Vips mit Grips: Heinz Sebiger

16.4.2015, 17:19 Uhr
Vips mit Grips: Heinz Sebiger

„Bub, merk dir eins: Wir haben nicht viel Geld, also musst du lernen. Denn Wissen ist Macht, und das Wissen, das du dir einmal angeeignet hast, kann dir keiner mehr nehmen!“ An diese Sätze seiner Mutter erinnert sich Heinz Sebiger (92) nur zu gut. Der promovierte Diplom-Volkswirt und Gründer des genossenschaftlichen Unternehmens Datev hat sich den Rat seiner Mutter stets zu Herzen genommen.

Für seine Idee, die Buchhaltung mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) zu machen, wurde Sebiger anfangs oft belächelt. Doch der Durchbruch der Datev, die 1966 gegründet wurde, ließ nicht lange auf sich warten.

Anfangs waren gerade mal zwei Leute bei der Datev beschäftigt. Heute ist sie mit fast 7000 Mitarbeitern einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region Nürnberg. Und die Genossenschaft wächst immer weiter: Am17. April wurde  das neue Software-Entwicklerzentrum „Datev IT-Campus 111“ für 1800 Mitarbeiter eröffnet.

Heinz Sebiger ist in eher ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. „Mit 14 Jahren bin ich als Lehrling in eine Baufirma eingetreten. Ich hatte ja nur die Volksschule abgeschlossen.“ 1941, mit 18 Jahren, wurde er zum Militär eingezogen. Nach vier Jahren Krieg und zwei Jahren Gefangenschaft kehrte er 1947 nach Nürnberg zurück. „Hier war alles kaputt, und die Wirtschaft war am Boden, aber ich war froh, wieder daheim zu sein.“

Als „Helfer in Steuersachen“ fand Heinz Sebiger schließlich seine Bestimmung. „Das war der einzige beratende Beruf, den man ohne ein Studium ausüben konnte.“ Allerdings stellte er sehr schnell fest, dass dieses Berufsfeld von Ungerechtigkeiten geprägt war: „Wir hatten kein Berufsgesetz, mussten eine Zulassung beantragen und konnten vom Finanzamt abgelehnt werden.“ Erst mit dem Steuerberatungsgesetz von 1961 wurde der Berufszugang geregelt – und die „Helfer in Steuersachen“ wurden zu Steuerbevollmächtigten.

1953 hatte Heinz Sebiger die Chance genutzt, das Abitur nachzuholen. Damals war er schon verheiratet, hatte zwei Kinder und eine Praxis als Helfer in Steuersachen. „Aber studieren zu können war einer meiner Lebenswünsche“, erzählt er. Den erfüllte er sich mit dem Studium der Volkswirtschaft.

Der wirtschaftliche Aufschwung in den 50er Jahren, das sogenannte Wirtschaftswunder, bot eine ganz neue Situation für Steuerberater. „Damals hatten wir eine totale Überbeschäftigung, der Arbeitsmarkt war leergefegt, und die Firmen haben keine qualifizierten Mitarbeiter gefunden, die sich um die Buchhaltung kümmern konnten“, erinnert sich Sebiger. Deshalb gaben die Mandanten die Buchhaltung an ihre Steuerberater oder Steuerhelfer ab.

Vips mit Grips: Heinz Sebiger

„Zu dieser Zeit waren sich die Steuerberater dafür aber noch zu vornehm, sie haben keine Buchhaltung gemacht. Aber die Helfer umso mehr!“, erzählt Sebiger. Damals hatte er die zündende Idee: Warum nicht die Buchhaltung mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) machen? „Es gab riesige Computer, die Millionenbeträge kosteten und die nur von Fachpersonal bedient werden konnten. Das konnte sich kein einzelner Steuerhelfer leisten.“

Nach anfänglichen Schwierigkeiten war schnell klar: „Wir Steuerexperten brauchen ein eigenes Rechenzentrum.“ Das Konzept dafür entwarf Sebiger selbst, und die Frage nach der Finanzierung beantwortete er mit dem Vorschlag, eine Genossenschaft zu gründen.

Gesagt, getan: Gemeinsam mit fünf anderen Steuerberatern und einem Rechtsanwalt gründete Sebiger das genossenschaftliche Unternehmen Datev. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Schon bald wurde der Geschäftsbetrieb der Datev auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet.

Unter der Leitung von Heinz Sebiger, der von 1966 bis 1996 Vorstandsvorsitzender war, und seinem Nachfolger Dieter Kempf ist die Datev zu einem der wichtigsten Arbeitgeber der Region Nürnberg geworden. „Ich freue mich natürlich sehr", erzählt Heinz Sebiger, "wenn ich aus dem Ruhestand heraus verfolgen kann, welche Fortschritte die Datev macht.“

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