Wer Schuhgröße 40 hat, sollte nicht 38 tragen

27.3.2018, 17:25 Uhr
Schuhe sind nur ein bildlicherVergleich: Was nicht passt, sollte weg.

© Maja Hitij/dpa Schuhe sind nur ein bildlicherVergleich: Was nicht passt, sollte weg.

Im Leben erlebt man immer wieder Veränderungen. Einige inszeniert man selbst. Andere ergeben sich aus den sogenannten äußeren Umständen. Eine Erklärung, warum Veränderungen nötig sind, liefert Baruch de Spinoza (1632 bis 1677) in seinem Hauptwerk "Die Ethik".

Der niederländische Philosoph hält zunächst fest, dass nichts schlecht ist, solange es mit der Natur des Menschen übereinstimmt. Daraus ergibt sich für Spinoza folgender Umkehrschluss: Wenn etwas für Menschen schlecht ist, dann ist dieses etwas auch der menschlichen Natur entgegengesetzt.

Ein Beispiel: Habe ich Schuhgröße 40, trage aber Größe 38, ist das schlecht – für mich und vor allem für meine Füße. Die gekauften Schuhe sind meinen Füßen in diesem Fall entgegengesetzt. Sie drücken, ich bekomme Blasen.

Ähnliches gilt zum Beispiel auch für die Extra-Hochschulseite der Nürnberger Nachrichten: Sie trug einen Schuh, der nicht mehr gepasst hat. Was mit viel Engagement über fast 15 Jahre hinweg geleistet wurde, hat sich als schlecht erwiesen.

Nicht, weil die geleistete Arbeit schlecht war. Aber es wurde klar: Die frühere Extra-Campus-Seite für Studierende wandte sich an Leser, die sie gar nicht hat(te). Stattdessen lesen andere Zielgruppen diese Seite. Übereinstimmung? Fehlanzeige!

Spinoza sagt dazu: "Insofern ein Ding mit unserer Natur übereinstimmt, ist es notwendig gut." Daraus folgt: Man sollte sich die Schuhe in der richtigen Größe kaufen. Durch die richtige Größe werden aus den vorangegangenen schlechten Schuhen in Größe 38 neue gute Schuhe in 40. Auf die frühere Extra-Campus-Seite bezogen wurde es also ebenfalls Zeit, für Veränderungen zu sorgen. Die Seite sollte zum Leser passen.

Deshalb wurde sie zum Beginn des Jahres umbenannt in "Hochschulseite". Die Zielsetzung lautet jetzt nicht mehr "von Studenten für Studenten". Stattdessen wird – früher undenkbar – eher über Studenten berichtet.

Und über vieles andere, was an Hochschulen und Universitäten passiert. Natürlich aus der Region und für die Region, denn das stimmt mit der Natur der Nürnberger Nachrichten überein.

Wenn das Geschriebene seit einem Vierteljahr wieder besser mit den tatsächlichen Lesern "übereinstimmt", ist das laut Spinoza "notwendig gut". Seine Erklärung hat jedoch einen Haken: Die äußeren Bedingungen verändern sich ständig.

Deswegen sollte man regelmäßig überprüfen, ob die Umstände noch mit der menschlichen Natur übereinstimmen. Denn eines ist klar: Der Philosoph spricht von "unserer Natur" und nicht von vielen persönlichen Naturen. Also müssten alle Menschen die gleiche Natur haben – und damit übereinstimmen. Müssten! Die Realität sieht völlig anders aus.

Auch dafür hat Spinoza eine Erklärung: Menschen können durch Affekte beeinflusst werden. Affekte sind Leiden und lassen die verschiedenen Menschen nicht mehr mit der menschlichen Natur übereinstimmen.

Für Spinoza sind die Leiden also die Ursache dafür, dass Menschen untereinander entgegengesetzt sind, obwohl sie von Natur aus übereinstimmen.

Das Ende vom Lied der Affekte ist dann, dass man in den eigenen Leiden gefangen ist und dadurch noch mehr Leid verursacht. Eindeutig kein schönes Szenario. Deswegen sollte man immer hinterfragen, ob man a) von Affekten getrieben wird und ob b) die Gesamtsituation stimmt.

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