„Ein Auto muss klingen wie sein Preis“

19.3.2015, 13:09 Uhr
„Ein Auto muss klingen wie sein Preis“

© Foto: Roland Fengler

Es fängt schon beim Blinker an. Manche machen eher Klick-Klack, andere Tock-Tick-Tock-Tick. Bei den Geräuschen ihrer Autos sind die Deutschen heikel. „Ein angenehmer Klang hängt sehr vom subjektiven Empfinden des Fahrers ab“, sagt Stefan Becker vom Lehrstuhl für Prozessmaschinen und Anlagentechnik an der Uni Erlangen-Nürnberg. Der Professor leitet die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Akustik, die seit Montag und noch bis morgen auf dem Nürnberger Messegelände stattfindet.

Ein Draufgänger fährt gerne ein Auto mit tiefem Motorenbrüllen. Ein Geschäftsmann, der viel unterwegs ist, will lieber eine leise Atmosphäre, um sich entspannen, konzentrieren oder telefonieren zu können. „Auch der Luftzug der Klimaanlage und der Fahrtwind, vor allem bei einer Geschwindigkeit von mehr als 100 Stundenkilometer, spielen eine wichtige Rolle“, sagt Becker. „Beides führt zu hochfrequentem Schall, der oft als störend empfunden wird.“

Motor, Blinker, Türgeräusch

Die Strömungsakustiker untersuchen, wie Schall durch Bewegung und mechanischen Druck entsteht und wie sie störende Geräusche verringern können. Manchmal ist ein bestimmter Klang aber auch erwünscht: „Deutschland produziert Autos im Premiumsektor, und wenn sie eine entsprechende Menge Geld ausgeben, dann darf das Fahrzeug nicht billig klingen.“ Ein Mercedes, ein BMW und ein Porsche brauchen einen unverwechselbaren Klang. Nicht nur der Motor, auch der Blinker, das Schaltgetriebe und das Schließen der Tür – alles muss der Klangkulisse dieses Autos entsprechen. „Der charakteristische Sound soll dem Hersteller entsprechen, damit man auch im Inneren das Gefühl hat, in dem Auto zu sitzen, für das man viel Geld bezahlt hat“, sagt Becker.

Auf der Jahrestagung tauschen sich Experten, Politiker und Firmen über den neuesten Stand der Forschung aus. Ein Diskussionspunkt ist derzeit der leise Antrieb von Elektrofahrzeugen. „Man muss die Autos mit zusätzlichen Geräuschen ausstatten, damit sie im Verkehr wahrnehmbar sind“, erklärt Becker. „Ständig kämpfen wir um leisere Fahrzeuge und jetzt machen wir diese Autos lauter, nur weil es die Menschen so gewohnt sind.“

Ein weiterer, aktueller Streitfall ist die Akustik von Windkraftanlagen. „Es gibt Hinweise darauf, dass deren Infraschall, den wir normalerweise nicht hören, trotzdem Einfluss auf die Gesundheit hat“, sagt Becker. „Da besteht noch viel Forschungsbedarf.“ Wie beim Auto ist das persönliche Gefühl entscheidend: „Auch Windmühlen waren früher sehr laut, aber die Menschen haben das Geräusch als positiv empfunden, weil es dadurch etwas zu essen gab.

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