Wer ist schuld an der Krise?

22.6.2015, 10:00 Uhr
Wer ist schuld an der Krise?

© Fotos: Michael Müller-Jentsc

Da ist ein hoffnungsloser Arbeitssuchender, der sich aus Verzweiflung selbst anzündet. Da ist eine Mutter, die gerade wieder einen Job in Aussicht hat, aber zu Hause ihre Tochter tot auffindet. Da sind Jugendliche, die mit ihren Markenklamotten prahlen und Mädchen, deren einzige Sorge ist, dass sie nicht die neuesten Turnschuhe besitzen. Und da ist der Staat, der „Europa ärgere dich nicht“ spielt.

In ihrem Theaterstück „Projekt.Schuld“ zeigen die Hans-Böckler-Schüler die Auswirkungen der europäischen Finanzkrise in Ländern wie Griechenland und Portugal. Dabei gehen sie aber weniger auf die Möglichkeiten ein, wie sich die Staaten aus der Krise befreien können. Sie beleuchten stattdessen, wie die Menschen unter den Folgen leiden.

In Kontrast dazu stellen die Schüler aber auch dar, wie wenig die Krise beispielsweise deutsche Jugendliche kümmert. Diese sorgen sich schon, wenn sie ein Markenteil nicht besitzen und machen sich kaum Gedanken darüber, wofür sie ihr Geld aus dem Fenster schmeißen. Stichwort Handy, Party, Onlinegames.

Vortrag über Europa

Um das Stück zur Finanzkrise mit Wissen und Leben zu füllen, haben die Fürther Schüler und ihr Lehrer Daniel Winning eng mit der Raiffeisen-Volksbank Fürth zusammengearbeitet: Ein Vortrag des Vorstandsmitglieds Thomas Gimperlein zu dem Gedanken der Europäischen Union, dem Euro und zur Krise (wir berichteten darüber) vermittelte die nötigen Grundkenntnisse. Die Bank finanzierte zudem auch eine Recherchereise in das von der Krise geplagte Portugal.

„Herr Gimperlein war der Meinung, dass die Schüler vor Ort recherchieren sollten, um die Auswirkungen der Krise mit eigenen Augen zu sehen“, erzählt Daniel Winning, der an der Schule die Theater AG leitet und sehr stolz darauf ist, dass das Schauspielen bereits ab der 5. Klasse in einer eigenen Theaterklasse gefördert wird.

Wer ist schuld an der Krise?

Was den Schülern in Portugal zuerst auffiel, war der Verfall, berichtet Samira (16). Das Entsetzen darüber kann man ihrem Gesichtsausdruck deutlich entnehmen. „So viele zerfallene Häuser und extrem viele Bettler! Die Menschen geben sich mit sehr wenig zufrieden. Bestes Beispiel war die Einladung von Fernando in sein Lokal. Die Familie lebt vom Mindestlohn, der 500 Euro beträgt, und trotzdem wollte sie uns alle Wünsche erfüllen und uns auf Sachen einladen“, erzählt sie.

Mitschüler Alexander (18) kann das nur bestätigen: „Die Menschen haben viel Herz, obwohl sie so arm sind. 50 Prozent der jungen Leute ziehen ins Ausland, weil sie keine Perspektive in Portugal haben.“

Eigene Geschichte

Das kennt Alexander sogar aus eigener Erfahrung. Er ist vor einigen Jahren mit seiner Familie von Bulgarien nach Deutschland gekommen. Dieser Tatsache ist im Theaterstück auch eine Szene gewidmet, in der Alexander sich selbst spielt und seine Geschichte erzählt. „Ich bin in meiner Klasse so toll aufgenommen worden, der Zusammenhalt ist super“, sagt er. Und genau das, was im Kleinen funktioniert, sollte auch auf Länderebene klappen – denn dahinter steckt schließlich auch der Gedanke der Europäischen Union.

Wer ist schuld an der Krise?

© Foto: privat

Seit der gemeinsamen Arbeit an „Projekt.Schuld“ denken die Jugendlichen vermehrt über die Krise nach. „Uns in Deutschland geht es echt gut“, findet etwa Willi (18), der sich ab und an auch sein Konsumverhalten anschaut.

„Ich finde es schade, dass es vielen Menschen hier eher um Statussymbole geht“, sagt Samira, und Laura (17) fügt hinzu: „Es treffen zwei Welten aufeinander – die Mutter in Griechenland, die um ihre Tochter trauert, und die Jugendlichen, die wegen Markenschuhen weinen, die sie nicht besitzen.“

Ihr seid neugierig auf das Stück geworden? „Projekt.Schuld“ wird am 1. Juli um 19.30 Uhr im Fürther Stadttheater aufgeführt. Ab 18 Uhr findet eine Vernissage im Foyer statt. Tickets gibt’s an allen Vorverkaufsstellen.

Verwandte Themen


Keine Kommentare