Heiße Spur zum Täter

18.5.2016, 16:00 Uhr
Heiße Spur zum Täter

© Aileen Gonda

Annika ist dem Täter auf der Spur. In einen weißen Ganzkörper-Anzug gehüllt pinselt sie eine Tastatur ab. Dann sichert sie mit einer Pinzette ein einzelnes Haar und steckt es in ein Reagenzglas. Als Mitglied der Spurensicherung ist sie eine der ersten am Tatort. Hier befindet sich ein Computer mit einem Erpresser-Schreiben. Dieses wurde per Mail verschickt; die Polizei konnte die IP-Adresse zurückverfolgen. Nun wird der Laptop auf Haare, Blut und Fingerabdrücke untersucht. Auch zwei Tatverdächtige sind bereits geschnappt. Ob ihre DNA mit der vom Tatort übereinstimmt, wird nun überprüft.

Annika Schnell ist 16 Jahre alt und eigentlich noch Schülerin der 11. Klasse des Ehrenbürg-Gymnasiums in Forchheim. Für einen Tag bekommt sie einen Einblick, wie es ist, bei der Spurensicherung zu arbeiten: Sie ist Teilnehmerin des Workshops „Dem Täter auf der Spur“ an der Uni Bamberg.

100 Billionen Zellen

Den Workshop des Schülerforschungszentrums Oberfranken leitet Tanja Zacher, technische Assistentin an der Uni. Früher war sie im Kriminal- und Drogenlabor tätig und kann an diesem Nachmittag aus dem Nähkästchen plaudern. Im Theorieteil lernen die 16 Teilnehmer viel über DNA: Jeder Mensch hat einen anderen Fingerabdruck. Dieser steht bereits nach vier Monaten im Mutterleib fest. Auch bei Zwillingen ist dieser unterschiedlich. Anders ist es beim genetischen Fingerabdruck. Dieser entsteht bereits bei der Zeugung, wenn Sperma und Eizelle aufeinandertreffen. Jeder, auch ein Zwilling, hat ein individuelles DNA-Profil.

100 Billionen Zellen machen menschliches Leben aus. Würden wir Tag und Nacht zählen, bräuchten wir 3,1 Millionen Jahre, rechnet Workshop-Teilnehmer Merten Kliebisch aus. Er geht in die 11. Klasse des Clavius-Gymnasiums in Bamberg. Dass er im Workshop der einzige Junge ist, „stört mich gar nicht“, sagt Merten.

Tanja Zacher erklärt weiter: „Wenn man die DNA eines Zellkerns auseinanderziehen würde, wäre sie einen Meter lang.“ Und DNA steckt in mehr drin, als man denkt – Mundschleimhaut, Sperma, Schuppen, Blut, Zigarettenkippen oder am Ansatz einer Haarwurzel. Die einzigen Teilchen im Körper, die keine DNA besitzen, sind die roten Blutkörperchen.

Um an dem Workshop teilzunehmen, haben sich alle Teilnehmer mit einem Motivationsschreiben beworben. Annika und Merten hatten Glück und ergatterten einen Platz. „Mein Lehrer hat mich auf diesen Workshop aufmerksam gemacht. Ich fand es gleich spannend und habe mich als einzige aus meiner Klasse beworben. Die anderen interessieren sich nicht für das Thema Forensik, ich dafür umso mehr“, erzählt Annika.

Exakte Arbeit im Labor

Heiße Spur zum Täter

© Aileen Gonda

Forensik ist ein Sammelbegriff für verschiedene Bereiche, die zur Klärung eines Verbrechens führen. So gibt es zum Beispiel die Entomologie, die sich mit Tieren in und auf der Leiche beschäftigt, oder die Daktyloskopie, die mit Fingerabdrücken versucht, mögliche Täter zu finden. Auch die Gerichtsmedizin gehört dazu.

Die Teilnehmer sollen an die verschiedenen Berufe herangeführt werden. Dafür erhält jeder einen Laborkittel, eine Schutzbrille, Handschuhe und Buttons, auf denen „Labor“, „Rechner“ oder „Spusi“ (Spurensicherung) steht. Die Spusi hat ihre Arbeit schon erledigt, nun geht es weiter ins Labor. Das gesicherte Material mit den DNA-Spuren wird in einer Flüssigkeit aufgelöst. Dafür ist genaues Arbeiten gefragt. Im wahren Leben nutzt man dafür spezielle Eppendorf-Pipetten, die die Schüler auch ausprobieren dürfen.

Schon da ist sich Merten sicher: „Die Arbeit als Forensiker könnte ich mir durchaus vorstellen. Mir macht sowieso alles Spaß, was mit Mathe, Physik oder Chemie zu tun hat.“

Nach vier Stunden Workshop steht fest: Die DNA vom Tatort stimmt mit der von einem der beiden Tatverdächtigen überein. Michael Bail ist überführt. Er ist für die TechnologieAllianzOberfranken (TAO) — einem Zusammenschluss der Universitäten Bamberg und Bayreuth, die Hochschulen Coburg und Hof — tätig und hatte die Spuren absichtlich gelegt. Er kann also durchatmen: Er wird nicht im Gefängnis landen.

Die TAO organisiert regelmäßig Schülerworkshops an ihren Hochschulen. Das Programm steht auf www.tao-oberfranken.de/Schuelerforschungszentrum/index.html

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