Wie die Gewerkschaft verkaufsoffene Sonntage verhindern will

21.4.2018, 06:00 Uhr
Wie die Gewerkschaft verkaufsoffene Sonntage verhindern will

© Edgar Pfrogner

In den Rathäusern der Region wächst die Unsicherheit. Würde die eigene Sonntagsverkaufsverordnung, die der Gemeinde- oder Stadtrat verabschiedet hat, anders als die Ansbacher Bestand haben? Auch im Falle einer Dienstaufsichtsbeschwerde? Oder bei einer von der "Allianz für den freien Sonntag" initiierten Klage?

In Fürth hat Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) offenbar Zweifel. "Wir wissen, dass wir nicht auf sicherem Fundament stehen." Vier Verkaufssonntage mit offenen Geschäften im ganzen Stadtgebiet gibt es pro Jahr, zwei während der Michaelis-Kirchweih, einen zum Fürth Festival, einen zum Frühlingsmarkt. Ebenfalls die Maximalzahl schöpften zuletzt zum Beispiel Schwabach und Weißenburg aus, in Erlangen gab es drei Sonntagsöffnungen, in Bamberg eine.

Nürnberg reagiert auf Urteile

Einer der kritischen Punkte in Fürth ist, dass – anders als vorgeschrieben – nicht nur Geschäfte im Zentrum, also in unmittelbarer Nähe zur anlassgebenden Veranstaltung, an den fraglichen Tagen öffnen dürfen, sondern auch diejenigen am Stadtrand.

In Nürnberg hat man diesbezüglich bereits auf die Rechtsprechung von Bundesverwaltungsgericht und Bayerischem Verwaltungsgerichtshofs reagiert. "Insbesondere ist eine stadtweite Öffnung der Geschäftslokale an einem Verkaufssonntag nicht mehr möglich", heißt es daher vonseiten des zuständigen Ordnungsamtes.

Daher stehen dieses Jahr zwei eigenständige Termine zur Verfügung, einer für die Nürnberger Südstadt im Mai, einer für die Altstadt im September. Öffnen dürfen dann je nur Geschäfte in einem genau definierten Gebiet, mit Nähe zu Mai- beziehungsweise Altstadtfest.

In Pegnitz streiten der Stadtrat und die Gewerkschaft derweil darüber, ob die eben neu erlassene Sonntagsöffnungs-Verordnung den Vorgaben entspricht. Verdi bezweifelt das in mehrerlei Hinsicht. So sah die Gewerkschaft zum Beispiel zunächst keinen Nachweis dafür erbracht, dass die Besucher an den verkaufsoffenen Markttagen vor allem wegen der Märkte nach Pegnitz kommen – und eben nicht wegen der geöffneten Geschäfte. Diese Einschätzung, die im Ansbacher Fall zur Absage des eigentlich einen Markt begleitenden verkaufsoffenen Sonntags führte, wollte die Stadt Pegnitz entkräften. Die Verwaltung befragte daher Besucher des Lichtmessmarktes. Das Ergebnis: Knapp 90 Prozent der 172 Befragten kreuzten an, in erster Linie wegen des Marktes nach Pegnitz zu kommen.

An dem Kriterium des Anlassbezugs will die "Allianz für den freien Sonntag" auf jeden Fall festhalten und beruft sich auf die Rechtsprechung, wie DGB-Chef Stephan Doll sagt: "Die Durchführung von Sonntagsöffnungen von Anlässen freizustellen, steht im Widerspruch zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2009."

"Maßlos übertrieben"

Fürths OB Jung überzeugt das nicht recht und fordert, dass Städten und Gemeinden freigestellt wird, wann und wo im gesamten Stadtgebiet Läden an vier Sonntagen öffnen dürfen. Mit dieser Position steht er nicht allein. Ähnlich sehen es die Industrie- und Handelskammer, und auch Klaus Stieringer, der Vorsitzende des Berufsverbands City- und Stadtmarketing Bayern und zugleich Geschäftsführer von Stadtmarketing Bamberg. "Die Sonntagsöffnung ist das schärfste Schwert im Kampf der Kolleginnen und Kollegen um Umsätze in den Zentren", begründet Stieringer.

Uneindeutig fällt eine nicht repräsentative Online-Umfrage aus, bei der die Fürther Nachrichten ihre Leser befragten. 42 Prozent (342 der 811 Teilnehmer) sagen: "Nein, Sonntage sollten, auch im Interesse der Beschäftigten, arbeits- und einkaufsfrei sein." Das ist die Position der "Allianz für den freien Sonntag". 16 Prozent plädieren für weniger verkaufsoffene Sonntage. 41 Prozent wünschen sich, dass alles bleibt wie bisher.

Das tut auch OB Jung, der die Haltung der Gewerkschaft in dieser Frage als "maßlos übertrieben" kritisiert. Gleichwohl signalisiert er Gesprächsbereitschaft. "Wir müssen sehen, wo wir Angebote für Änderungen machen können."

Und die Rechtsaufsichtsbehörden? Im Falle der Regierung von Mittelfranken weist diese darauf hin, dass zunächst einmal die Kommunen für die Rechtmäßigkeit ihrer Verordnungen verantwortlich sind. Schließlich, so Sprecherin Karin Christ, "kennen die Städte ihre örtlichen Gegebenheiten am besten". Überprüft werde daher nur "anlassbezogen". Doch: Man gehe davon aus, dass die Kommunen ihre Verordnungen "kritisch überprüfen werden".

DGB-Chef Doll reicht das nicht. "Die Aufsichtsbehörden dürfen nicht länger wegschauen." Sie müssten "aktiv werden gegen Kommunen, die sich schlicht weigern, geltendes Recht anzuwenden".

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