanungen mitsamt Versorgungsmöglichkeiten, Adressen und Navigationsdaten plausibel und nachprüfbar sind, sollen sie künftig noch möglich sein. In Bayern soll eine zentrale Stelle geschaffen werden, die Informationen zu Transportrouten bündelt und den Veterinärämtern einheitliche Empfehlungen gibt. Auch Haltungs- und Schlachtbedingungen sollen beobachtet werden.
"Zusammen mit dem Bund werden wir klären, ob in diese Drittstaaten überhaupt noch Tiertransporte stattfinden", sagt Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler).

Ein Fall im Landkreis Landshut sorgte für Aufregung

Auslöser war ein Fall im Landkreis Landshut, bei dem das Amtsveterinäramt ein Vorzeugnis für den Transport einer trächtigen Kuh ins 5000 Kilometer entfernte Usbekistan verweigerte. Der Landshuter Landrat Peter Dreier unterstützt die Entscheidung. Für ihn sei es Tierquälerei, wenn Rinder aus der Region mehrere Tausend Kilometer transportiert werden, um dann in Ländern geschlachtet zu werden, in denen es keinen Tierschutz gibt. 

"Durch die ministerielle Weisung erlangen unsere Amtstierärzte nun Rechtssicherheit, in welche Zielländer außerhalb der EU sie noch Vorzeugnisse für Tiertransporte ausstellen können, ohne selbst womöglich dafür strafrechtlich belangt werden zu können", betont Dreier. 

Dass das Thema nun auf einer politischen Ebene geregelt wird, sehen auch die hiesigen Landratsämter positiv: "Wir begrüßen, dass nun eine Stelle prüft, ob die tierschutzrechtlichen Standards in Drittländern eingehalten werden", heißt es von einer Sprecherin der Kreisverwaltung Weißenburg-Gunzenhausen. 23 Transporte mit insgesamt 170 Tieren wurden 2018 von dort in Drittstaaten genehmigt. 

Eben diese Genehmigungen konnten bislang für die zuständigen Veterinärärzte zum juristischen Problem werden. Denn 2015 entschied der Europäische Gerichtshof: Tierschutz endet nicht an den Außengrenzen der EU. Die Exporteure müssen demnach eine ordentliche Behandlung der Tiere bis zur Ankunft an ihrem Bestimmungsort sicherstellen. Obwohl dies in der Realität kaum umsetzbar ist, bestätigt auch das Umweltministerium: Eine Verurteilung von Amtstierärzten wegen Beihilfe zu späteren Tierschutzverstößen in Drittstaaten sei nicht völlig auszuschließen.


Bayern will Tiertransporte stoppen: "Das muss ein Ende haben"


Jürgen Schmid, Vorsitzender des Landesverband beamteter Tierärzte Bayerns, begrüßt deswegen die aktuelle Debatte: „Es ist wichtig, dass es hier eine Regelung gibt. Denn bislang wurde das nach unten verlagert, obwohl ein Veterinär gar nicht alles überwachen kann.“ Die Transporte an sich müssten zudem auf den Prüfstand gestellt werden. „Und dann muss man bereit sein, Konsequenzen daraus zu ziehen.“
Laut Landesamt für Statistik wurden im Jahr 2017 rund 6500 Rinder aus Bayern in Drittstaaten exportiert; 2018 waren es nur rund die Hälfte. Hauptabnehmer war die Türkei. 

Auch Zuchttiere werden offenbar geschlachtet

Hintergrund solcher Zuchttierexporte ist es eigentlich, im Zielland eine eigene Population von Hochleistungstieren aufzubauen. Doch was am Ende mit den Rindern passiert, kann nicht gänzlich überprüft werden. So heißt es in dem Fachmagazin des amtstierärztlichen Dienstes: „Selbst wenn Rinder zunächst zu Zuchtzwecken verwendet werden, geschieht dies oft nur zur Geburt eines einzigen Kalbes für die Milchproduktion; anschließend wird die Mutterkuh geschlachtet; das geborene Kalb wird gemästet und dann ebenfalls geschlachtet.“

Landwirt und Züchter Wolfgang Müller kennt die Diskussion um die Transporte über die EU-Grenzen hinaus. Seinen Hof hat der 59-Jährige in Rasch, einem Ortsteil der Stadt Altdorf. Auch er kauft und verkauft Tiere, hauptsächlich allerdings innerhalb der EU. Dass in anderen Ländern die Standards nicht eingehalten werden, sieht er kritisch: „Das sollte auf jeden Fall überprüft werden.“
Müller plädiert allerdings dafür, die Exporte auch weiterhin zuzulassen. „Die Länder brauchen ja auch anständige Tiere um wirtschaftlich weiterzukommen.“ Zudem sei es für die Landwirte ein wichtiger Absatzmarkt. 

Ähnlich sieht es der Bayerische Bauernverband in Mittelfranken: "Tierschutz muss für Zuchttiere wie auch für Schlachttiere gelten und zwar gleichermaßen in Bayern, Deutschland und anderen Ländern. Wir erwarten deshalb, dass auch bei Tiertransporten diese hohen Standards fortgeführt werden", sagt der Geschäftsführer des Bezirksverbandes Mittelfranken, Ottmar Braun. 

Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber kündigte unterdessen einen Antrag Bayerns zum Tierschutz bei Tiertransporten für die Agrarministerkonferenz im April in Landau in der Pfalz an. Dadurch soll eine bundesweite Lösung erreicht werden. Bislang gibt es außer in Bayern auch schon in Schleswig-Holstein und Hessen einen Stopp für Lebendtiertransporte in bestimmte Drittstaaten.
 

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