Glücklich sein oder Geld verdienen?

1.10.2016, 07:03 Uhr
Glücklich sein oder Geld verdienen?

© Goebel

Drei Sänger, zwei E-Gitarristen, eine Keyboarderin, ein Bassgitarrist und ein Schlagzeuger – so sieht die Band für den heutigen Auftritt vor Grundschülern aus. Die Schüler der Musication, so heißt die Berufsfachschule für Musik in Nürnberg, geben ein Konzert, in dem sie den Kindern ihre Instrumente näherbringen.

Gleichzeitig sollen die Grundschüler auch Spaß haben und zur Musik tanzen. „Ich finde es schön, vor den Kindern zu spielen, vor allem weil sich nur wenige sonst mit dem Thema Musik beschäftigen“, sagt Sabrina und gibt zu, dass nicht alle Stücke kinderfreundlich waren. Das Jazzstück im Fünfviertel-Takt zum Beispiel. Aber Jens findet: „Dadurch lernen die Kinder auch mal andere Musikrichtungen kennen.“

Sabrina (23), Jens (23), Michi (27), Sanja (20), Mattis (22), Sebastian (31), Nikita (22) und Rita (20) sind alle an die Musication gekommen, weil sie beruflich mal was mit Musik machen möchten. „Ich habe mich gefragt, ob ich lieber glücklich sein oder Geld verdienen möchte“, sagt Sabrina. „Ich habe mich dann fürs Glücklichsein und die Musik entschieden.“ Nach der Ausbildung an der Musication will sie noch Jazzgesang studieren.

Die Schule sei ein guter Einstieg und auch ein Scheideweg, „da man hier feststellt, ob man das wirklich will“, sagt Jens. Der 22-Jährige hat sich das Spielen auf der E-Gitarre selbst beigebracht und bereitet sich nun auf die Musikhochschule vor.

In zwei Jahren erreicht man an der Musication den Abschluss „staatlich geprüfter Ensembleleiter der Popularmusik“ in den Fachbereichen Klassik oder Rock/Pop/Jazz. Danach kann man noch das pädagogische dritte Jahr dranhängen, in dem man zum „Musiklehrer an Sing- und Musikschulen“ ausgebildet wird.

Schlagzeuger Mattis hat das dritte Jahr geschafft und blickt nun in Richtung Studium. Er möchte mal an einer Musikhochschule Schlagzeug unterrichten. Sänger Michi dagegen steht noch am Anfang, das erste Jahr hat der 27-Jährige bestanden. Er ist froh, dass er nicht mehr im Einkauf arbeitet und sich für sein Hobby, die Musik, entschieden hat.

Keyboarderin Sanja und Sängerin Rita sind nach dem Abi an die Musication gekommen. „Mein Hauptfach ist Klavier, nächstes Jahr möchte ich aber zum Gesang wechseln“, sagt
Sanja, die nach dem Abschluss gerne Lehramt studieren würde. Und Rita hat sich dem Rock-Pop-Jazz-Gesang verschrieben und möchte mit ihren eigenen Songs Karriere machen.

Voraussetzung für die Ausbildung ist ein erfolgreicher Mittelschulabschluss sowie musikalische und gesundheitliche Eignung, die in einer Aufnahmeprüfung in Praxis und Theorie abgefragt werden.

„Zudem verlangen wir im Fachbereich Rock als Hürde eine Demo-CD mit zwei bis drei selbst gespielten Songs, um zu verhindern, dass Leute zu uns kommen nach dem Motto: ,Ich kann rappen, darf ich bei euch anfangen?‘“, erklärt der stellvertretende Schulleiter Florian Bührich, der die Musication mitbegründet hat und an dieser auch lehrt. Er ergänzt: „Das muss keine Profiaufnahme sein, Handyaufnahmen taugen auch.“

Schulgeld ist fällig

Die Berufsfachschule ist zwar staatlich anerkannt, aber privat. Das heißt, dass die Schüler Schulgeld berappen müssen – 336 Euro pro Monat. Klingt nach viel Geld, das man in dem Alter vielleicht noch nicht hat, oder? Es gibt aber Möglichkeiten, sich unterstützen zu lassen, meinen die Schüler.

Sebastian zum Beispiel hat einen Bildungskredit bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beantragt, Michi bekommt elternunabhängiges Bafög. Und Sabrina arbeitet nebenbei an vier Tagen pro Woche, was sie sich gut einteilen kann, sagt sie.

Neben einem Tasteninstrument wie Klavier als Haupt- oder Pflichtfach lernen die Schüler in der zweijährigen Ausbildung noch ein weiteres Instrument und belegen Fächer wie Gehörbildung, Chorsingen, Musikgeschichte oder Ensemblespiel/Band. „Wir stellen die Bands aus dem Schülerpool zusammen“, erzählt Florian Bührich.

Es sind immer sechs pro Schuljahr. Neben Konzerten in Schulklassen müssen sie auch Prüfungskonzerte spielen, um ihre Qualitäten auf der Bühne unter Beweis zu stellen. Den Grundschülern jedenfalls hat es so gut gefallen, dass sie gleich Zugaben gefordert haben.

Verwandte Themen


Keine Kommentare