,,Irgendwann ist es Gewohnheit“

29.4.2015, 10:00 Uhr
,,Irgendwann ist es Gewohnheit“

© privat

Hallo Herr Mathes, stellen Sie sich bitte erst einmal vor.

Gregor Mathes: Ich heiße Gregor Mathes, komme aus Nürnberg und studiere Geowissenschaften. Ich bin Mitglied bei GNBF, das heißt bei der German Natural Bodybuilding & Fitness Federation, und nehme an Bodybuilding-Wettkämpfen teil.

 

Welche Erfolge hatten Sie bisher?

Gregor: Ich habe im Oktober 2014 den 3. Platz bei der Deutschen Meisterschaft belegt, da war ich 19 Jahre alt.

 

Wie sind Sie zum Bodybuilding gekommen?

Gregor: Ich habe früher Handball gespielt, und meine Mannschaft war ziemlich erfolgreich. Dann wollten wir uns auch körperlich weiterentwickeln und sind in ein kleines Fitnessstudio gegangen. Das hat mir Spaß gemacht, deshalb bin ich immer öfter ins Fitnessstudio gegangen, bis es zu meinem neuen Lebensinhalt wurde.

 

Nach den ersten Fragen legt sich die Aufregung, die bisher im Klassenzimmer herrschte. Gregor Mathes holt seinen abgefüllten Tee aus der Tasche und trinkt entspannt. Also genau der richtige Zeitpunkt, um ein paar Klischees über Bodybuilder abzuarbeiten.

 

Stimmt es, dass Salat den Bizeps verkleinert?

Gregor: Auf keinen Fall! Vitamine sind ganz wichtig für den Muskelaufbau, und Salat erhöht das Volumen des Essens während einer Diät. Oder anders ausgedrückt: Wenn ich einen Ferrari fahre, tanke ich ja auch nicht Billigdiesel.

 

Sie sagten, dass Sie Student sind. Was ist denn an dem Spruch ,,1000 Volt in den Armen, aber im Kopf brennt kein Licht“ dran?

Gregor: Das hat sich in den vergangenen Jahren ziemlich stark geändert: Wer im Bodybuilding erfolgreich sein möchte, muss sich verkaufen können, Zeitmanagement beherrschen und ein großes Maß an Wissen mitbringen. Wer sich nicht mit Sporttheorie, Physiologie und Ernährung auseinandersetzt, wird es nicht weit bringen. Die meisten erfolgreichen Bodybuilder, die ich kenne, sind überdurchschnittlich intelligent.

 

Haben Sie mehr Erfolge bei Frauen, seit Sie Ihren Körper trainieren?

Gregor: Letzten Endes bekomme ich mehr Aufmerksamkeit von Frauen. Was man damit anfängt, bleibt jedem selbst überlassen.

 

Bei diesen drei Fragen gibt es immer wieder Gelächter in der Klasse. Gregor Mathes kann das nur ein routiniertes Schmunzeln entlocken. Anscheinend sind wir nicht die ersten, die ihm Fragen dieser Art stellen.

Wie sieht denn Ihre Ernährung aus?

Gregor: Ich esse alle zwei Stunden. Mein Essen koche ich morgens vor und packe es dann für den restlichen Tag in Tupperware. Alles ist genau abgemessen: Aktuell darf ich 340 Gramm Eiweiß, 285 Gramm Kohlenhydrate und 105 Gramm Fett zu mir nehmen. Mein Mahlzeiten bestehen hauptsächlich aus Hühnerbrust, braunem Reis, Gemüse und pflanzlichen Ölen beziehungsweise Nüssen. Und ich trinke täglich zehn Liter Flüssigkeit, genauer gesagt: fünf Liter grünen Tee und fünf Liter Wasser.

 

Und wie gestalten Sie den restlichen Tagesablauf?

Gregor: Nachdem ich mein Essen vorgekocht und abgepackt habe, fahre ich in die Uni. Meine Abende verbringe ich im Fitnessstudio, und in der Diätphase trainiere ich auch zusätzlich vor den Vorlesungen. Deshalb absolviere ich in der Woche zum Teil 14 Trainingseinheiten. Damit sich mein Körper regenerieren kann, schlafe ich jede Nacht neun Stunden. Auch jenseits des Studios versuche ich, sportlich und gesund zu leben: Innerhalb Nürnbergs bin ich immer mit dem Fahrrad unterwegs, und einen Aufzug habe ich schon seit Jahren nicht mehr von innen gesehen. Bodybuilding hört nicht im Fitnesscenter auf!

 

Aber wird das nicht auf Dauer sehr anstrengend und nervenaufreibend? Woher beziehen Sie Ihre Motivation?

Gregor: Von Außenstehenden höre ich öfter, dass sie sich so ein diszipliniertes Leben nicht vorstellen könnten, aber für mich ist das Alltag. Irgendwann gewöhnt man sich daran. Und Wettkampfstrapazen, Diät und der minutiös geplante Tagesablauf, den bereits im Amateurbereich gibt, unterscheiden Bodybuilding von anderen Sportarten.

 

Könnte man sagen, dass Bodybuilding für Sie viel mehr ist als nur ein gewöhnliches Hobby?

Gregor: Exakt, denn Bodybuilding ist auch ein Lebensstil. Dieser Sport wirkt sich auf jeden Aspekt im Alltagsleben aus: zum Beispiel auf die Ernährung und den Schlaf. Ich finde, Bodybuilding ist auch eine Kunstform: Denn das Verhältnis des Sportlers zu seinem Körper ist vergleichbar mit dem des Bildhauers zu seiner Skulptur.

 

Wem würden Sie Bodybuilding empfehlen?

Gregor: Der Körper ist nur bereit, zu wachsen und sich formen zu lassen, wenn alle äußeren Umstände wie Schlaf oder Ernährung perfekt aufeinander abgestimmt sind. Bodybuilding sensibilisiert den Sportler für ein gesundes Leben. Und man lernt letzten Endes Disziplin.

Soll heißen: Ich würde es einfach jedem empfehlen. Mit einer Ausnahme: Teenager unter 14 sollten noch etwas warten! Älteren Personen und stark Übergewichtigen würde ich zuvor einen Besuch beim Arzt ans Herz legen. Dass ein gutes Körpergefühl das Selbstwertgefühl und Auftreten einer Person verbessern, haben große Firmen in Amerika gemerkt. Sie schicken ihre Angestellten auch ins Fitnessstudio.

 

Bei dieser letzten Frage leert Gregor seinen Tee, packt die Flasche in den Rucksack und holt eine Essensbox samt Plastiklöffel hervor. Noch im Gespräch mit der Klasse fängt er im Stehen an zu essen.

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