Mein Nebenjob und ich

10.4.2018, 17:39 Uhr
Ein Nebenjob kann einen schnell mal überfordern.

© dpa Ein Nebenjob kann einen schnell mal überfordern.

Mein Nebenjob und ich, wir hatten Beziehungsprobleme. Es mag mit am Wetter gelegen haben. Aber ich bin überzeugt: Eigentlich lag es nur an ihm. Dabei fing es so gut an: Bei einem Bewerbungsgespräch kamen wir zusammen, und beim Unterschreiben des Vertrages waren wir beide glücklich. Das Büro war hell und schön. Aber die Flitterwochenphase währte nicht lange.

Ich gebe zu, dass ich nur wegen des Geldes mit ihm zusammen war – und weil er gut für den Lebenslauf war. Das war selbstverständlich keine gute Grundlage für eine Beziehung. Bald kam mir das Büro klein und muffig vor. Seine Forderungen waren mir zu hoch. Ich brauchte meinen Abstand.

Das interessierte ihn aber überhaupt nicht. Er wollte seine Zeit mit mir verbringen und beharrte darauf. Und nicht nur das: Die bezahlten Arbeitsstunden reichten für seine Ansprüche an mich bei weitem nicht. Ich musste mich jeden Monat über die Maßen anstrengen, um die am Monatsende liegenden Fristen zu erfüllen.

Er sah das anders. Ich wollte die Beziehung nicht aufgeben, und so verbog ich mich, um ihm zu gefallen. Er dagegen schien jedes Interesse an mir zu verlieren, solange ich nur anwesend war und die Fristen einhielt.

Meine Freunde fragten mich schon eine Weile, wieso ich mir das noch antat. Ich verwies stets auf das Geld, welches mich jeweils am Monatsende wieder besser gestimmt machte.

Das verstanden meine Freunde auch, da sie so wie ich Studenten sind. Das versteht wohl jeder Student. Und so kämpfte ich weiter um die Beziehung. Bis es mir reichte.

Ich muss leider zugeben, dass ich nicht treu war. Ich hatte auch noch eine weitere Beziehung zur gleichen Zeit – die Uni! Und die Uni war nicht glücklich darüber, dass ich sie für Geld betrog. Sie überhäufte mich mit Hausarbeiten, Referaten und Prüfungen und stellte mich vor die Wahl: "Er oder ich! Beides geht nicht."

Ich sah meinen Nebenjob lange an: Das kleine, miefige Büro und die harten Fristen. Und meine Entscheidung war gefallen, noch ehe ich wirklich darüber nachgedacht hatte. Ich reichte die Trennung wegen Meinungsverschiedenheiten ein.

Meine Chefin hatte unsere Beziehungsprobleme leider mitbekommen, und dementsprechend enthielt das Zeugnis dann die Klassiker "war stets bemüht" (heißt: "schaffte es nicht") und "erzielte gute Arbeitsergebnisse" (bedeutet: "keine sehr guten").

Das Zeugnis in meiner Bewerbungsmappe erinnert mich nun wie ein Tattoo mit dem Namen des Ex an die gescheiterte Beziehung. Das Bachelor-Zeugnis der Uni dagegen erinnert mich wie eine Heiratsurkunde an die erfolgreiche Beziehung zur Uni. Sie war zwar auch nicht immer glücklich, aber so sind Ehen nun mal.

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