In Workshops spielerisch die Welt verstehen

30.1.2016, 10:00 Uhr
In Workshops spielerisch die Welt verstehen

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Am Anfang steht das Verstehen. Wer ein Problem lösen will, muss es zunächst erfassen und einordnen können. Das ist überall auf der Welt so – in ganz alltäglichen Dingen wie bei komplexen Herausforderungen. Andrea Heinecke ist überzeugt, dass Spiele jeglicher Art mithelfen können, bei jungen Menschen ein Bewusstsein für die Herausforderungen der heutigen Zeit zu entwickeln.

Die 49-Jährige aus Neubiberg im Landkreis München organisiert seit knapp zwei Jahren Workshops, in denen hochbegabte Jugendliche Spiele zu aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen erarbeiten sollen. Bei der Premiere tüftelten neun junge Menschen fünf Tage lang am Thema „Der gläserne Mensch“. Im vergangenen Jahr beschäftigten sich 14 Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren mit fremden Kulturen. Die Aufgabenstellungen sind dabei bewusst weit gefasst, denn „die Jugendlichen sollen selbst in das Thema hineinfinden“, erklärt Andrea.

Neben den Diskussionen lernen die Teilnehmer die Grundprinzipien des Game-Designs: Jedes Spiel muss ein Ziel haben, eine bestimmte Geschichte erzählen, es muss Spaß machen, es sollte faire Chancen zu gewinnen geben – und es sollte mit dem jeweiligen Thema verknüpft sein.

All das haben die Teilnehmer umgesetzt, Andrea Heinecke ist mit den Ergebnissen sehr zufrieden. Drei Ideen rund um kulturelle Vielfalt seien spielbar gewesen, Brett- wie Kartenspiele.

Doch das Ergebnis ist nicht vorrangig, versichert sie. „Wichtig ist mir, dass die Jugendlichen Interesse für bestimmte Themen entwickeln und dann zusammen in einem Team etwas erarbeiten.“ Denn über den Rohzustand kommen die Projekte derzeit ohnehin nicht hinaus. Warum? Es fehlt schlicht die Zeit, „die Jugendlichen gehen nach dem Workshop ja wieder auseinander“. Die Gruppe hat sich Andrea bundesweit über Hochbegabtenvereine und Stiftungen selbst zusammengesucht.

Die Kriterien: Jeder sollte kognitiv, sozial und kreativ besonders begabt sein. Für die Organisatorin birgt das auch Probleme: „Die Leute kommen oft mit großen Ideen, müssen dann aber lernen, von ihnen loszulassen und üben, komplexe Mechanismen auf Spiele zu reduzieren.“ Der Lerneffekt sei deshalb insgesamt sehr groß.

Ausgeschlossen ist allerdings nicht, dass professionelle Spiele-Autoren, die das Seminar begleitet haben, sich an die Ideen anlehnen – und diese womöglich bald auf den Wohnzimmertischen der Nation landen. Bleibt die Frage, wie man zu einem solchen Job kommt. Seit knapp sechs Jahren organisiert Andrea einmal monatlich einen Spiele-Nachmittag im Bayerischen Spiele-Archiv in Haar. Es folgten erste kurze Workshops zur Spielentwicklung. „Das war aber nicht befriedigend“, sagt die Expertin. „Die Kinder haben nur an eigenen Ideen gearbeitet.“

Wenig später stand für die 49-Jährige fest: Das will ich beruflich machen. An der Hochschule München begann sie ein Studium zum „Management sozialer Innovationen“, durch Spiele zu lernen „passt dort gut rein“, versichert sie.

Wie es für sie nach der Bachelor-Arbeit weitergehen soll, steht noch nicht fest. Klar ist dagegen: Auch in diesem Jahr gibt es neue Workshops. In der letzten Woche der Sommerferien (5. bis 9. September) wird an der Akademie für politische Bildung in Tutzing wieder getüftelt. Interessenten können sich jetzt schon melden. Im April und November gibt es weitere Workshops, die aber wieder über die Hochbegabtenvereinigungen ausgeschrieben werden.

Bis dahin wird auch Andrea Heinecke weiterhin fleißig spielen, „wenn auch durch das Studium nicht mehr so oft“. 300 Spiele türmen sich in ihrem Keller, an manchen Tagen verschlingt die Familie fünf nacheinander.

Der Industrie, die jedes Jahr hunderte neue Spiele auf den Markt bringt, prophezeit sie eine rosige Zukunft. „Die Menschen suchen in diesen Zeiten nach mehr Begegnung – und über Spiele können sie miteinander in Kontakt treten.“

www.schlaue-spiele.com

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