Mit Reifen schießen: Akrobatik auf dem Fahrrad

25.8.2015, 18:19 Uhr
Mit Reifen schießen: Akrobatik auf dem Fahrrad

© Viktoria Feifer

Dominik (15) überlegt nicht lange, als Kevin (15) ihm den Ball zuspielt. Die beiden Jungs im gelb-blauen Trikot sind ein eingespieltes Team. Blitzschnell feuert Dominik den Ball aufs gegnerische Tor.

Ein lautes „Bumm“ ertönt in der Halle. Dennis (15), der Torwart, fängt den Ball mit seinem Hinterrad ab. „Gut“, ruft Maximilian (15), Dennis‘ Mannschaftskollege. In Zweier-Teams versuchen die Jungs vom Rad- und Motorsport-Club (RMC) Lohengrin Stein das Runde ins Eckige zu schießen: auf Spezialfahrrädern, mit dem Vorderrad.

Zwei mal fünf Minuten

Die einzelnen Mannschaften, bestehend aus je zwei Jugendlichen, tragen in der Turnhalle der Grundschule Stein Übungsspiele aus: In zwei mal fünf Minuten versuchen die Spieler, so viele Tore wie möglich zu erzielen.

Wegen der kurzen Spieldauer messen sich die Mannschaften bei Radball-Turnieren. Die Jugendlichen spielen gegen andere Zweier-Teams, die in der gleichen Altersklasse sind: zum Beispiel bei den bayerischen Landesmeisterschaften.

Während des Trainings bereiten sich die Jungs auf eine richtige Spielsituation vor. Obwohl die Gesamtspielzeit gerade mal zehn Minuten beträgt, fahren die Spieler verschwitzt und mit von der Anstrengung geröteten Wangen vom Spielfeld. Sie müssen ihr Rad während der gesamten Spielzeit unter Kontrolle halten: absteigen ist nicht erlaubt. Sie dürfen den Ball auch nur mit ihren Rädern fortbewegen. Mit Händen oder Füßen werfen oder kicken ist streng verboten. Nur der Torwart darf die Hände benutzen: zur Ballabwehr bei einem Torschuss.

Um 360 Grad drehen

Die Spezialräder sehen anders aus als normale Fahrräder. Der Lenker hat eine U-Form: Die Enden der Lenkradstange sind leicht nach vorne gebogen, damit die Sportler das Rad besser kontrollieren können. Der Sitz ist am Oberrohr befestigt und befindet sich direkt über dem Hinterrad.

Bei normalen Rädern ist der Sattel weiter vorne.

Außerdem haben die Fahrräder der Radball-Spieler keinen Freilauf. Das bedeutet, die Spieler können vor- und rückwärts fahren. Und Vorderrad und Lenkrad können um 360 Grad gedreht werden. Dadurch sind schnelle Schussbewegungen möglich.

„Zeit zum Sitzen hat man während eines Spiels eigentlich keine“, sagt RMC-Vorsitzender und Trainer Kurt Mlady. Wer einmal beim Radball zugeschaut hat, versteht warum. Die Spieler rasen von einer Spielfeldseite zur anderen — mit vollem Körpereinsatz: Blitzschnell umdrehen auf dem Hinterrad – bei den Jungs sieht das so aus, als gäbe es nichts Einfacheres.

Boden nicht berühren

Was ist das Anstrengendste beim Radball? „Eigentlich, dass man während der Spielzeit durchgehend fährt“, sagt Maximilian. Beim Radball dürfen die Spieler den Boden nicht berühren. „Wem das passiert, der muss hinter die Torauslinie fahren“, erklärt Dennis. „Aber das Spiel läuft trotzdem weiter.“ Dann heißt es zwei gegen einen – wenn auch nur für kurze Zeit. Das wollen die Teams natürlich vermeiden.

Deshalb sind Gleichgewichts-, Ballführungs-, Torschuss- und Standübungen ein Muss bei jedem Training: Maximilian bringt sein Rad zum Stehen. Vor dem Sattel geht er in die Hocke, lässt mit einer Hand das Lenkrad los und berührt mit ihr den Boden. Das Rad hält er im Gleichgewicht, während er die Übung macht – es bewegt sich keinen Zentimeter vom Fleck.

Üben, üben, üben

Bis die jüngsten Spieler, Georg und Jakob, so weit sind, heißt es: üben, üben, üben. Die Zwillinge sind mit ihren fünf Jahren schon ziemlich sicher auf den Rädern unterwegs.

Sie üben mit Trainer Lars Günther noch das Stehenbleiben auf dem Rad: Dafür stellen sie sich auf die Pedale ihrer Räder, stehen vom Sitz auf und drehen das Vorderrad quer. So ganz haben Georg und Jakob den Dreh noch nicht raus: Ihr Trainer muss sie noch halten, damit sie nicht umkippen. Aber von Mal zu Mal werden die Jungs besser. „Bis man den Ball überhaupt vom Fleck bewegen kann, dauert es ungefähr ein Vierteljahr“, weiß Trainer Kurt Mlady.

Das ist auch die Zeit, in der die meisten Schüler abspringen. „Aber wer es einmal geschafft hat, den Ball abzuspielen, bleibt meistens auch beim Radballspielen.“

Übrigens: Wer Lust bekommen hat, die außergewöhnliche Sportart auszuprobieren, kann spontan zum Schnuppertraining beim RMC Lohengrin Stein vorbeischauen. Das Training findet jeden Donnerstag von 17 bis 19 Uhr in der Schulturnhalle der Mittelschule Stein (Neuwerker Weg 29, Stein/Deutenbach) statt. Die Fahrräder bekommt ihr vor Ort vom Verein.

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