Jetzt geht der Stress erst richtig los

28.12.2017, 16:59 Uhr
Als der Winter Einzug in Eichstätt hielt: Das Verwaltungsgebäude der Katholischen Universität, die ehemalige fürstbischöfliche Sommerresidenz, vom Hofgarten aus gesehen.

© Christian Klenk/KU Als der Winter Einzug in Eichstätt hielt: Das Verwaltungsgebäude der Katholischen Universität, die ehemalige fürstbischöfliche Sommerresidenz, vom Hofgarten aus gesehen.

Ich erinnere mich noch gut an Weihnachten voriges Jahr. Damals war mein größtes Problem, dass die Abiturprüfungen plötzlich zum Greifen nahe schienen und ich sie nicht mehr länger ignorieren konnte.

Mittlerweile wünsche ich mir dieses Problem zurück. Wenigstens habe ich damals ungefähr gewusst, was mich erwartet. Als Studentin fühle ich mich so ahnungslos wie schon lange nicht mehr.

Mit dem Studium zu beginnen, ist wie ein Sprung ins kalte Wasser: Zuerst strampelt man verzweifelt herum und versucht, sich an der Oberfläche zu halten und nicht zu ertrinken. Aber nach einer Weile lernt man zu schwimmen.

Irgendwie habe ich es in den vergangenen Monaten tatsächlich geschafft, mich an den Rhythmus an der Uni zu gewöhnen. Ich habe meinen Stundenplan auswendig gelernt; ich weiß, wann und in welchen Räumen ich Vorlesungen habe; ich habe neue Freunde gefunden, und ich habe gelernt, dass Einkaufen viel weniger Spaß macht, wenn man selbst zahlen muss.

Seit der Winter in Eichstätt eingezogen ist, hat auch das Studium so richtig begonnen. Freizeit gibt es seitdem kaum noch. Hausaufgaben erledigt? Pflichtlektüre gelesen? Mitschriften noch einmal angeschaut? Gut, dann bin ich zumindest ein bisschen für das nächste Seminar vorbereitet.

Zu 100 Prozent ist man das wohl nie. Drei Referate innerhalb von zwei Wochen? Kein Problem, dann hat man das zumindest schon einmal hinter sich und kann sich um andere Aufgaben kümmern. Zum Beispiel: ein Rechercheprotokoll erstellen, Berichte, Meldungen und Reportagen schreiben, die Ergebnisse von selbst geführten Umfragen auswerten und Interviews führen. Nebenbei hat man auch noch darauf zu achten, dass die Wohnung nicht verkommt, und dass im Kühlschrank immer was zu essen ist. Denn Frustnahrung braucht man wirklich, wenn man bis spät in die Nacht an seinen Aufgaben sitzt.

Jeden Morgen werde ich vom pfeifenden Winterwind geweckt, denn mein Wohnheim liegt auf einem Berg, und die Fenster sind geräuschdurchlässig. In der Uni treffe ich dann all meine neuen Freunde, mit denen ich versuche, den Tag zu überstehen.

Etwas wacklig auf den Beinen: Bianca (19) aus Wendelstein beim (kostenlosen) Eislaufen in Eichstätt.

Etwas wacklig auf den Beinen: Bianca (19) aus Wendelstein beim (kostenlosen) Eislaufen in Eichstätt. © privat

Erste Regel im Studium: Setz dich ausschließlich in die hintersten Reihen – ganz egal, wie wenige Studenten anwesend und wie viele Plätze vor dir noch frei sind. Ein Mindestabstand von fünf Metern zum Dozenten ist vollkommen in Ordnung.

Die Vorlesungen sind eine Mischung aus Altbekanntem und Neuem, wobei sich das Neue hauptsächlich auf die Vortragsweise des Dozenten bezieht. Vor allem in meinen Politik-Vorlesungen höre ich noch mal alles, was ich in der Oberstufe in Sozialkunde und Wirtschaft geflissentlich ignoriert habe.

In meinen Journalistik-Vorlesungen lerne ich vor allem geschichtliche Hintergründe, zum Beispiel, wann die Pressefreiheit eingeführt wurde oder was die Theorie der Schweigespirale sagt. Nämlich: Die Bereitschaft vieler Menschen, sich öffentlich zu ihrer Meinung zu bekennen, hängt davon ab, wie sie das Meinungsklima einschätzen. Widerspricht die eigene Meinung der als vorherrschend betrachteten Meinung, so gibt es Hemmungen, sie zu äußern.

In Seminaren und Übungen darf ich wirklich praktisch arbeiten. Das hat seine guten und schlechten Seiten. Ich finde es toll, wenn jemand produktive Kritik an meinen geschriebenen Texten übt und mir erklärt, welche journalistischen Tricks es gibt. Allerdings finde ich übertrieben, wenn mir in einem Seminar dreieinhalb Stunden beigebracht wird, wie man googelt.

Es gibt Dozenten, die machen ihren Job richtig gut. Sie machen öfter mal ein lustiges Quiz, beziehen ihr Publikum mit ein, sprechen laut und flüssig und geben den Studenten Zeit, die Informationen von den Power-Point-Folien abzuschreiben.

Andere Dozenten nuscheln, sehen ihr Publikum kaum an, klatschen den ganzen Text in ihre Präsentationen und geben uns kaum die Zeit mitzuschreiben. Diese Art von Dozenten stört es auch nicht, wenn von den anfangs 100 Studenten bereits nach einem Monat nur noch 30 die Vorlesung besuchen. Tendenz weiter sinkend.

Ausgedruckt ist halb gelernt

Die Pflichtlektüre ist mit den Texten, die man in der Schule zu lesen hatte, nicht zu vergleichen. Die Schultexte konnte man im Bus zur Schule lesen, sie waren leicht verständlich und meistens nicht länger als vier Seiten.

Uni-Texte sind nur selten unter 15 Seiten lang, manchmal auf Englisch geschrieben und mit so vielen Fachbegriffen gespickt, dass man sie meistens nicht beim ersten Durchlesen versteht. Ich selbst fühle mich schon sehr gut vorbereitet, wenn ich die Texte auf dem Lernportal der Uni gefunden und ausgedruckt habe. Eine weitere Grundregel im Studium: Ausgedruckt ist schon halb gelernt.

Wenn ich von der Uni nach Hause komme, möchte ich mich eigentlich nur noch ins Bett werfen und bis zum nächsten Morgen durchschlafen. Leider geht das nicht. Wohnung putzen, Wäsche waschen, kochen, Hausaufgaben – irgendwie muss das alles zu schaffen sein. Wie genau das geht, ohne den Überblick zu verlieren, weiß ich nicht. Aber ich arbeite daran, einen Weg zu finden.

Das Einzige, was ich im Bereich der Haushaltsführung bis jetzt gelernt habe: Es erweist sich als fatal, dreckiges Geschirr eine Woche lang stehen zu lassen. Der Abwasch dann dauert nur noch länger – und ich durfte eingebrannte Essensreste mit einem Pizzamesser aus den Töpfen abkratzen, weil ich keinen anderen geeigneten Gegenstand dafür besitze. Ein bewährter Weg, den Abwasch so gering wie möglich zu halten, ist der Pizza-Service und das Mensaessen.

Aber auch die Freizeit kommt in Eichstätt nicht zu kurz. Vor allem in der Vorweihnachtszeit gab es zahlreiche Veranstaltungen, die man besuchen konnte.

Zum Beispiel das "Glühweinseminar", wo man lernt, mit randvoller Tasse in der Hand zu tanzen. Um das "Seminar" zu bestehen, muss man fünf Tassen Glühwein trinken. Leider habe ich es nicht bestanden, da meine Tasse bei Glühwein Nummer 2 heruntergefallen und zerbrochen ist.

Auch der Eichstätter Weihnachtsmarkt hatte seinen Charme. Natürlich kann er bezüglich seiner Größe nicht mit dem Nürnberger Christkindlesmarkt mithalten. Aber man kann hier kostenlos Schlittschuhfahren.

Das habe ich gleich mit einer Gruppe von Freunden ausprobiert, und während all die kleinen Kinder auf dem Eis fröhlich herumgefahren sind, standen wir in einer Ecke und haben versucht, nicht das Gleichgewicht zu verlieren und hinzufallen.

Über Weihnachten bin ich nach Hause gefahren und habe mich erholt. Denn jetzt geht wirklich der richtige Stress los: Anfang Februar stehen die Prüfungen an.

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