Weit weg von der wilden Siegesfeier

17.7.2018, 10:00 Uhr
Weit weg von der wilden Siegesfeier

© Foto: Lucas Beaudet

"Hier ist die Hölle los", schreit mein Freund Hugo in sein Smartphone, nachdem die französische Mannschaft Kroatien 4:2 im WM-Finale geschlagen hat. Ich bin zur Zeit knapp 1000 Kilometer von meiner Heimatstadt Le Mans entfernt, als ganz Frankreich in großen Jubel ausbricht.

Große Freude und Stolz breiten sich vom Moskauer Stadion bis nach Frankreich aus. "Mit Rauchfackeln und Freudenschreien wie ,Allez les bleus!‘ wird hier gefeiert", berichtet der 17-jährige Hugo aus Le Mans, einer Stadt im Westen des Landes. Eine außergewöhnliche Atmosphäre herrscht in der ganzen Stadt. Französische Flaggen fliegen durch die Luft und sind auch in viele Gesichter gemalt.

Es ist die Hölle los. "Da ich in der Mitte der Fan-Zone geblieben bin, war es fast unmöglich, aus der Menge rauszukommen", erzählt mein Freund. Jedes Tor, das Frankreich schießt, bringt die Franzosen in einen Freudentaumel. Und dieser steigert sich beim erlösenden Schlusspfiff ins Unermessliche. "Die Stimmung ist einfach zauberhaft. Man tanzt, springt, hüpft und singt mit Leuten, die man nicht kennt. Ein großartiges Gefühl", meint er.

Doch manchmal geht die Freude auch über die Grenzen hinaus: "Leute stiegen auf Autos, und alle hupten laut. Es waren so viele Autos auf den Straßen, dass ich sogar einen Unfall hatte", berichtet mir mein 16-jähriger Freund Yann. Aber es passierte nichts Schlimmes.

Auch in der Stadt Straßburg feiern die Leute, erzählt Florian: "Alle laufen mit Bier herum, brüllen vor Freude und singen laut auf der Straße." Eigentlich geht es überall in Frankreich so zu. "Eine super Stimmung, die aus Lachen und Freude besteht", sagt der 16-Jährige.

Fußball bringt Leute zusammen

Durch diese Heiterkeit entsteht ein Gefühl der Brüderlichkeit, das alle Einwohner Frankreichs miteinander verbindet: "Fußball bringt die Leute zusammen, und es liegt an uns Fußballern, sie zu beglücken – schau dir nur an, welche Auswirkungen es auf die Gesellschaft hat." So beschreibt zum Beispiel Stürmer Kylian Mbappe das Fußballspiel gegenüber der Zeitung Le Monde.

Dieses Gefühl war längst in Vergessenheit geraten, denn Frankreich ist im Jahr 1998 zum letzten Mal Weltmeister geworden. Nach 20 Jahren stehen die Franzosen wieder auf dem Siegertreppchen. Jugendliche aus Frankreich kennen so was überhaupt nicht – und es ist sensationell, so etwas zu erleben. Auch wenn ich kein großer Fußball-Fan bin, finde ich die WM sehr cool, vor allem weil viel gefeiert wird und sich meine Landsleute näherkommen.

In solchen Momenten sind keine Unterschiede mehr zu sehen: kein Rassismus, keine Diskriminierung. Ich bin etwas traurig darüber, dass ich das Finale nicht in meinem Land miterlebt habe, sondern zu der Zeit in Nürnberg war. Aufregend und auch spannend war das Spiel trotzdem bis zum Ende.

 

Verwandte Themen


Keine Kommentare