Fleiß zahlt sich aus

9.11.2015, 10:00 Uhr
Fleiß zahlt sich aus

© Foto: privat

Die einen gehen in den Wald, um zu spazieren. Die anderen, um dort zu lernen. So machte es zumindest Reza Safawian, wenn in der Flüchtlingsunterkunft mal wieder alles zu laut war.

Das acht Quadratmeter große Zimmer, wo er mit seinem kleinen Bruder und seiner Mutter wohnte, war einfach zu eng. „Ständig kam jemand rein, es war viel zu laut — da konnte ich mich nicht konzentrieren“, erzählt der junge Iraner.

Heute ist das anders. Er lebt mit seiner Familie nun in Neustadt, in einer eigenen Wohnung. Dazwischen ist in Rezas Leben jede Menge passiert. „In den vergangenen drei Jahren habe ich so viel erlebt, dass ich ein Buch darüber schreiben könnte“, findet der 18-Jährige selbst.

Begonnen hat alles, als er 2012 seine Heimat, den Iran, verlassen hat. Zusammen mit Mutter und Bruder ist er geflohen — sein Vater war politisch aktiv, die Familie fürchtete, in Schwierigkeiten zu geraten.

In Deutschland angekommen, landete Reza zunächst in Zirndorf. Der Jugendliche konnte kein Wort Deutsch. Fing aber an, alles, was er auf Deutsch hörte, aufzuschreiben.

Dazu notierte er auf Persisch, in welchem Zusammenhang das gesagt wurde. „Die anderen wollten sich irgendwann alle meine Hefte kopieren“, erzählt er. So begann er, Deutsch zu lernen.

Kurze Zeit später besuchte er die Hauptschule. Glücklich war Reza dort nicht. Er fühlte sich gedisst und nicht ernst genommen. Und setzte alles daran, die Schule zu wechseln. So landete er in Neustadt an der Dietrich-Bonhoeffer-Realschule.

Das war eine Wende in seinem neuen Leben in Deutschland. „Die Lehrer waren toll und haben mir geholfen, ich bin sehr dankbar dafür“, erzählt er. Gleich am ersten Tag wurde Reza zum Klassensprecher gewählt. „Ich wusste überhaupt nicht, wie mir geschah.“ Selbst, dass es Klassensprecher gibt, war für ihn neu — im Iran gibt es das nicht. Später wählten ihn seine Mitschüler zum zweiten Schülersprecher.

Auch seine Noten wurden immer besser. Reza büffelte, bis zwei Uhr morgens saß er vor den Klausuren an seinem Schreibtisch. Der Fleiß hat sich gelohnt: Er hat den Übertritt auf die Fachoberschule geschafft. Seine Abschlussnote an der Realschule: Ein Schnitt von 2,18. „Manchmal kann ich es gar nicht glauben“, sagt der junge Mann.

Traum: Arzt werden

Sein Traum ist es, eines Tages Arzt zu werden. „Im Iran werden Menschen nicht operiert, wenn sie nicht genügend Geld haben“, erzählt er. In seinen Augen ein Unding.

Reza hat den Wunsch, etwas Sinnvolles zu tun. Wenn er in seiner Freizeit nicht gerade lernt, treibt er Sport oder übt Geige. „Aber dazu komme ich fast nicht mehr, seit ich auf die FOS gehe.“

Dafür, dass Reza binnen drei Jahre fließend Deutsch gelernt hat, ohne je einen Deutsch-Kurs besucht zu haben, für seinen Fleiß und sein Engagement wird er nun mit dem Sonderpreis „Lebensweg“ geehrt. Er ist der erste Schüler überhaupt an der Neustädter Realschule, der diese Auszeichnung erhält.

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