„Ich möchte unbedingt das Abi machen!“

12.9.2016, 09:00 Uhr
„Ich möchte unbedingt das Abi machen!“

© Foto: Charlotte Mader

Hallo, ich heiße Kenda und möchte euch meine Geschichte erzählen. Im Juli 2014 kam ich mit meiner Familie nach Deutschland, um Urlaub zu machen und unsere Tante zu besuchen, die schon länger in Nürnberg lebt. Nach drei Monaten reiste ich mit meiner Schwester Lanh und meinem Vater zurück in meine Heimatstadt Dar’a im Süden von Syrien, um dort das Abitur zu schreiben. Das ist in meiner Muttersprache Arabisch einfacher.

Im März 2015 kam ich alleine zurück nach Nürnberg, da sich die Situation in Dar’a wegen des Krieges zugespitzt hatte und es oft keinen Strom oder sogar kein Wasser gab. Aus diesen Gründen war nicht klar, ob ich in Syrien weiterhin sicher zur Schule gehen kann und ob sie überhaupt geöffnet haben wird.

Nur Deutsch lernen

Nun bin ich also hier! Wie die meisten Leute, die hierherkommen, fühlte ich mich am Anfang unwohl und hatte große Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache – ich kannte sie am Anfang überhaupt nicht! Deshalb ging ich erst mal in die Dr.-Theo-Schöller-Mittelschule in die Übergangsklasse 8/9Üa. Mit meiner Lehrerin Carolin Buinevicius halte ich immer noch Kontakt!

In dieser Klasse lernte ich fünf Monate nur Deutsch, dann entschieden meine Eltern, dass ich aufs Gymnasium wechseln soll. Denn ich träume davon, das Abi zu machen und an einer Universität zu studieren, zum Beispiel Pharmazie. Um am Dürer-Gymnasium aufgenommen zu werden, machte ich mit dem Direktor einen Termin aus, und er gab mir eine Chance.

Im September kam ich schließlich in die 10. Klasse. Aber das Niveau war wegen der Sprache zu hoch. Und ich war nur noch müde und traurig. Zum Glück durfte ich dann im Dezember in die 9. Klasse wechseln. Einerseits war das gut, andererseits hatte ich keine Zeit zur Eingewöhnung. Denn ich sollte gleich alle Schulaufgaben mitschreiben.

Am zweiten Tag schrieben wir gleich eine Schulaufgabe in Mathe. Ich schaffte die Note drei, obwohl ich kein Buch hatte. Aber ich kannte den Stoff schon auf Arabisch. In Syrien war ich auch in der 9. Klasse an einer Hochbegabten-Schule, daher hatte ich dann in Deutschland in manchen Fächern wie Mathe – trotz der Sprache – keine großen Schwierigkeiten.

Um die deutsche Sprache besser zu lernen, las ich Bücher und Zeitungen und versuchte, dabei möglichst kein Wörterbuch zu verwenden. Oder ich schaute Filme auf Deutsch an. Da versuchte ich nicht, alle Wörter zu verstehen, ich versuchte nur, hinter den Sinn zu kommen – denn es gibt sehr viele deutschen Wörter, die ich noch nicht kenne!

Um meine Gefühle und Probleme besser zu verarbeiten, schrieb ich sie meist in Form von Gedichten und Gedanken auf und zeigte sie Lehrern und Freunden (siehe Gedicht in der Rubrik Klartext).

Hilfe von Lehrern

Um mich in der Schule zu integrieren, übernahm ich Zusatzaufgaben: Ich unterstützte den Arbeitskreis Afrika bei Spendenaktionen und repräsentierte die Schule mehrfach bei Autorenlesungen. Im schuleigenen Schreibwettbewerb gehörte ich zu den besten drei Autorinnen. Zudem arbeitete ich in der Schülerzeitung mit.

Mit Hilfe vieler Lehrer und der Nachbarin meiner Tante, die mir gerne zuhört und mir viel in der deutschen Sprache half, schaffte ich es, mich in Nürnberg wohlzufühlen und die 9. Klasse zu bestehen. Ab morgen darf ich in die 10.Klasse – bis zum ersten Halbjahr auf Probe. Danach darf ich hoffentlich eine normale Schülerin sein.

Ich freue mich auf das neue Schuljahr, auf meine Freunde und Lehrer, und bin optimistisch, dass ich auch meine Sprachkenntnisse noch weiter verbessern kann. Denn mein Motto lautet: Wenn man an sich glaubt und die Möglichkeiten nutzt, die man hat, kann man alles erreichen.

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