Das "Soundmonster" der Hannah Grosch

17.6.2017, 09:07 Uhr
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Wer die Hersbruckerin unter "junge Frau mit Gitarre" abgehakt hat, muss mit dem neuen Album umdenken. Auf "Morpheus’ Grace" ist Grosch weit weg von der Liedermacherei. Stattdessen gibt es kunstvoll arrangierten DarkFolk mit dezenter Elektronik, liebevoll ausgecheckt mit tollen Bildern und Stimmungen, tragenden Basslinien und abrupten Laut-leise-Dynamiken. Weniger Folk, mehr Sound lautet die Devise. Und tatsächlich erinnern die neuen Lieder ein wenig an die isländische AvantgardePop-Königin Björk.

Textlich geht es um Träume, Eulen, Unterwasserungeheuer und immer wieder um den Schutz der Nacht. "Morpheus’ Grace" ist kein Konzeptalbum, auch wenn sich der eine oder andere rote Faden durch die Platte zieht. Der titelgebende Morpheus, griechischer Gott der Träume, taucht indes gar nicht auf der Platte auf.

Eigentlich das Werk einer Band

"Auf dem Album geht es viel um Verwandlung: Was sind meine verschiedenen Rollen im Leben? Da fand ich Morpheus als Gestalt und Symbol ganz cool", sagt die Musikerin. Wert legt sie darauf, dass Hannah Grosch kein Soloprojekt, sondern eine Band ist. Klar steht die Sängerin und Namensgeberin im Vordergrund, doch auf ihrer neuen Scheibe hat die 24-Jährige bewusst andere, ganz unterschiedliche Menschen und Charakter ins Spiel gebracht.

Sie hat sich fallengelassen und an das bewährte Deichkind-Motto "Denken Sie groß" gehalten: "Ich wollte ein Soundmonster erschaffen, und zum Glück haben die anderen mitgemacht. Das Ding war, sich zu trauen und schon beim Komponieren vorauszudenken, was man später noch alles dazuhaben möchte …" Dabei hat Grosch diesmal sogar die Gitarre weggelegt und sich komplett auf den Gesang konzentriert.

"Es gibt Phasen, da gefällt dir die Farbe Grün besser als die Farbe Rot. Ich war zu der Zeit einfach durch mit dem Klang der Akustikgitarre, die meisten Songs sind tatsächlich auf dem Klavier oder mit dem Kontrabass komponiert."

Erschienen ist "Morpheus’ Grace" auf CD und Schallplatte bei der kleinen Nürnberger Liebhaber-Plattenfirma Bekassine Records. Labelchef Michael Winkler – inzwischen so etwas wie ein sechstes Bandmitglied – hat die Scheibe in den Ghost City Recording Studios Hannah und ihrer Band geschmackssicher auf den Leib produziert.

"Bekassine Records haben sich in etwa gegründet, als ich meine ersten Bühnenerfahrungen mit eigenen Songs gemacht habe", erinnert sich Hannah. "Damals hat sich der Michael schon nach Musikern umgeschaut, die auf sein Label passen würden." Nach einem Auftritt lernten sich die beiden besser kennen — und beschlossen ihre Zusammenarbeit. Neben kleinen regionalen Bands produziert Bekassine inzwischen auch Künstler aus Berlin und Italien. "Trotzdem ist immer noch alles sehr familiär."

Musik in Hippie-WG

Musik macht Hannah seit frühen Jugendtagen und schrieb schnell eigene Lieder. Mit 17, in ihrer ersten Hippie-WG, wurde viel Musik gemacht, vor allem im Sommer am See. Nach dem Abitur und einem Jahr Auszeit meldete sich Hannah an der "Musication", der Berufsfachschule für Musik in Nürnberg, an und absolvierte eine zweijährige Ausbildung.

Aufgewachsen ist sie in Hersbruck. Die mittelfränkische Kleinstadt mit ihrer kleinen, aber sehr aktiven Musikszene sorgt seit Jahren für erfrischenden Nachschub an spannenden jungen Rock- und Indie-Bands — von The Robocop Kraus über The Audience und Yucca hin zu The Plane Is On Fire. Die begeisterte Fachpresse nennt das schon mal "Hersbrucker Schule".

"Mit Bear Mountain Picnic Massacre und uns war’s das jetzt aber", meint Hannah, die wie die meisten Hersbrucker Musiker inzwischen in Nürnberg lebt. "Wir sind die Letzten. Ich glaube nicht, dass da noch mal was nachkommt."

Live kann man Hannah Grosch am 12. August 2017 auf dem Nürnberger Brückenfestival erleben.

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