Kranke Äffchen aufpäppeln

9.1.2016, 10:00 Uhr
Kranke Äffchen aufpäppeln

© Fotos: privat

„Und was machst du nach dem Abi so?“ Schon in der 9. Klasse wurde mir klar, was meine Antwort darauf sein würde: „Ich gehe ins Ausland.“ Nur, wohin? Und was dort tun? Relativ schnell wusste ich, dass ich nach Lateinamerika reisen will, um mein Spanisch zu verbessern. Über das genaue Ziel war ich mir allerdings noch nicht im Klaren.

Im Internet habe ich mich weiter informiert, über die jeweiligen Kulturen recherchiert und auf der Seite des Auswärtigen Amtes nachgesehen, welche Länder sicher sind und für mich daher infrage kommen. Auf der Jugendbildungsmesse (www.jugendbildungsmesse.de) in Bamberg fand ich eine kleine Organisation, CAS, die sich auf Austausche, Au-pair und Freiwilligendienste in Costa Rica spezialisiert hat.

Das war mir sehr sympathisch, nachdem die meisten Anbieter auf diesem Markt unzählige Zielorte und Projekte im Programm haben, für die der Preis vergleichsweise immens höher liegt, als bei dieser Firma, die sich auf ein Land beschränkt.

Leute vor Ort

Vorteil einer Organisation ist ein Ansprechpartner vor Ort, der sich im Notfall um mich kümmern kann. Inzwischen weiß ich, dass ich auch ohne die Kontaktperson in Costa Rica prima zurechtgekommen wäre und in Zukunft selbstständig reisen werde. Dennoch war es wichtig für mich und vor allem meine Eltern, zu wissen, dass ich nicht alleine in einem fremden Land dastehen würde.

Durch CAS erfuhr ich, dass man in Costa Rica bis zu 90 Tage verbringen kann, ohne ein Visum beantragen zu müssen. Somit buchte ich die Flüge so, dass exakt 89 Tage dazwischen lagen. Ich bekam über meine Organisation für die ersten zwei Wochen meines Aufenthaltes einen Platz in einer Sprachschule und bei einer Gastfamilie vermittelt sowie eine Bestätigung, für den Rest meiner Zeit in der Tierauffangstation „Jaguar Rescue Center“ zu arbeiten.

Damit waren die Grundpfeiler für mein Abenteuer gelegt. Die Wochen vor der Abreise musste ich mich noch um Versicherungen und eventuelle Impfungen kümmern, packen und auf den Startschuss hinfiebern. Und dann war es endlich so weit.

Da stand ich nun, nach einer 20-stündigen Reise, am Flughafen von San José. Drei Jahre Spanischunterricht, aber ich verstand nicht ein Wort. In den ersten zwei Wochen in Sámara, an der Westküste, änderte sich das Gott sei Dank, wobei mir der Sprachkurs, aber vor allem meine Gastfamilie halfen. Sie vermittelten mir auch mein erstes Bild von der Kultur Costa Ricas.

Erste Eindrücke von der Landschaft ergaben sich auf einem Wochenendausflug nach Monteverde im Landesinneren. Beschreiben kann man diese majestätischen Regenwälder kaum anders als: beeindruckend. Die Natur Costa Ricas ist für mich die schönste, die ich je außerhalb des Fernsehens gesehen habe.

Von Sámara aus fuhr ich nach San José, ins Landesinnere, und am nächsten Tag weiter an die Karibikküste Costa Ricas, nach Puerto Viejo. Schon in Sámara hatte mir die hohe Luftfeuchtigkeit zu schaffen gemacht, aber hier, an der Ostküste, kam es mir vor, als würde ich Wasser atmen. An Sport war nicht mehr zu denken – und in diesem Klima sollte ich arbeiten?

Als ich einen Tag später zum ersten Mal in der Tierstation stand, dachte ich gar nicht mehr daran, mir diese Frage zu stellen – an diesem Ort würde ich sogar bei zehn Grad mehr noch arbeiten! Im „Jaguar Rescue Center“ werden kranke oder verletzte Tiere versorgt, die teils von Privatpersonen gefunden, teils von den Behörden beschlagnahmt wurden. Affen, Faultiere, Vögel, Wildkatzen und viele andere leben im Center, bis sie wieder gesund, oder, im Fall von verlassenen Jungtieren, groß genug sind, um in der Wildnis zu überleben.

Kranke Äffchen aufpäppeln

© Fotos: privat

Da ich für längere Zeit im Center arbeitete als viele andere, hatte ich die Chance, Teil des Teams zu werden, das sich auf der Krankenstation mit den jüngsten und schwerer verletzten Tieren beschäftigt. So konnte ich Kontakt mit „Patienten“ haben, die die anderen Freiwilligen kaum je zu sehen bekamen. Meine Arbeit bestand hauptsächlich aus putzen, Futterschüsseln zusammenstellen und füttern. So unangenehm der Putzteil manchmal war – ich sage nur Waschbärdurchfall – , überwogen die Vorteile der Arbeit auf der Krankenstation: Ich habe Faultierbabys und kleine Affen gefüttert, bin mit unserem jungen Waschbären Gassi gegangen und konnte die täglichen Fortschritte unserer Tiere beobachten.

Außerdem konnte ich bei einer Operation und einer Autopsie assistieren. Denn leider konnten wir nicht immer alle Verletzungen oder Krankheiten erfolgreich behandeln, und es kam vor, dass ein sich auf dem Wege der Besserung befindlicher Patient eine Infektion bekam und uns unter der Hand wegstarb. Das war aber glücklicherweise die Ausnahme; die meisten konnten wir kurieren und aufpäppeln, und sie schließlich zurück in die Wildnis entlassen.

Lockerer Umgangston

Nicht nur wegen der Arbeit an sich würde ich dieses Programm jedem weiterempfehlen. Unter den Freiwilligen besteht eine sehr gute Atmosphäre, die vor allem durch den lockeren Umgangston untereinander zustande kommt. Fast alle sind interessante Menschen mit teilweise bemerkenswerten Lebensgeschichten.

Und keiner kommt auf die Idee, andere aufgrund von Alter, Auftreten oder Weltanschauung nicht für voll zu nehmen, wie es in Deutschland so oft der Fall ist. Vor allem wegen dieser Bekanntschaften sind diese drei Monate in Costa Rica für mich zu einer Erfahrung geworden, die ich nie vergessen werde.

Verwandte Themen


Keine Kommentare