Studentenwerk saniert "Alexandrinum" in Erlangen

23.3.2017, 21:18 Uhr
Studentenwerk saniert

Irrenanstalt. Partykeller. Müllhalde. Partnervermittlung. Das "Alex" hat viele Namen. Die meisten Erlanger Studenten kennen das Wohnheim wahrscheinlich von den wilden Partys, die hier jeden Donnerstag in der heimeigenen Bar gefeiert wurden. Ab 22 Uhr ging es los, ein Ende war nie festgelegt. So torkelten nicht selten die Letzten erst um 8 Uhr in der Früh aus dem Keller.

Die meisten Besucher sind sich einig: Zum Feiern ist das "Alex" super, aber hier wohnen? Lieber nicht! Ein Gast sagt: "Ich kenne deren Küchen, ich könnte hier niemals etwas essen." In der Tat haben sich die rund 20 Bewohner eines Flurs eine Gemeinschaftsküche mit zwei bis drei Gasherden geteilt. Dort stapelte sich häufig dreckiges Geschirr und die Mülleimer quollen über. Nach dem Umbau wird jedes Zimmer eine eigene Küche und ein eigenes Bad haben. Bislang gab es zwei Duschen und drei Toiletten, die oft verstopft waren, auf jedem Flur. Deshalb war das Wohnheim unterteilt in einen Trakt für Frauen und einen für Männer.

Trotzdem gibt es Studenten, die hier zehn Jahre gelebt haben. Manche, die gar nicht mehr weg wollten und vor der Schließung sogar einen Trauerzug durch die Erlanger Innenstadt für ihr altes Wohnheim veranstaltet haben.

Stefanie Schober hat mehr als fünf Jahre im "Alexandrinum" gelebt. Sie studiert Pharmazie im letzten Semester und weiß: "Entweder man liebt das Alex oder man hasst es. Manche halten es keinen Monat hier aus und andere wollen am liebsten gar nicht mehr weg."

Wohnheimsleiter Markus Stamm ist davon überzeugt, dass die Gemeinschaft das "Alex" zu etwas Besonderem macht und von anderen Unterkünften unterscheidet. "Das ganze Haus ist eine große Wohngemeinschaft, weil wir uns alle kennen, Sachen miteinander unternehmen, Kontakt haben und Freunde oder Kumpels werden." Viele Ehemalige kommen noch immer regelmäßig vorbei. Durch die teilweise sehr langen Wohnzeiten – es gab keine Begrenzung im "Alex" – sind oft tiefe Freundschaften entstanden, die auch nach dem Auszug noch halten.

Dazu haben auch zahlreiche Unternehmungen beigetragen, Wohnheimsfahrten nach Berlin und Prag und interne Partys, wie Nikolausfeier oder Helferfest, für alle, die beim Sommerfest geholfen hatten.

So dreckig wie heute war es nicht immer im "Alex". Leiter Markus Stamm erinnert sich noch gut an seine eigene Zeit als Student im vierten Stock. Damals beriefen die Bewohner sofort eine Flurversammlung ein, sobald ungespültes Geschirr in der Küche stand. "Früher fand ich das noch wahnsinnig übertrieben", sagt er. "Aber wenn ich an die heutigen Verhältnisse denke, ärgere ich mich immer, dass ich es damals nicht geschätzt habe." Wie lange Stamm schon im "Alex" wohnt, ist eines der vielen Wohnheim-Rätsel, die nie gelöst wurden.

Dagegen entsprechen die Mythen, Neuzugänge müssten Initiationsriten wie bei amerikanischen Studentenverbindungen überstehen und würden zum Alkoholkonsum gezwungen, nicht der Wahrheit. Im "Alex" konnte jeder tun und lassen, was er wollte.

Trotzdem sind einige verrückte Dinge passiert, die auch gut in einen Hollywood-Film passen würden. Als das Wohnheim in den 50er Jahren noch ganz neu war, befand sich im Keller ein Röntgenraum, in dem Tuberkulose-Vorsorgeuntersuchungen gemacht wurden. Zur Blütezeit des Party-Wohnheimes schafften die Studenten auch einiges unnützes Zeug an: Eine Seifenblasenmaschine füllte den kompletten Garten mit Seifenblasen und ein fliegender Hai schwebte mit Helium befüllt durch die Gänge.

Egal welche Namen das "Alexandrinum" über die Jahre bekommen hat, eines steht fest: Für die Alexandriner war es mehr als nur ein Wohnheim. Es war ein Ort, der die Studienzeit zu etwas Besonderem machte. Der jedem Ersti den Einstieg in der fremden Stadt erleichterte und dessen Bewohner eine zweite Familie wurden. Es war eben ein richtiges Zuhause.

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