Planen Sie noch oder sind Sie schon motiviert?

3.1.2018, 12:18 Uhr
Eine typische Liste mit guten Vorsätzen für das neue Jahr. Meistens halten sie nicht lange.

© Arno Burgi/dpa Eine typische Liste mit guten Vorsätzen für das neue Jahr. Meistens halten sie nicht lange.

Stress vermeiden, Sport treiben und mehr Zeit mit Familie und Freunden verbringen. Kommt Ihnen das bekannt vor? Diese Vorsätze kommen alle Jahre wieder in den meisten Umfragen vor.

Zufall oder nicht – diese Vorsätze entsprechen genau den drei Zielkategorien in der Psychologie. Mehr Zeit mit der Familie verbringen – das ist ein soziales Ziel. Sport treiben – das gehört zu den leistungsthematischen Zielen. Außerdem gibt es noch die Kategorie emotionale Ziele: Angenehmes erfahren, Unangenehmes vermeiden. Weniger Stress bedeutet mehr Zeit für Freude im Leben und weniger Kummer im Alltag.

Unsere Ziele stecken wir uns jedoch nicht immer selbst. Manchmal vereinbaren wir sie auch mit anderen. Oder wir bekommen sie sogar von anderen vorgegeben. Solche Ziele bezeichnet die Psychologie als explizite Ziele.

Prof. Oliver Schultheiss, Motivationspsychologe und Leiter des Lehrstuhles Psychologie II in Erlangen, erklärt, dass langfristige Ziele erst durch diese explizite Verhaltenssteuerung möglich sind. Explizite Ziele bringen uns dazu, etwas zu tun, wovon wir uns etwas Positives erwarten.

Mehr Sport bedeutet zum Beispiel mehr Kondition oder einen flacheren Bauch. Dabei ist es erst mal zweitrangig, ob wir Spaß an der Tätigkeit selbst haben oder nicht.

Lange Zeit wurde in der psychologischen Forschung vermutet, dass der Mensch selber genau weiß, was ihn antreibt. Doch den drei amerikanischen Psychologen David Mc Clelland, Richard Koestner und Joel Weinberger gelang es, nachzuweisen, dass der Mensch auch eine sogenannte implizite Motivation besitzt.

Diese implizite Motivation ist uns in der Regel gar nicht bewusst. Laut Prof. Schultheiss sorgt sie für emotional gesteuertes Verhalten, das durch bestimmte Situationen ausgelöst wird. Wir merken dabei oftmals nur, ob uns etwas guttut oder nicht.

Diese Emotionen ordnen wir aber oft den falschen Ursachen zu. "So bleiben uns die motivationalen Muster unseres Verhaltens oft verborgen", erläutert Schultheiss, "auch wenn wir alle glauben, genau zu wissen, was uns ticken lässt."

Einteilung in drei Typen von Menschen

Generell werden in der Psychologie drei große Motiv-Systeme unterschieden: Leistung, Macht und Bindung.

● Leistungsmotivierte Personen haben Spaß an der Auseinandersetzung mit einem Gütemaßstab, zum Beispiel dabei, eine neue Bestzeit beim Joggen zu erreichen. Und sie mögen persönlich anspruchsvolle Aufgaben, die gerade noch zu lösen sind.

● Machtmotivierte Personen lieben es, Einfluss auf andere zu haben und Führungspositionen zu besetzen. Sie wirken oft kompetent und können andere gut überzeugen.

● Bindungsmotivierte Personen sind gerne mit anderen Menschen zusammen und schließen gerne neue Freundschaften. Sie sind hilfsbereit, kooperativ und meiden Wettbewerb und Konfrontation.

Diese drei Motiv-Systeme können wir uns vorstellen wie eine Brille. Durch diese Brille nehmen wir in jeder Situation bestimmte Dinge anders wahr als andere. Beispielsweise sieht jemand mit einer Bindungsmotiv- Brille bei einem Team-Meeting eher Gelegenheiten, bei denen er mit seinen Kollegen zusammenarbeiten kann.

Jemand mit einer Machtmotiv-Brille erkennt eher Chancen, die Gruppe in eine bestimmte Richtung zu führen. Die meisten Menschen sind von einem oder zwei Motiv-Systemen geprägt.

Der entscheidende Punkt ist nur: Explizite, also von außen auf uns einwirkende, und implizite, also unbewusst in uns schlummernde Motive sind grundsätzlich voneinander unabhängig. Nur weil wir uns zum Beispiel als einen leistungsstarken Mensch wahrnehmen, heißt das nicht, dass wir auch leistungsmotiviert sind.

Laut Prof. Schultheiss stimmen das explizite und das implizite System ungefähr so gut überein, "wie man beim Wurf einer Münze das Ergebnis richtig vorhersagen kann: zu 50 Prozent".

Der Forscher untersuchte, was passiert, wenn explizite Ziele und implizite Motivation nicht zueinander passen. Er fand dabei heraus, dass explizite Ziele häufig auf Kosten unserer eigentlichen Bedürfnisse verfolgt werden. Dadurch fühlen wir uns oft unzufrieden.

Nehmen Sie sich jedes Jahr aufs Neue vor, mehr Sport zu machen? Und jedes Jahr scheitern Sie? Womöglich passen Ihre Vorsätze einfach nicht zu Ihren impliziten Motiven! Vielleicht sind Sie eher bindungsmotiviert, und eine Gruppensportart wäre besser für Sie geeignet als alleine zu trainieren.

Doch wie sollen wir Ziele formulieren, die wirklich zu uns passen, wenn unsere impliziten Motive doch nur schwer zugänglich sind? "Als Mensch haben wir die Fähigkeit, zukünftige Handlungen und Ergebnisse in unserem Kopf ausführlich und anschaulich zu simulieren. Bei diesem Vorgang spricht man von Zielimagination", erklärt Schultheiss.

Auf Gefühle achten!

Nehmen Sie sich also einen Ihrer guten Vorsätze und fangen Sie ganz bewusst an, sich diesen auszumalen. Wie wäre es, wenn Sie joggen gehen würden? Wie sieht die Situation aus? Sind Sie alleine? Trainieren Sie für einen Wettbewerb? Achten Sie dabei genau auf die Gefühle, die Sie empfinden, während Sie sich Ihr Ziel ausmalen.

Wenn man positive Gefühle während der Zielimagination verspürt, "bekommt man eine Ahnung, ob ein potenzielles Ziel zu den eigenen Bedürfnissen passt. Denn es löst einen anschiebenden Effekt aus", erklärt Schultheiss.

Weiterhin rät er: "Nehmen Sie sich Zeit, vor einer wichtigen Entscheidung für oder gegen ein Ziel, dessen Verfolgung und Erreichung mental in aller Ruhe auszuloten. Dann werden Sie eine bessere Übereinstimmung zwischen expliziten Zielen und impliziten Motiven erzielen." Stimmt beides überein, fällt es uns leichter, unser Ziel zu erreichen. Vielleicht können Sie sich so für das Jahr 2018 die optimalen Ziele stecken und gleich planen, welche neuen Vorsätze Sie sich für 2019 setzen wollen.

Verwandte Themen


Keine Kommentare