Uralte Geheimnisse im Boden von St. Helena

13.6.2017, 13:49 Uhr
Bei einer Lehrgrabung von Erlanger Archäologen haben Studenten hallstattzeitliche Gräber bei St. Helena auf der Fränkischen Alb freigelegt.

© UF Bei einer Lehrgrabung von Erlanger Archäologen haben Studenten hallstattzeitliche Gräber bei St. Helena auf der Fränkischen Alb freigelegt.

Das weitaus bekanntere St. Helena ist eine Insel im Südatlantik, auf die Napoleon verbannt wurde. Aber es gibt auch ein St. Helena im Landkreis Nürnberger Land, etwa 30 Kilometer östlich von Erlangen und vier Kilometer nördlich von Simmelsdorf.

Für den archäologischen Laien ist die dortige Gegend nichts anderes als das Opfer der Flurbereinigung. Doch weil in der Nähe andere archäologische Fundstätten liegen, vermuteten Kenner schon länger: Auch bei St. Helena verbirgt sich was im Boden. Der Sammler Armin Thomschke aus der Region schließlich entdeckte im Jahr 1982 dort eine Fundstätte und meldete sie ordnungsgemäß den zuständigen Behörden.

In diesem Fall war der Sammler "ein Segen für die wissenschaftliche Archäologie", erklärt Doris Mischka, Professorin für Ur- und Frühgeschichte an der Uni Erlangen-Nürnberg. "Denn in vielen Fällen liefern uns solche Sammler wichtige Informationen, die wir sonst gar nicht hätten."

Die Kehrseite der Sammelleidenschaft seien allerdings Leute, "die Fundstellen plündern, ohne Verständnis dafür aufbringen zu können, dass eine professionelle Bearbeitung wesentlich mehr wissenschaftliche Informationen zu bieten hat als die schönsten Einzelfunde". In St. Helena wurden die Profis aktiv.

Inzwischen haben die Erlanger Ur- und Frühgeschichtler in Verlauf einiger Sommer mehrere "verdächtige" Hügel bei St. Helena näher untersucht. "In einem Fall handelt sich um die Grablege einer Frau aus der jüngeren Hallstattzeit, also aus der Zeit von etwa 620 bis 510 vor Christus", erklärt Doris Mischka. Ihre Zeitgenossen hatten der Toten einiges mit ins Grab gepackt: Metallschmuck, Hals- und Armringe, eine Bernsteinperlenkette und diverse Keramikgefäße.

In einem anderen Hügel fanden die Forscher einzelne Reste eines zwischen 750 und 700 vor Christus bestatteten Mannes: Fragmente von Beinknochen, Teile des Schädels sowie Zähne.

"Der Tote hatte einen großen gedrechselten Bernsteinring von fünf Zentimetern Außendurchmesser bei sich", berichtet Doris Mischka. Außerdem konnten die Forscher mehrere kleine Bronzenadeln bergen, deren Schäfte teilweise abgebrochen waren. "Anhaftende Textilreste belegen", erklärt die Professorin, "dass die Nadeln an der Kleidung angebracht waren."

Neben dem Toten lag ein nicht besonders gut erhaltenes Eisenschwert, dessen Spitze zum Kopf des Mannes zeigte. Es zählt laut Doris Mischka zu den ältesten Eisenschwertern, die bisher in der Region gefunden wurden.

"Die Entdeckungen in St. Helena zeigen, dass auch noch in der heutigen Zeit, trotz intensiver Landschaftsveränderungen durch den Menschen bislang unbekannte Fundplätze entdeckt werden können", meint die Professorin. "Wenn diese gut erhalten sind, können wir in der Regel neue Erkenntnisse über das Leben und Sterben von Menschen aus prähistorischer Zeit gewinnen."

Ein Beispiel für die Funde in den Grabhügeln bei St. Helena: eine Schale, auf der Fachleute eine Graphitbemalung und eine Stempelverzierung erkennen.

Ein Beispiel für die Funde in den Grabhügeln bei St. Helena: eine Schale, auf der Fachleute eine Graphitbemalung und eine Stempelverzierung erkennen. © UF

Unter der Überschrift "Tag der Metallzeiten" veranstaltet das Erlanger Institut für Ur- und Frühgeschichte am Samstag, 17. Juni, ein Sommerfest für alle Interessierten. Von 10 bis 18 Uhr wird im und rund um das Institutsgebäude Kochstraße 4 ein buntes Programm geboten.

Unter anderem gibt es Vorträge, Mitmach-Aktionen (auch für Kinder) sowie Führungen durch die Ur- und Frühgeschichtliche Sammlung der Universität Erlangen-Nürnberg. Sie umfasst etwa 200 000 Objekte von mehr als 800 Fundorten auf allen Kontinenten der Erde.

Die Zeitspanne der Exponate reicht von den Anfängen der Menschheit bis zur Frühen Neuzeit. Durch Ankäufe, Schenkungen und eigene Ausgrabungen des Instituts wird der Bestand der Sammlung stetig erweitert. Ein Förderverein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bestände finanziell und ideell zu fördern.

Beim "Tag der Metallzeiten" werden außerdem Studierende anhand von Posterpräsentationen und Originalfunden ihre aktuellen Projekte vorstellen. Im sogenannten Amphitheater vor dem rückwärtigen Eingang des Gebäudes Kochstraße 4 demonstriert Bastian Asmus die Herstellung von Bronzeartefakten.

Gleichzeitig haben Sammler und Finder von Artefakten die Möglichkeit, ihre Funde durch die Studierenden und Mitarbeiter des Instituts sowie durch Experten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege bestimmen zu lassen.

Der genaue Zeitplan ist über den Kurzlink http://tinyurl. com/y9pt9tdd erreichbar; Infos zum Förderverein: www.uf.uni-erlangen.de/?page_id=180

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