Auf der Suche nach Frau X und Herrn Y Mitmachen

20.6.2015, 10:00 Uhr
Auf der Suche nach Frau X und Herrn Y Mitmachen

© Fotos: Lenk

„Anzeige!“ schallt es durch den Wald. Ein Hund bellt laut. „Fein, Kliff!“, ruft Theresa und macht sich eilig auf den Weg zu ihrem schwarz-weißen Bordercollie. Kliff steht einige Meter entfernt laut bellend vor Anja, die mit schmerzverzerrtem Gesicht auf einem Haufen regenfeuchter Blätter kauert.

„Hallo? Können Sie mich hören?“, erkundigt sich Theresa, nachdem sie Flächensuchhund Kliff am nächsten Baum festgebunden hat. Anja: „Mein Knie tut so weh, ich kann nicht aufstehen!“ Nach kurzer Untersuchung greift Theresa zum Handy und alarmiert die Einsatzleitung. Genau nach Lehrplan meldet sie an Sama Jura 1, dass eine verletzte Person gefunden wurde, fordert Rettungsdienst, Notarzt und Bergwacht zur Bergung an und gibt ihren Standort durch.

Proben für den Ernstfall

„Verstanden. Sind unterwegs“, erhält sie als Antwort. Die kommt jedoch nicht aus Theresas Handy, sondern von Kollegin Birgit, die die Szene aus der Nähe beobachtet. Denn die Rettungshundestaffel vom ASB Jura übt an diesem verregneten Sonntagvormittag in einem Waldstück bei Velden den Ernstfall: das Suchen vermisster Personen.

Auf der Suche nach Frau X und Herrn Y Mitmachen

Mit Anjas Knie ist in Wirklichkeit alles bestens, und sie ist längst dabei, sich bei ihrem „Retter“ Kliff mit kleingeschnittenen Wurststückchen zu bedanken. „Die Belohnung muss vom Opfer kommen“, erklärt Staffelleiterin Patricia Held. „Denn so entsteht die Opferbindung. Sie bewirkt, dass der Hund so lange bei der gefundenen Person bleibt, bis sein Hundeführer eintrifft.“

Neben einer guten Riechfähigkeit und ausgeprägtem Spiel- oder Fresstrieb ist freundliches und aufgeschlossenes Verhalten gegenüber Menschen die Grundvoraussetzung für einen Rettungshund. Dass ein Bordercollie diese Eigenschaften besitzt, beweist Kliff an diesem Vormittag mehrmals.

Auf Theresas Kommando „Such voran!“ prescht er vorwärts durchs Unterholz, um eine weitere versteckte Person aufzuspüren. „Eine echte Rampensau!“, kommentiert Theresas Staffelkollege Michi. „Bestimmte Hunderassen wie Doggen oder Chihuahuas sind aufgrund ihres Körperbaus oder ihrer Lebenserwartung als Rettungshunde weniger geeignet. Aber auch vermeintliche Lachnummern konnten uns bereits überraschen und überzeugen!“, erzählt Theresa nach getaner Arbeit.

Dieser widmet die Industriekauffrau seit mehr als sieben Jahren ehrenamtlich einen großen Teil ihrer Freizeit: An einem Tag pro Wochenende wird trainiert. Dazu kommen die jährliche Auffrischung des Sanitätshelfer-Lehrgangs sowie die regelmäßige Wiederholung der Rettungshundeprüfung alle 18 Monate, gelegentliche Theorie- und Gehorsamseinheiten während der Woche sowie rund 30 Einsätze pro Jahr.

Über diese werden die Staffelmitglieder von der Leitstelle Nürnberg per SMS informiert – alle außer Theresa. „Ich werde bei einer Nachalarmierung angerufen. Das SMS-Signal überhöre ich im Schlaf“, gesteht sie grinsend. Im Einsatz werden zuerst bekannte Aufenthaltsorte der vermissten Person von Feuerwehr und Polizei abgefahren oder per Hubschrauber abgesucht.

Nachts im Wald

Oft ist die Suche erfolgreich, und Theresa und ihre Kollegen können wieder unter die warme Bettdecke kriechen. Kommt die Staffel zum Einsatz, heißt es: Suchteams bilden (jeweils ein Hund, ein Hundeführer und eine Helferperson), Suchgebiet einteilen – und los! Doch wie findet man sich nachts in einem unbekannten Waldstück zurecht?

Auf der Suche nach Frau X und Herrn Y Mitmachen

© Fotos: Lenk

„Ganz altmodisch mit Karte und Kompass – das ist Teil der Ausbildung“, sagt Theresa. „Viele nutzen außerdem ein GPS-Gerät oder entsprechende Smartphone-Apps.“ Auch bei der Sicherheit wird immer zuerst auf die Helfer geachtet. Als bei einem Einsatz der Verdacht bestand, die gesuchte Person führe ein Messer mit, bekam Theresa Polizeischutz. „Das war unheimlich!“

Bei Straftätern oder bewaffneten Personen kommt die Hundestaffel aber normalerweise nicht zum Einsatz. Am häufigsten wird nach älteren Personen gesucht, die etwa nach einem Spaziergang nicht mehr zu Hause angekommen sind. So auch eine Dame, die Theresa und Kliff in einer versteckten Ecke einer Gärtnerei gefunden haben. „Sie wurde seit zwei Tagen vermisst und war stark unterkühlt. Ohne Hilfe hätte sie den nächsten Tag wohl nicht mehr erlebt.“

Solche Momente entlohnen für das zeitintensive Training, findet Theresa. „Anderen Menschen zu helfen, sich im Team auszutauschen und sich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen“, das mache die Arbeit in der Hundestaffel so spannend.

Auch kuriose Erlebnisse bleiben nicht aus: „Ein netter Passant gab uns bei einem Einsatz Tipps, von wo aus man die beste Sicht auf die Landschaft hat. Es stellte sich später heraus, dass wir genau nach ihm suchten!“

Du würdest gerne mitmachen bei einer Rettungshundestaffel?

 

Voraussetzungen für den Hund:

*gesund und belastbar

*aufgeschlossen gegenüber

Menschen

*gute Riechfähigkeit (ein Mops

ist eher ungeeignet)

*ausgeprägter Spiel-/Fresstrieb

*Alter: ab 6 Monate bis 5 Jahre

*ausgeschlossen sind: Listen

hunde, Kampf- und Schutzhunde

 

Voraussetzungen für den Führer:

*teamfähig

*guter Orientierungssinn

*körperliche Fitness

 

Ausbildung:

*ab 16 Jahren: Sanitätshelferlehr-

gang, Helfer bei Einsätzen

*ab 18 Jahren: Teilnahme an

Einsätzen als Hundeführer

nach absolvierter Ausbildung

*Dauer der Ausbildung: je nach

Team ein bis zwei Jahre

*Ausbildungsinhalte: Erste Hilfe,

Umgang mit Karte/Kompass, Funk, Einsatztaktik, Sicherheit und Verhaltensregeln im Einsatz und Arbeit mit dem Hund wie Anzeige von Vermissten, Gehorsam/Unterordnung und Sucharbeit

http://asb-jura.de/behindertenhilfe/rettungshunde/

Tel. 01 51 / 17 27 75 82

 

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