500 Kilometer? Können uns nichts anhaben!

5.9.2012, 10:00 Uhr
500 Kilometer? Können uns nichts anhaben!

© Ralph Meidl

Die besten Freundschaften schließt man oft dort, wo man sie am wenigsten erwartet. Lisa und ich haben uns im Matheunterricht kennengelernt — an einer amerikanischen Highschool mitten in Colorado. Wir gehörten zu einem unterforderten Grüppchen von Austauschschülern, die das meiste schon längst gelernt hatten und sich deshalb lieber mit Tetris als mit Tangenten beschäftigten.

Ich hatte Lisa am Anfang nicht einmal bemerkt. Erst als unsere Lehrerin die zwei „German Girls“ zusammensetzte, kamen wir ins Gespräch – und sind seitdem die dicksten Freundinnen! Während unseres Austauschjahres verging kaum ein Tag, an dem wir uns nicht trafen. Shoppen, mit Freunden abhängen, Basketballspiele ansehen – wir erlebten alles zusammen.

Doch dann ging das Austauschjahr zu Ende. Auf unserer gemeinsamen Abschiedsparty wurde uns zum ersten Mal klar, dass wir uns nicht nur von unseren amerikanischen Freunden verabschieden mussten. Lisa wohnt in der Nähe von Hamburg, knapp 500 Kilometer Luftlinie von mir entfernt. Im Vergleich zu den 4000 Kilometern, die zwischen uns und unseren Freunden in Colorado liegen, ist das zwar so gut wie nichts. Aber mal eben vorbeischauen geht leider auch nicht mehr.

Ob wir uns deswegen aus den Augen verloren haben? Ganz und gar nicht! Nie waren Facebook, Handy und Co. nützlicher als für die Kommunikation mit meiner Freundin im Norden. Lisa wohnt in dem Teil Deutschlands, in dem einen sogar die Geldautomaten mit „Moin, Moin“ begrüßen. Auch wenn Ausbildung und Abistress manchmal für Flaute an der Gesprächsfront sorgten, hat sich fast nichts an unserer Freundschaft geändert.

Ein Skiurlaub als Medizin für die Freundschaft

Einen Vorteil hat die Entfernung: Man genießt es umso mehr, den anderen wiederzusehen. Wenn Lisa und ich aufeinandertreffen, freuen wir uns wie zwei reich beschenkte Kinder an Weihnachten. Egal, ob in Nürnberg oder Hamburg: Wenn wir uns besuchen, ist es fast so, als wären wir nie getrennt gewesen.

Es ist oft gar nicht so leicht, sich gut mit jemandem zu unterhalten, den man lange nicht gesehen hat. Man hat schon lange nichts mehr miteinander erlebt, und irgendwann hat man’s satt, die alten Geschichten aufzuwärmen. Oder man ist genervt, weil der andere nur von Dingen oder Leuten erzählt, die man gar nicht kennt. Daran ist schon manche Fern-Freundschaft zerbrochen.

Die beste Medizin dagegen sind neue gemeinsame Erlebnisse. In den Osterferien sind Lisa und ich zusammen in den Skiurlaub gefahren – und kamen nicht nur mit witzigen Fotos und einem Sonnenbrillen-Abdruck im Gesicht, sondern mit jeder Menge neuem Gesprächsstoff zurück.

Was Lisa und mich angeht, ist es mit der Fern-Freundschaft jedoch bald vorbei. Ich packe nämlich meine Koffer und ziehe zum Studieren in den Norden. Wenn Lisa ihre Ausbildung abgeschlossen hat, können wir dann sogar in derselben Stadt wohnen! Dann wäre alles wie früher, nur dass wir die amerikanische Kleinstadt in den Bergen gegen eine norddeutsche Stadt am Meer tauschen. Aber egal, ob Rocky Mountains oder Kieler Förde – Hauptsache, wir müssen dann nicht mehr über einen Bildschirm miteinander reden.


Habt ihr Ähnliches erlebt oder wollt eure Freundschaftsstory mit uns teilen? Dann hinterlasst uns hier unter dem Artikel einen Kommentar!

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