Du und dein Karma !

25.7.2016, 18:11 Uhr
Du und dein Karma !

„An jeder Ampel ist es genau dann gelb geworden, als wir hinkamen“, sagte der Redakteur nach der Dienstfahrt mit dem Auto, auf die er die Praktikantin Livia mitgenommen hatte, „das muss an deinem Karma liegen!“ Diesen Ausdruck hört man öfter, der passt offenbar immer. Dabei passt er meistens gar nicht. Denn viele verwenden das Wort Karma, ohne überhaupt zu wissen, was es heißt, oder woher es kommt. Ich habe Kommilitonen gefragt, was Karma bedeutet. Die Antworten: „Oh je, das ist schwer zu erklären.“ Oder: „Das ist doch, wenn man sich schlecht verhält und dann als Ameise wiedergeboren wird.“ Oder: „Das ist Esoterik.“

Alles Quatsch. Karma ist ein Wort aus dem Sanskrit. So heißt die Sprache, in der heilige hinduistische Texte geschrieben sind. Übersetzt heißt Karma „etwas Getanes“. Es wird aber auch mit „Tat“, „Handlung“ oder „Verhalten“ übersetzt. Handlungen erzeugen Karma, weil jede Aktion eine Reaktion erzeugt — mental oder physisch. Diese Reaktionen muss man jedoch vollständig aufarbeiten, sonst wird man wiedergeboren.

Aber: Das Leben besteht aus ständigen Handlungen. Jeder verstrickt sich also immer weiter – wie in einem Spinnennetz. Sind Karma und der Kreislauf von Tod und Wiedergeburt (Samsara) also zwangsläufig? Nein! Denn einfach nur etwas zu tun, erzeugt nämlich noch kein Karma.

Doch meistens erwartet man eine Gegenleistung, wenn man irgendetwas tut. Und das ist das Problem. Jede egoistisch motivierte Handlung löst eine Reaktion aus. Das bedeutet: Nicht die Handlung allein, sondern die eigene, damit verbundene Zielsetzung erzeugt das Karma. Immer. Schließlich handelt man immer im Hinblick auf etwas.

Nur, wenn man etwas ohne Motivation machen würde, erzeugt man kein Karma. Aber wie geht das? Es geht nicht, es geht gar nicht: Denn schon allein dann, wenn ich nichts mache, um ja kein Karma anzuhäufen, habe ich wieder ein Ziel. Und damit wieder ein Karma.

Aber es gibt einen Ausweg aus diesem Dilemma: Eine göttliche Inkarnation des Absoluten, Krishna genannt, hat erklärt, wie man „anhaftungsfrei“ durchs Leben geht: „Daher sollte man, ohne an den Früchten der Tätigkeit zu haften, aus Pflichtgefühl handeln; denn wenn man ohne Anhaftung arbeitet, erreicht man das Höchste.“

Das soll bedeuten: Ich mache etwas, weil es meine Aufgabe ist. Und ich gebe dabei mein Bestes. Punkt. Diese Handlung erzeugt kein Karma, weil ich nicht egoistisch motiviert bin.

Zurück zum Ausgangspunkt, dem Beispiel mit den gelben Ampeln und der Praktikantin Livia. Es gibt kein „gutes“ oder „schlechtes“ Karma. Als „gutes Karma“ erscheinen Situationen, die uns angenehm sind. Das Problem ist, dass wir immer Karma aufzuarbeiten haben. Also ist Karma grundsätzlich eher „schlecht“.

Aber Vorsicht: Unterscheidet man zwischen „gut“ und „schlecht“, bewertet man Situationen. So hat man wieder Ziele – und damit noch mehr Karma. Es zeigt sich: Das Wort Karma klingt zwar gut. Aber es steckt viel mehr dahinter, als man denkt.

Foto: colourbox.com

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