Wehrt euch gegen Mobbing!

25.3.2015, 10:00 Uhr
Wehrt euch gegen Mobbing!

© Foto: colourbox.de

Der 15-jährige Philipp erlebt es oft, dass Mitschüler gemobbt werden. Er erzählt von einem Jungen, den er seit dem Kindergarten kennt: „Er ist ein Außenseiter, will aber ständig Aufmerksamkeit.“ Dafür darf sich der Mitschüler auch von Philipp manchmal Sprüche wie „Du bist blöd!“ oder „Lass es doch einfach!“ anhören. Eine Gruppe von „coolen“ Jungs hat den Außenseiter auf dem Kieker, manchmal nehmen sie ihm das Handy weg. Das geht schon seit zwei Jahren so.

Ein typischer Fall von Mobbing. Christina Zitzmann, Professorin für Sozialwissenschaften an der Technischen Hochschule Nürnberg, erklärt den Begriff: „Wenn jemand über längere Zeit hinweg immer wieder gequält, geärgert oder gepiesackt wird, und der Täter sich dafür noch Unterstützer sucht, dann sprechen wir von Mobbing.“ Weltweit gebe es täglich 200 Millionen Fälle, im Durchschnitt sei jede Schulklasse betroffen.

Ein immer häufiger vorkommender Spezialfall ist das sogenannte Cyber-mobbing, das sich vor allem in sozialen Medien abspielt. Philipps Freund Justin, 14 Jahre alt, kennt ein Beispiel: „Da hat ein Schüler auf WhatsApp seine Ex-Freundin verarscht.“ Er spielte ihr vor, wieder interessiert zu sein und flirtete mit ihr. Dann stellte er den Chat in die WhatsApp-Gruppe der Klasse, in die beide gehen.

Auch in der Parallelklasse machte das falsche Liebesflüstern schnell die Runde. Zwei Lehrerinnen schalteten sich schließlich ein und klärten das Problem mit den Beteiligten. Dennoch: Das Mädchen hat seitdem zu einigen Mitschülern keinen Kontakt mehr über den Unterricht hinaus.

Schutzraum fehlt

„Cybermobbing hat kein Ende, weil man es nicht überall löschen kann“, erläutert Christina Zitzmann. Den Opfern fehle der Schutzraum. Das herkömmliche Mobbing ende meist an der Schultüre, man begegne den Tätern zu Hause oder im Sportverein nicht. Das sei bei sozialen Medien anders, man könne den Nachstellungen nicht mehr entfliehen. „Außerdem ist alles anonym, da gehen die Umgangsformen flöten.“

Beim Netzwerktreffen spricht auch Pamela Schmidt von der Nürnberger Polizeiberatung. „Strafrechtlich gesehen gibt es kein Mobbing“, betont sie. Verschiedene Tatbestände können allerdings erfüllt sein: zum Beispiel Bedrohung, Beleidigung oder Veröffentlichung von Filmmaterial ohne Zustimmung des Betroffenen. Dabei ist es völlig egal, ob etwas in einer geschlossenen Gruppe auf WhatsApp oder Facebook gepostet wird.

Pamela Schmidt empfiehlt Opfern oder Zeugen von Mobbing, die Beratungsstelle der Polizei zu kontaktieren: „Hier kann man sich erst mal auch ohne Namensnennung Tipps geben lassen.“ Und wenn man Anzeige erstatten will? „Es ist ganz wichtig, alles mitzubringen, was irgendwie helfen kann“, sagt Pamela Schmidt, „Handy, Fotos, Screenshots, Zeugen.“

Philipp kennt noch eine weitere Mobbing-Variante: Die Kleidergrößen von Mädchen werden heimlich abfotografiert und auf WhatsApp gepostet. Überhaupt ist Kleidung ein häufiges Thema. Sätze wie „Kauf dir mal gescheite Klamotten!“ muss man sich in der Schule oft gefallen lassen.

Dass Mobbing für die Betroffenen ernste psychische und körperliche Probleme nach sich ziehen kann, erklärt Inga Neubauer vom Nürnberger Institut für Pädagogik und Schulpsychologie: „Die Opfer verändern sich, wollen nicht mehr in die Schule, bekommen Kopf- oder Bauchschmerzen.“ Langfristig könne Mobbing auch Selbstwertprobleme, Depressionen oder gar Selbstmordgedanken auslösen. „Wenn man immer gesagt bekommt, dass man scheiße ist, denkt man irgendwann: Vielleicht ist ja was dran.“ Die Flucht in Alkohol und Drogen kann die Folge sein.

Mobbing sollte also nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wichtig ist, da sind sich alle Experten auf dem Netzwerktreffen einig, dass die Opfer sich wehren. Widerstand verdirbt den Mobbern den Spaß und führt ihnen die Folgen ihres Verhaltens vor Augen. Passivität dagegen, also Zuschauen, spornt sie zum Weitermachen an.

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