Im Gleichgewicht

19.10.2016, 11:03 Uhr
Im Gleichgewicht

© Foto: Robert Winter

Jogginganzug oder Maßanzug?

„Ich hätte zwar gerne so ’nen teuren Maßanzug, aber nein, lieber Jogginganzug, am liebsten jeden Tag ’nen frischen!“

Natürlich, Megaloh ist ein Rapper, und welcher Rapper trägt nicht gerne Jogginganzug. Außerdem ist Megaloh ein lockerer Typ, zu dem legere Kleidung passt. Wenn man mit dem 35-Jährigen telefoniert, lauscht man gerne seiner ruhigen, tiefen Stimme, seinen Straßen-Weisheiten, seinem Enthusiasmus für Musik. Und man hat nicht das Gefühl, der Mann hat sein Leben nicht im Griff, nur weil er vielleicht mal im Jogginganzug einkaufen geht.

München oder Berlin?

„Berlin. In Berlin bin ich aufgewachsen. Die Stadt hat einen ganz speziellen Flavour, mit dem ich mich identifiziere.“

In Berlin geht Megaloh aufs französische Gymnasium und kommt im Alter von elf, zwölf Jahren mit HipHop in Kontakt. „Das war Liebe aufs erste Hören“, sagt er. Rapper Snoop Dogg, von Funk und Soul inspirierte Beats von Dr. Dre, Gangsta-Rap von der amerikanischen Westküste – das ist sofort sein Ding.

Er fängt an mit dem Rappen, zuerst auf Englisch, seiner Muttersprache. Nach sieben Jahren wechselt er auf Deutsch: „Ich fand englischen Rap aus Deutschland peinlich, nichts kam an die Amis ran.“ Die Umgewöhnung ist eine Herausforderung, aber Megaloh ist sich nicht zu schade für die Arbeit.

Eigenes Label oder fremdes Label?

„Eigenes Label. Habe ich zurzeit zwar nicht, aber auf lange Sicht ist das der Plan.“

Megaloh hatte schonmal ein eigenes Label. 2002 gründete er es und brachte einige Jahre lang Musik in Eigenregie heraus. Trotz eines Albums in den HipHop-Charts reichte es nicht zum Leben.

Derzeit geht er den anderen Weg: Sein neues Album erscheint beim Label „Nesola“ von Max Herre und Joy Denalane. „Ich kann so mehr Leute erreichen“, begründet Megaloh den Schritt. Er arbeitet allerdings nebenbei in einem Lager. „Ich kann fast von HipHop leben, aber auch wegen meiner Familie mache ich diesen Job noch.“

Morgens Pakete schleppen, abends auf der Bühne stehen – auf Dauer muss das ziemlich auf die Nerven gehen. Aber Megaloh bleibt cool: „Es ist ein langer, steiniger Weg. Und es geht im Moment in die richtige Richtung.“ Aufgeben ist keine Option.

Haftbefehl oder Beginner?

„Beide. Ich stehe für Neues wie Altes im HipHop.“

Aber alt werden im HipHop, darf man das überhaupt? „Du musst dich weiterentwickeln“, sagt Megaloh und nimmt Max Herre als Beispiel, den man längst nicht mehr auf Rapmusik reduzieren kann. „Als Trend-Rapper“, so drückt es Megaloh aus, „sind die Tage irgendwann gezählt.“

Playstation zocken oder lesen?

„Lesen. Ich war nie ein Zocker, ich hasse es zu verlieren.“

Megaloh mit Buch in der Hand am Kamin? Das Bild passt zur Nachdenklichkeit, die der Rapper zunehmend erkennen lässt. Nach überharten Battle-Tracks sucht man vergeblich auf „Regenmacher“, seinem aktuellen Album. Dafür gibt’s einen Song, der aus Sicht eines Flüchtlings geschrieben ist. „Den Text zu schreiben hat nur zehn Minuten gedauert“, erzählt Megaloh. Es sei ein Moment der Inspiration gewesen, „und diese Momente muss man mitnehmen“.

Bier oder Wasser?

„Wasser. Die Leute werden mich jetzt hassen dafür, aber Bier ist nur gut für die Wampe, und ich muss fit sein auf der Bühne.“

Auf Tour fällt es ihm mittlerweile leichter, mehrere Abende nacheinander zu spielen, sagt er, trotz Vollgas auf der Bühne. Auch, weil sich die Ausschweifungen in Grenzen halten. Also gar kein Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll? „Doch. Auch. Das Leben ist ein Balance-Akt. Ist man zu brav, dann fehlen die kreativen Höhen und Tiefen, die Spannung in der Kunst erzeugen. Aber in zu viel Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll kann man sich verlieren.“

Megaloh spielt am Freitag im Hirsch, Vogelweiherstraße 66, in Nürnberg. Einlass ist um 19 Uhr, los geht’s um 19.45 Uhr.

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