Winterchaos in Bayern: Söder besucht stark verschneite Regionen

11.1.2019, 18:34 Uhr
Kräfte der Bundeswehr räumen den Schnee vom Dach der Watzmann-Therme in Berchtesgaden.

© Lino Mirgeler Kräfte der Bundeswehr räumen den Schnee vom Dach der Watzmann-Therme in Berchtesgaden.

Die Menschen laufen durch tiefe weiße Gräben, wenn sie aus ihren Häusern wollen. Mannshoch türmt sich der Schnee. Autos sind darunter verschwunden, Mauern kaum zu ahnen. Selbst die kleine Kirche sieht unwirklich aus unter so viel blütenweißem Schnee. Stundenlang haben die Bewohner im Berchtesgadener Ortsteil Buchenhöhe in den vergangenen Tagen mit ihren Schaufeln gekämpft, um den Zugang zu ihren Häusern offen zu halten. Seit einer Woche sind die etwa 300 Bewohner von der Außenwelt abgeschnitten. Schneebruch bedroht die Straße, die hinaufführt auf rund 1000 Meter Höhe. Die meisten nehmen die Sperre gelassen. "Wir haben vorige Woche das Problem schon kommen sehen und überdimensional eingekauft", sagt Helmut Hildebrandt. Der 65-Jährige wohnt seit Jahrzehnten hier, in den 1990er Jahren habe er einmal sogar noch mehr Schnee erlebt.


Nichts geht mehr: Bayern kämpft gegen Schneemassen


Doch trotz der Gelassenheit der Anwohner droht die Lage auch zunehmend gefährlich zu werden: Denn die Last des Schnee gefährdet neben Bäumen auch die Dächer und das gleich in mehreren Regionen Bayerns. 2006 starben im Januar in Bad Reichenhall, nur 20 Kilometer von Berchtesgaden, 15 Menschen durch ein unter den Schneemassen zusammenkrachendes Dach. 

Mehr als 450 Dächer müssen von Schnee befreit werden

Um so etwas zu verhindern sind allein in Berchtesgaden bereits 800 Helfer von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk (THW) und sogar von Bundeswehr im Einsatz, um die Dächer von den Schneelasten zu befreien. Mehr als 450 Dächer müssen den Behörden zufolge im Katastrophengebiet geräumt werden, rund 100 sind geschafft. Ein Dach dauere im Schnitt vier Stunden, sagt der örtliche Einsatzleiter Süd Anton Brandner.

Rund 170 bis 250 Kilogramm pro Quadratmeter lägen auf den Dächern, sagt der Sprecher des Landratsamtes, Andreas Bratzdrum. Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp (CSU) spricht sogar von 450 Kilogramm im Extremfall oberhalb der Stadt, wo er wohnt. Das Problem sei nicht die Schneemenge. "Wir haben immer viel Schnee." Doch es sei sehr viel in kurzer Zeit gekommen, und der Schnee sei nass und schwer.

Söder will stark eingeschneite Region besuchen 

Nach Angaben der Bundeswehr sind 350 Soldaten in Bayern im Einsatz. Sie helfen nicht nur beim Befreien der Dächer, sondern versorgen auch die Bewohner in den schwer zugänglichen Orten oder transportieren Helfer mit gepanzerten Kettenfahrzeugen. 300 weitere Kräfte seien zudem in Bereitschaft versetzt worden. Die Bundesregierung erklärte, die Zahl der Soldaten sowie des Technischen Hilfswerk (THW) oder Bundespolizei könne notfalls sogar aufgestockt werden. 


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In Oberbayern verunglückte am Freitag ein Fahrer eines Schneeräumfahrzeugs, als er die Bundesstraße 307 in Lenggries räumte. Das Fahrzeug des 48-Jährigen kippte auf einer Brücke um und stürzte in einen Wasserzulauf der Isar. Laut Polizei konnten die Einsatzkräfte den Wagen nur mit Hilfe eines Krans bergen. Der Fahrer wurde ins Krankenhaus gebracht, erlag dort aber seinen schweren Verletzungen.

Ministerpräsident Markus Söder will am Samstag eine der stark verschneiten Regionen besuchen. Er werde an einer Lagebesprechung der Einsatzkräfte im Landratsamt von Bad Tölz-Wolfratshausen teilnehmen, teilte die Staatskanzlei am Freitag in München mit. Begleitet wird 
Söder in Bad Tölz vom bayerischen Verkehrsminister Hans Reichhart (CSU). Beide wollen sich in der Region über die Rettungseinsätze und Arbeit der Hilfsorganisationen informieren. Für die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach, Traunstein, Garmisch-Partenkirchen und Teile des Berchtesgadener Lands gilt der Katastrophenfall. 

In Österreich nutzten die Einsatzkräfte eine kurze Schneepause, um Lawinen von den Hängen zu sprengen. Einige Straßen konnten dort wieder eröffnet werden. In der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck rückt dagegen die Lawinengefahr an der Nordkette immer weiter in den Fokus. In den kritischen Gebieten liegen durch Schneefälle und Verwehungen 4 bis 6,5 Meter Neuschnee, teilte das Land mit. Größere Lawinen seien bisher nicht abgegangen, größere Sprengungen aber auch nicht möglich.