Vorsicht, böse Wichtel !

21.12.2017, 11:10 Uhr
Vorweihnachtszeit in Kopenhagen: Der Vergügungspark Tivoli ist mit vielen bunten Lichtern geschmückt.

© Linda Ringel Vorweihnachtszeit in Kopenhagen: Der Vergügungspark Tivoli ist mit vielen bunten Lichtern geschmückt.

Wer die Weihnachtszeit in Kopenhagen erlebt, dem fallen zwei Dinge auf. Erstens: Sie beginnt sehr früh – nämlich mit dem Ausschank des Weihnachtsbiers bereits Anfang November. Zweitens: Sie ist überall und immer präsent.

Die Hauptstraßen strahlen im Schein von Lichterketten um die Wette – und da es im Winter hier schon ab 15.30 Uhr dunkel wird, ist diese extra Beleuchtung sehr willkommen. Besonders schön ist die Dekoration im Tivoli, einem der ältesten Freizeitparks der Welt. Der Park im Zentrum der Stadt gleicht einem wahren Winterwunderland mit all seinen Lichtern, Figuren und Sternen.

Schön sind auch die Julehjerte (Weihnachts-Herzen), die an allen Tannenbäumen hängen: Typischerweise aus rotem und weißem Papier gefaltet, schaffen sie eine besondere Atmosphäre. Und sie haben eine lange Tradition. Laut Erzählungen wurde das erste nämlich von Hans Christian Andersen in 1850ern geflochten.

Ab spätestens Mitte November gibt es gefühlt an jeder Ecke der Stadt einen Weihnachtsmarkt, auf dem ganz ähnlich wie in Deutschland allerlei Süßigkeiten, selbstgemachter Schmuck und Krimskrams angeboten wird. Aber auch Essen und Trinken kommen nicht zu kurz: Was bei uns der Glühwein ist, ist hier Glögg: heißer Rotwein, der mit Rosinen, Mandelstiften, Orangen- oder Zitronenschalen sowie Zimt, Nelken und Kardamom versüßt wird.

Die Preise dabei sind typisch dänisch: Mit etwa 7 Euro pro Tasse muss man rechnen, in Bars sind es leicht mal fast 9 Euro. Dazu werden Æbleskiver gereicht: kleine Teig-Bällchen mit Apfelfüllung, die mit Puderzucker bestreut sind und mit Beerenmarmelade genossen werde.In der ganzen Stadt gibt es außerdem gefühlt alles in Weihnachtsedition zu kaufen: vom Weihnachtskaffee (Julekaffe) über Weihnachtskäse bis Weihnachtshering.

Linda mag Cappuccino lieber als den ortsüblichen Grögg (Rotweinpunsch).

Linda mag Cappuccino lieber als den ortsüblichen Grögg (Rotweinpunsch). © privat

Neben Adventskalendern helfen kleine Wichtel, sogenannte Nisse, das Warten auf den 24. Dezember zu überbrücken. In manchen Teilen des Landes erzählen Eltern ihren Kindern beispielsweise, dass die Nisse jeden Tag im Dezember bis Heiligabend ein kleines Geschenk in der Wohnung verstecken – das dann eifrig gesucht wird. Die Wichtel helfen zudem laut Erzählungen bei allen Weihnachtsvorbereitungen.

Doch Vorsicht: Es gibt auch gemeine Wichtel, die gerne Streiche spielen. Mein dänischer Mitbewohner erzählte mir, dass in manchen Büros Anfang Dezember Lose gezogen wird, wer wessen Wichtel ist und ihm dann in der Weihnachtszeit immer wieder kleine Streiche spielen darf.

Gleich drei andere Traditionen durfte ich bei einer Weihnachtsfeier selber erfahren: Beim "Nu er det jul igen (Jetzt ist wieder Weihnachten)"-Tanz fassen sich alle Beteiligten an den Händen, singen ein bekanntes Weihnachtslied in Dauerschleife und tanzen im Kreis um den Weihnachtsbaum.

Das geht dann so lange, bis einer den Kreis durchbricht und eine Polonaise durch das Haus anfängt. Wer dann nicht genug hat, tanzt – immer noch singend und Hand-in-Hand mit anderen – durch Garagen, Gärten und auf die Straße.

Noch mehr Spaß machte mir das Spiel Pakkeleg: In der 1. Runde bekommt jeder, der eine 6 würfelt, ein kleines Geschenk aus dem Stapel der vorher von allen Teilnehmern zusammengetragen wurde. Doch diese Geschenke sind keinesfalls sicher: In der 2. Runde kann man wieder alles verlieren. Je nach Augenzahl auf dem Würfel muss nämlich ein Geschenk an den linken Nachbarn abgegeben werde, mit dem rechten Nachbarn Platz getaucht werden (wobei das Geschenk auf dem Tisch liegen bleibt), oder man darf ein beliebiges Geschenk klauen.

Das Ganze wird umso spannender, als nur der Spielleiter weiß, wie lange eine Runde ist. Dementsprechend würfeln alle Spieler so schnell wie möglich, um Geschenke zu klauen und Plätze zu tauschen.

Eine Besonderheit ist der Reisepudding: Eine Art Milchreis wird aufgekocht, anschließend mit einer Menge Schlagsahne verrührt. Gegessen wird das dann mir Kirschsauce – wobei "essen" hier übertrieben ist. Denn jeder schiebt den Pudding langsam im Mund umher und hofft, die einzige ganze Mandel zu bekommen, die im ganzen Pudding versteckt ist. Wer die Mandel hat, bekommt ein Geschenk. Allerdings gibt sich der Glückliche erst dann zu erkennen, wenn der ganze Pudding aufgegessen ist. Es weiß also niemand, ob die Mandel noch in der Schüssel ist, oder ob sie jemand seit dem ersten Bissen in der Backe versteckt. Das führt dann dazu, dass alle Beteiligten viel mehr Pudding essen, als sie eigentlich wollen – nur um die Mandel zu finden.

Langweilig wird es also auf einer dänischen Weihnachtsfeier bestimmt nicht – vorausgesetzt, man hat als Student alle Projekt- und Hausarbeiten für die Uni fertig geschrieben. Denn die Deadlines sind hier typischerweise ganz knapp vor Weihnachten.

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