Zwist in Kalchreuth: Entstehen hier Schwarzbauten?

15.11.2017, 05:48 Uhr
Obwohl der Bebauungsplan außer Vollzug gesetzt wurde, wächst das Kalchreuther Baugebiet Heckacker-Süd täglich weiter. 29 Bauherrn haben schon mit den Arbeiten begonnen

© Horst M. Auer Obwohl der Bebauungsplan außer Vollzug gesetzt wurde, wächst das Kalchreuther Baugebiet Heckacker-Süd täglich weiter. 29 Bauherrn haben schon mit den Arbeiten begonnen

Weil Kalchreuth zunehmend überaltert und das Weiterbestehen der Grundschule bedroht ist, hat die Gemeinde im November 2015 den Bebauungsplan für ein "harmonisches, schönes kleines Baugebiet", wie Kämmerin Beate Tichatschek-Kult es nennt, beschlossen.

Heckacker-Süd heißt dieses Baugebiet, das einmal 40 Häuser umfassen soll. Harmonisch geht es dort aber beileibe nicht zu. "Der Bürgermeister von Kalchreuth, Herbert Saft, und seine Verwaltung haben in mehreren Fällen die Errichtung von Schwarzbauten gefördert", meint die Würzburger Rechtsanwaltskanzlei Baumann gar.

Sie vertritt einen Anwohner, für den sie beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eine Normenkontrollklage eingelegt und die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans beantragt hat. Dem hat der Verwaltungsgerichtshof in München am 8. September stattgegeben und den Bebauungsplan auch wirklich bis zur Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug gesetzt.

Klar ist dadurch aber noch lange nichts. "Wir sind der Ansicht, dass dies einen Baustopp für alle Bauherren bedeutet", meint Thomas Jäger von der Kanzlei Baumann. Doch in Kalchreuth wird trotzdem munter weitergebaut. Mit Gutheißen der Gemeinde und des Landratsamtes.

Dennn die Anwälte haben beim Landratsamt Erlangen-Höchstadt einen Antrag auf bauaufsichtliches Einschreiten gegen die Bauherren gestellt. Das Landratsamt lehnte dies ab. "Wir verhängen aktuell keinen Baustopp gegen die Bauherren, die gerade bauen. Aus unserer Sicht sind die Rechte der Nachbarn, beispielsweise was den Lärmschutz betrifft, nicht beeinträchtigt", teilt Landkreissprecherin Hannah Reuter mit.

Ein von der Gemeinde inzwischen eingeholtes Lärmgutachten unterstütze diese Position. Demnach wird es durch die abschirmende Wirkung der neuen Bebauung durch die Versetzung des Ortsschildes sogar um ein Dezibel leiser.

Anwälte zweifeln Lärmgutachten an

Die Kläger-Anwälte zweifeln dieses Gutachten allerdings an und haben ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben. "Wegen der Baustelle wurden bei der Zählung nur 2100 Fahrzeuge gezählt, bei früheren Erhebungen waren es immer mindestens 3000", betont Anwalt Thomas Jäger.

"Aus unserer Sicht müssen die Bauherren derzeit nicht um die schon errichteten Bauten fürchten", heißt es aus dem Landratsamt. Wer noch nicht zu bauen angefangen hat, kann durch die Außervollzugsetzung des Bebauungsplans aber nicht mehr einfach mit dem Bagger anrollen. Solche Bauherren müssen nun eigens eine Baugenehmigung einholen. Darüber haben die Gemeinde und das Landratsamt die Betroffenen informiert. "Allerdings kann derzeit die Genehmigungsfähigkeit nicht abgeschätzt werden", räumt das Landratsamt gar ein.

Die Kanzlei Baumann stört sich zudem an Problemen bei der Entwässerung und daran, dass der Bebauungsplan dem Regionalplan entgegensteht, da es hier um ein landschaftliches Vorbehaltsgebiet geht. Der Planungsverband hat sich allerdings schon im April 2015 mit den Baumaßnahmen einverstanden erklärt hat, "sofern die geplanten Eingrünungsmaßnahmen Beachtung finden".

Der Verwaltungsgerichtshof selbst äußerst sich reichlich nebulös zu der Angelegenheit. "Ob gebaut werden darf oder nicht, darüber hat der Verwaltungsgerichtshof nicht entschieden. Es ist offen, ob gebaut werden darf", sagt eine Sprecherin und ergänzt: "Streitgegenstand ist bei uns nur der Bebauungsplan. Die Frage, ob hier Baurecht herrscht, ist bei uns nicht anhängig."

Die Kläger-Anwälte verwundert diese Aussage nicht. "Der Verwaltungsgerichtshof entscheidet ja auch nicht über einzelne Bauvorhaben. Er hat aber den Bebauungsplan außer Vollzug gesetzt. Damit hat unser Mandat Recht bekommen. Das Recht durchsetzen muss allerdings das Landratsamt als Bauaufsichtsbehörde. Dieses ist aber untätig, spielt auf Zeit und greift auch nicht durch, wenn Bauherren auch nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshof noch anfangen zu bauen", meint Anwalt Thomas Jäger.

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