Ein Job in der Start-up-Firma: Top oder Flop?

24.3.2017, 10:00 Uhr
Ein Job in der Start-up-Firma: Top oder Flop?

Ein Job bei einem Internet-Start-up: Das war nicht das Ziel, als Linda ihr Design-Studium mit Schwerpunkt Film und Animation an der Technischen Hochschule Nürnberg aufnahm. Sie träumte davon, Animationsfilme mitzugestalten. Dass sie dafür begabt war, erkannten auch andere: Mit ihrem Abschlussfilm wurde sie 2015 zum Filmfestival nach Cannes eingeladen.

Nach ihrem Bachelor-Abschluss 2014 war kein Job beim Film in Sicht. Linda arbeitete freiberuflich und behielt die Jobbörsen im Auge. Und tatsächlich: Kurz vor Weihnachten 2015 stolperte sie über eine Anzeige des Nürnberger Start-ups Kartenmachen.de. Man suchte eine Illustratorin. Linda bewarb sich, und vier Tage später hatte sie ihren ersten festen Job in der Tasche.

Das junge Nürnberger Unternehmen, bei dem Linda anheuerte, ist typisch für die Start-up-Szene: Bei der Gründung war wenig Kapital im Spiel; dennoch hat das Geschäftsmodell großes Wachstumspotenzial.

Im Onlineshop der Firma kann man gedruckte Gruß- oder Einladungskarten in vielen Designs bestellen. Diese Designs sind individualisierbar: Der Kunde schreibt einen persönlichen Text, die Grafiker integrieren ihn anschließend ins Layout der Karte.

Passend zum Anlass

Dann werden die Karten gedruckt und verschickt. Für kleines Geld erhält der Kunde perfekte Einladungs- oder Grußkarten, die passgenau auf seinen Anlass zugeschnitten sind. Mit diesem Geschäftsmodell hat die Firma offenbar ins Schwarze getroffen: Es gibt laufend neue Produkte, und das erst 2014 gegründete Unternehmen wächst stetig.

Ein Job in der Start-up-Firma: Top oder Flop?

© Fotos: privat

Auch wenn Lindas Traum vom Film zunächst nicht in Erfüllung gegangen ist: Als Illustratorin kann sie ihre Kreativität ausleben. Sie entwirft neue Kartenmotive und das Layout der Papeterie-Produkte. Zusätzlich passt sie die persönlichen Texte der Kunden in die bestehenden Motive ein. "Ich arbeite ziemlich frei und entwickle neue Gestaltungsideen. Weil ich die unterschiedlichsten Motive in den unterschiedlichsten Stilen zeichne, ist meine Arbeit sehr abwechslungsreich – für mich der pure Luxus", sagt sie. Dass sie zwischendurch auch mal Formulare anpasst oder mit Kunden kommuniziert, empfindet sie als Vorteil: "Wenn ich mich an einem Design festgehakt habe, kriege ich so den Kopf wieder frei."

Lindas Arbeitstag unterscheidet sich deutlich von dem ihrer Freunde, die in Traditionsunternehmen beschäftigt sind: "Viele beschweren sich darüber, dass sie nichts lernen und alles nach Schema F abläuft."

Bei Linda ist das anders. "Wenn ich morgens in Büro komme, weiß ich nicht, wie der Tag läuft. Alles ist ständig im Wandel. Wir entwickeln neue Produkte, wir gewinnen mehr Kunden, die Anzahl der Mitarbeiter wächst. Unsere Art zu arbeiten müssen wir deshalb laufend anpassen."

Linda ist immer mittendrin, denn die Hierarchien sind flach und der Chef ist kein Halbgott. Das führt auch dazu, dass der Einzelne sichtbarer wird. Wer gerne im Job eine ruhige Kugel schiebt, wird sich bei einem Start-up nicht wohlfühlen.

Linda schätzt es, dass in dem Unternehmen viel in Bewegung ist: "Die Strukturen sind flexibel, und der einzelne Mitarbeiter wird stark in die Unternehmensentwicklung einbezogen. Das bringt mich weiter."

Bei einem Start-up zu arbeiten, heißt: früh Verantwortung übernehmen. Das bestätigt auch Andreas Ritter, der Gründer und Geschäftsführer von Kartenmachen.de. "Zeugnisse werden überschätzt. Natürlich müssen die Bewerber Qualifikationen nachweisen – aber wo genau sie die erworben haben, ist sekundär. Wichtig ist, dass sie unser Geschäft verstehen und sich wirklich einbringen wollen."

Linda genießt es, dass sie viel ausprobieren kann und innerhalb kurzer Zeit eine Menge lernt. Im Lebenslauf macht sich das gut.

Arbeiten bei einem Start-up birgt aber auch Risiken, wie Linda genau weiß: "Junge Unternehmen können scheitern. Und dann ist man seine Arbeit schnell los. Andererseits: Wo gibt es heute noch Jobs, die bis zur Rente sicher sind – und wer will das überhaupt?"

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