Zen-Stimmung auf Frankens Höhen

9.5.2011, 07:40 Uhr
Zen-Stimmung auf Frankens Höhen

© Heinzelmann

„Wir haben Kirschen, ihr habt Japaner. Wir sollten uns zusammentun.“ Mit dieser Aufforderung wandten sich vor ein paar Jahren Aktivisten aus dem Dorf Oberrüsselbach an den Erlanger Mineralogie-Professor Matthias Göbbels. Der war damals Vorsitzender der Nordbayerisch-Japanischen Gesellschaft und nahm die Kooperation auf. Seitdem gibt es auf den Höhen über Eckental ein fränkisch-japanisches Kirschblütenfest. Gestern wurde die Ausgabe 2011 gefeiert. Rund 800 Leute kamen zwischen 13 und 18 Uhr in einen offenen Kirschenhain. Das sind viele. Denn die Veranstaltung ist ein absoluter Geheimtipp.

Die Kirschen hatten es in diesem Jahr allerdings zu eilig. Von Blüten keine Spur mehr, die Früchte runden sich schon grün. Einige Blütenzweige in einem Eimer wirkten wie ein Zitat. Aber der Maihimmel lag mild über der Szenerie. Menschen lagerten auf den Wiesen. Auch sie hatten Picknickkörbe dabei, oder sie bedienten sich an den aufgeschlagenen Ständen.

Es gab japanische Nudeln oder eine Bento-Box, die Matthias Göbbels selbst mit gebratenem Lachs und Klebereis gefüllt hatte. Als Alternative selbstverständlich Fränkisches: Saure Zipfel, Schmalz- und Bärlauchbrote und ein großes Kuchenbüffet aus den Backöfen der Oberrüsselbacher Frauen.

Im Gegensatz zu den meisten japanischen Festen gab es auch ein kleines Kulturprogramm. Der Mundartdichter Fitzgerald Kusz las seine fränkischen Haikus und veranstaltete mit einer Spontan-Band um Klaus Brandl eine veritable Blues-Session. Japanische Studentinnen, die an der Universität Erlangen Deutsch als Fremdsprache belegen, tanzten zu in Japan populären Pop-Klängen. Die heimischen Erbsenbodenmusikanten hielten mit quietschendem Zwiefachen dagegen. Und der Australier Jim Franklin aus Lauf ließ spirituelle Klänge von der japanischen Bambusflöte in die Abendluft steigen.

Irgendwie scheint sich das Oberrüsselbacher Kirschblütenfest rasch in der Kunstszene Frankens herumgesprochen zu haben. Man sah Künstler und Galeristen. Rainer Zitta ließ Teebeutel durch eine Torwand werfen. Harri Schemm stapfte in einem skurrilen Godzilla-Kostüm gegen die Gefahren der Kernenergie an. Trödel und Ninja-Stirnbänder wurden für einen Solidaritäts-Fond der japanischen Katastrophenopfer verkauft.

Alles war sehr entspannt, sehr gelassen, sehr angenehm, überzogen von einem Hauch von Improvisation. Auf den Höhen Frankens schien sich beinahe Zen-Stimmung auszubreiten. Derbe einheimische Schädel vertrugen sich prächtig mit den markanten Wangenknochen aus Nippon.

Dieses Fest hat das Zeug zu einer Kultveranstaltung. Aber das wollen die Veranstalter auf keinen Fall. „Es soll bescheiden bleiben und durchaus den Charakter eines Dorffestes bewahren“, sagte Initiator Ludwig Frambach.

Also im nächsten Jahr: Hinfahren! Und dann ganz schnell wieder vergessen!

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