Spende an Krebskranke: Haare ab für den guten Zweck

8.4.2017, 10:00 Uhr
Spende an Krebskranke: Haare ab für den guten Zweck

© privat

"Du hast dir deine Haare abschneiden lassen?" - ungläubige Blicke von meinen Freunden gehörten in den ersten Tagen dazu. Und ja: Ich habe meine Haare abschneiden lassen, weil ich sie spenden wollte.

Hintergrund ist, dass in Deutschland jährlich etwa eine halbe Million Menschen an Krebs erkrankt, darunter 1800 Kinder. Für die Patienten stellt diese Diagnose das komplette Leben auf den Kopf, da sich von nun an alles um die Krankheit, Untersuchungen, die Behandlung, die Heilungschancen und die Medikamente dreht.

Als wäre das nicht schon schwer genug, selbst mit so einer Diagnose umzugehen, können viele Krebskranke ihre Krankheit nach den ersten Chemotherapie-Behandlungen auch nicht mehr vor der Öffentlichkeit verbergen: Die Haare fallen aus. Besonders Kinder leiden oft unter Hänseleien von Klassenkameraden und fühlen sich ausgegrenzt.

Teure Perücken

Na ja, so schlimm ist das doch nicht, mag sich wohl der ein oder andere denken. Da setzt man sich eine Perücke auf, dann fällt das doch gar nicht mehr so auf. Was viele jedoch nicht wissen ist, dass maßgeschneiderte Perücken teilweise bis zu 3000 Euro kosten. Das Knüpfen einer einzigen Perücke benötigt bis zu drei Wochen Arbeitszeit, in denen 80.000 bis 100.000 Stiche gesetzt werden.

Außerdem reicht nicht ein einziger Zopf, sondern man braucht etwa fünf Zöpfe Haar, um ein Exemplar herzustellen. Und Echthaar ist sehr teuer. Vor allem naturbelassene Haare von Europäern sind auf dem Markt kaum zu finden, da viele ihre Haare färben oder sich Dauerwellen machen lassen.

Perücken aus Kunsthaar sind zwar eine billigere Alternative, bieten jedoch lange nicht den Tragekomfort wie das Echthaar. Da viele Erkrankte wegen der hohen Behandlungskosten nicht auch noch das nötige Geld besitzen, um sich so eine Perücke zu kaufen, haben sich gemeinnützige Organisationen gegründet. Diese rufen die Bevölkerung dazu auf, ihr Haar zu spenden statt es zu verkaufen. So fällt die Produktion viel billiger aus, und eine Perücke wird erschwinglich.

Der Gedanke, meine Haare zu spenden, war schon länger in meinem Kopf. Bei meinen Recherchen im Internet stieß ich dann allerdings auf ein paar Voraussetzungen, die das Spenderhaar haben sollte:

1. Die Haarspende muss mindestens 20 bis 25 Zentimeter lang sein (abhängig von der Organisation).

2. Das Haar muss naturbelassen und unbehandelt sein.

3. In einem Plastikbeutel verpackt wird das zusammengebundene beziehungsweise geflochtene Haar verschickt.

So habe ich ein paar Monate gewartet, bis mein Haar lang genug war und ging schließlich zum Friseur. Meine Friseurin machte im wahrsten Sinne des Wortes "kurze Sache": Zuerst schnitt sie die strapazierten Spitzen und maß mein Haar vom Ansatz – 60 Zentimeter. Dann überlegte sie, wie viel man davon abschneiden konnte, damit die Frisur nicht zu kurz sein würde.

Nachdem der Zopf geflochten war, kam schon die spannendste Stelle der Prozedur: Die Schere kämpfte sich durch meinen dicken Zopf. Was sich für mich wie eine Ewigkeit anfühlte, dauerte in Wirklichkeit nur 30 Sekunden, und dann war es passiert: Der Zopf war ab. Er maß stolze 31 Zentimeter. Danach wurde er in einen Plastikbeutel gesteckt und fortgeschickt.

Geschenk für Kinder

An welche Organisation man spenden möchte, sollte jeder für sich entscheiden. Es gibt Organisationen, die das Spenderhaar annehmen, dann weiterverkaufen und den Erlös wiederum spenden. Andere hingegen kümmern sich zusätzlich um die Perückenherstellung und verkaufen die fertigen Exemplare billiger oder schenken sie gar betroffenen Menschen.

Ich hatte mich für den Verein "Haarfee" aus Österreich entschieden, da er selbst geknüpfte Perücken an krebskranke Kinder verschenkt und damit mein Haar zu 100 Prozent dort landet, wo ich es haben wollte.

Hat man keine langen Haare und möchte sich trotzdem wohltätig einsetzten, gibt es auch die Möglichkeit, Geld zu spenden. Schließlich fallen Materialkosten an, und der Perückenmacher sollte entsprechend entlohnt werden.

Viele meiner Freundinnen ärgerten sich nach meiner Erzählung, dass sie selbst nicht daran gedacht hatten, ihr Haar zu spenden. Vielleicht kann ich hiermit den einen oder anderen dazu inspirieren, beim nächsten Friseurbesuch an diese wohltätige Aktion zu denken.

Für uns ist es nur ein neuer Haarschnitt, für Betroffene jedoch ein möglicher Weg, um das verlorene Selbstwertgefühl und damit auch ein Stück Lebensqualität zurückzugewinnen.

Wem der Gang zum Friseur zu teuer ist: Es gibt auch Salons, die die Haarspender unterstützen, indem sie einen billigeren oder kostenlosen Haarschnitt anbieten – fragt einfach nach!

An diese Non-profit-Organisationen könnt ihr eure Haare schicken:

*Haarteam Rieswick in NRW: www.haare-spenden.de

*Hairfax in Baden-Württemberg: www.hairfax.de

*BVZ Rapunzel in Baden-Württemberg: www.bvz-rapunzel.de

*Haarfee in Österreich: www.vereinhaarfee.at

*Haarwensen in den Niederlande: www.haarwensen.nl

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