Juristische Hilfe auf dem weiten Weg zum Asyl

4.5.2015, 18:14 Uhr
Juristische Hilfe auf dem weiten Weg zum Asyl

© Foto: dpa

„Für das Thema Asyl interesssiere ich mich schon lange“, sagt Franziska Oehm, die am Erlanger Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Völkerrecht promoviert. Und als ihr eine Freundin aus Köln von der dortigen Refugee Law Clinic erzählte, dachte sie sofort: „Sowas brauchen wir hier auch!“

Anfangs hatte Franziska keinerlei Kontakte, kein Büro – nur die Idee. „Zuerst habe ich Prof. Andreas Funke vom Lehrstuhl für Öffentliches Recht mit ins Boot geholt.“ Auch von zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern habe sie Unterstützung erhalten. „Die ersten Monate, bis es richtig losging, war es schon viel Arbeit für mich“, meint sie.

Zur ersten Info-Veranstaltung kamen immerhin 40 interessierte Studierende. „Flüchtlinge sind ein Thema, das polarisiert“, sagt Franziska. „Viele wollen sich deshalb unbedingt engagieren“, glaubt sie.

Am Anfang des Sommersemesters fand ein Blockseminar statt, in dem Prof. Funke, Asylrechtsanwälte und Psychologen die Rechtsgrundlagen erläuterten und Tipps gaben, wie man mit bestimmten Situationen am besten umgehen soll.

Es wurde eine Beratungsstunde simuliert, um in Rollenspielen schon mal zu üben. Eine solche Schulung ist auch für das nächste Wintersemester geplant. Im Sommersemester 2016 soll es dann eine praxisbezogene Vorlesung zu Migrationsrecht geben, in der die Studierenden lernen, welche Gesetze im Asylverfahren und Migrationsrecht eine Rolle spielen. Außerdem können sie ein Praktikum bei einem Asylrechtsanwalt absolvieren. Danach kann es richtig losgehen.

In den Beratungsstunden mit den Flüchtlingen wird es zwei Schwerpunkte geben: Einerseits erklären die Studierenden die rechtliche Perspektive und den Ablauf des Asylverfahrens, damit die Flüchtlinge wissen, was überhaupt auf sie zukommt.

Andererseits werden die Flüchtlinge gezielt auf die Erstanhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorbereitet. Diese Anhörung ist entscheidend für den Ausgang des Asylverfahrens und beginnt meist mit einem Katalog von 25 Fragen. Der Flüchtling soll seine Fluchtgründe und seinen konkreten Reiseweg schildern.

Juristische Hilfe auf dem weiten Weg zum Asyl

© Foto: Lea-Verena Meingast

Da viele Flüchtlinge das meiste davon bei der Registrierung oder bei der Antragstellung schon einmal erzählt haben, sind sie oft sehr verunsichert. „Sie denken dann, sie hätten vielleicht etwas Falsches gesagt“, erklärt Franziska. „Deshalb wollen wir ihnen den Ablauf des Asylverfahrens genau erklären.“

Damit die Flüchtlinge nicht extra zur Beratung fahren müssen, sollen die Sprechstunden einmal in der Woche in der Erlanger Asylbewerber-Unterkunft in der Michael-Vogel-Straße stattfinden. „Die ehrenamtlichen Berater wechseln sich ab, so dass jeder drankommt und die zeitliche Belastung nicht zu hoch wird“, erläutert Franziska.

Die Beratung findet in einem Container statt, dem Büro der Ehrenamtlichen Flüchtlingsbetreuung in Erlangen. Damit sich die Studierenden mit den Flüchtlingen verständigen können, brauchen sie Dolmetscher: „Wir würden uns freuen, wenn uns Leute mit speziellen Fremdsprachenkenntnissen unterstützen“, sagt Franziska. Bisher hat der Verein Mitglieder, die Arabisch, Türkisch, Vietnamesisch, Amharisch und Russisch sprechen.

„Für Jura-Studierende ist unsere Refugee Law Clinic eine tolle Möglichkeit, Praxiserfahrung zu sammeln“, versichert Franziska. Nach den ersten Erfahrungen kann sie sich selbst gut vorstellen, später als Asylrechtsanwältin zu arbeiten: „Es ist ein Bereich, den ich mit Herzblut verteidigen möchte!“

Extra-Infos

Das Konzept für die Law Clinics stammt aus den USA und ist dort seit den 1960er Jahren nicht mehr aus der Juristenausbildung wegzudenken. Law Clinics, die oft einen bestimmten Schwerpunkt haben, ermöglichen einerseits die praktische Ausbildung der Studierenden und andererseits juristische Unterstützung für Leute mit wenig Geld.

In Deutschland jedoch war es jahrzehntelang verboten, dass angehende Juristen vor dem Examen beruflich tätig werden. Ein Gesetz aus der NS-Zeit hinderte sie daran.

Erst im Jahr 2007 änderte sich das mit der Reform des Rechtsdienstleistungsgesetzes. Seitdem entstehen auch im deutschen Raum kostenlose studentische Rechtsberatungen.

In München, Berlin, Leipzig und Gießen gibt es inzwischen Refugee Law Clinics, in denen Flüchtlinge kostenlos juristisch beraten werden. Nun ziehen Erlangen und Nürnberg nach.

Allerdings können die Studierenden nicht einfach so loslegen. Sie dürfen nur in Bereichen beraten, in denen sie gründlich geschult worden sind. Und auch dann dürfen sie nur unter Anleitung und mit Unterstützung von Volljuristen tätig sein.

47 Mitglieder hat der Verein „Refugee Law Clinic Erlangen-Nürnberg“ inzwischen. Darunter sind Jura-Studenten, aber auch Studierende der Fächer Soziologie, Islamwissenschaft, Politik und Psychologie. Die Initiative gliedert sich in fünf Ressorts: IT, Internes und Mitgliederorganisation, PR, Veranstaltungen und Wissensmanagement.

Für Studierenden kostet die Mitgliedschaft 15 Euro im Jahr. Dafür können die Vereinsmitglieder monatlich Fortbildungen besuchen. Geplant sind Vorträge von Psychologen, Anwälten und Mitarbeitern der Caritas.

Wer sich in der Refugee Law Clinic Erlangen-Nürnberg engagieren möchte, kann sich unter refugeelawclinicen@gmail.com per Mail melden oder zum nächsten Vereinsstammtisch kommen: Der findet ab heute jeweils am 1. Dienstag im Monat um 19.30 Uhr im Café Brazil in Erlangen, Bismarckstraße 25, statt.

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