„Seid willkommen, ihr jungen Flüchtlinge !“

21.1.2016, 17:46 Uhr
„Seid willkommen, ihr jungen Flüchtlinge !“

© Stefan Hippel

Nennen wir ihn einfach mal Sam. Sam ist ein unbegleiteter minderjähriger Flüchtling. So heißen Jungs (seltener Mädels), die vielleicht 16, 17 Jahre alt sind und mutterseelenalleine in Nürnberg aufschlagen. Sie kommen aus Afrika oder aus Asien und wollen Krieg, Verfolgung, Leid, Not und Elend hinter sich lassen.

Sam lebt seit dem vorigen Spätsommer in einer sogenannten Clearingstelle. Das ist eine Unterkunft für solche Flüchtlinge, die ihnen das Leben in den riesigen Sammelunterkünften für Erwachsene erspart. Aber irgendwann muss Sam dort wieder raus, Platz für Neuankömmlinge schaffen. Und er will das auch.

Inzwischen hat Sam genug Deutsch gelernt, um einigermaßen zurechtzukommen. Aber vom wirklichen Leben im fremden Deutschland weiß er noch sehr wenig. Wie suche ich eine Wohnung? Wie finde ich einen Ausbildungsplatz? Was mache ich, wenn ich krank bin? Woher kriege ich Geld?

Projektarbeit in drei Semestern

Um Sam solche Fragen zu beantworten, „haben die Mitarbeiter in den Clearingstellen nicht genügend Zeit. Die sind mit organisatorischen Aufgaben mehr als ausgelastet“, sagt Olaf Forkel, Leiter der Rummelsberger Dienste für junge Menschen.

Vor diesem Hintergrund reifte die Idee: Wir lassen dieses Problem von Studenten lösen. Und zwar von Studenten des Fachs Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule Nürnberg (EVHN). Die haben in den letzten drei Semestern ihres Studiums eine Projektarbeit zusammen mit einem externen Partner der Hochschule erstellt, wie Prof. Karl Titze, Leiter des Studienschwerpunktes „Soziale Arbeit mit Familien“ erläutert. Und unter das Stichwort „Familien“ fallen im weitesten Sinne eben auch unbegleitete Jungs wie Sam.

Für die Studentinnen Sarah Rothfritz, Carina Wagner, Jutta Happel und Maria Forkel kam die Idee zu dieser Projektarbeit gerade recht. Maria hatte bereits mit Flüchtlingen gearbeitet, die von der Rummelsberger Diakonie betreut werden. Und die anderen „wollten in der Projektarbeit etwas machen, bei dem am Ende auch etwas herauskommt“, sagt Carina Wagner.

Auf diese Weise entstand vor etwa einem Jahr die Idee, gemeinsam mit der Diakonie Rummelsberg eine Informationsbroschüre für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge zu erarbeiten, die inzwischen schon etwas Deutsch können und auf dem Sprung sind aus der Gemeinschaftsunterkunft in die Eigenständigkeit – wie Sam.

Jetzt ist die Broschüre fertig, gestern wurde sie offiziell vorgestellt. Sie heißt „Herzlich willkommen in Nürnberg“, und auf 16 Seiten haben die vier Studentinnen wichtige Informationen zusammengefasst, die jungen Menschen wie Sam den Übergang aus der Flüchtlingsunterkunft in unsere Gesellschaft erleichtern sollen.

100 Arbeitsstunden pro Nase waren in dem entsprechenden Studienmodul vorgesehen, theoretisch. „Aber praktisch hat jede von uns mindestens 250 Stunden in das Projekt reingesteckt“, sagt Jutta Happel. „Die Arbeit an der Broschüre war sehr intensiv“, bestätigt Carina Wagner.

Sie und ihre Kommilitoninnen haben oft mit den Experten in der Clearingstelle, den Wohngruppen und den ambulanten Diensten der Rummelsberger Diakonie diskutiert. „So erhielten wir Informationen aus erster Hand und konnten sicher sein, dass wir auch wirklich Infos aufnehmen, die speziell für junge Flüchtlinge relevant sind“, sagt Sarah Rothfritz. Eine zusätzliche Hürde: „Allein im vorigen Jahr haben sich viele Vorschriften immer wieder geändert.“

Auch für andere Städte?

Damit die Broschüre auch bei den jungen Flüchtlingen gut ankommt, haben die Studentinnen ihr Werk von capito Nordbayern, dem Kompetenzzentrum für Barrierefreiheit der Rummelsberger Diakonie, testen lassen. Grafisch umgesetzt wurde das Heft von Mitarbeitern des Berufsbildungswerks Rummelsberg.

Die Studentinnen freuen sich sehr, ihr Werk jetzt in Händen zu halten. Und Prof. Titze lobt ihre Mühe: „Da steckt deutlich mehr drin, als man auf den ersten Blick von außen sieht.“ Alle Beteiligten können sich gut vorstellen, dass man das Konzept der Broschüre auch auf andere Städte ausweitet.

Denn die Kernbotschaft an die jungen Flüchtlinge bleibt immer gleich: „Wir heißen dich willkommen und sehen dich als Menschen. Wir tun alles, um dich zu unterstützen.“

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