Wie pimpe ich meine Vorlesung?

9.2.2015, 17:09 Uhr
Wie pimpe ich meine Vorlesung?

© Benjamin Kuckuk

„Gefällt Ihnen meine Vorlesung so? Was könnte ich besser machen?“, fragte die Biochemie-Dozentin Renate W. ihre Studenten. Die Antwort verblüffte sie sehr: „Wir wünschen uns, dass Sie, wenn Sie eine Frage gestellt haben, nicht gleich die nächste Folie mit den verschiedenen Lösungen anklicken“, sagten die Studierenden: „Geben Sie uns stattdessen bitte drei Minuten Zeit. Wir möchten die Antworten auf unseren Smartphones selbst recherchieren und danach mit Ihnen besprechen.“

Und noch bevor sich Renate W. darüber empören konnte, dass die Studierenden ihre Smartphones während der Vorlesung überhaupt angeschaltet hatten, dachte sie sich: Warum eigentlich nicht? Gar keine schlechte Idee! So machen wir das!

Spicken unter der Bank — früher war das strengstens verboten. Heute gehört es – wenn nicht gerade während einer Klausur – im weitesten Sinne zu einem Konzept, das sich Blended Learning nennt.

„Blend“ kommt aus dem Englischen und bedeutet Mischung: Whisky, Kaffee oder Tabak können „blended“ sein, und im Idealfall hat solch eine Mischung eine höhere Qualität als die einzelnen Zutaten allein. In diesem Sinne ist Blended Learning also ein Konzept, das den klassischen Frontalunterricht mit dem Einsatz digitaler Medien zum Selbststudium unmittelbar miteinander verknüpft.

„Blended Learning erlaubt es, flexibel auf die Natur der Studieninhalte, die Bedürfnisse der Studierenden und die Vorstellungen der Lehrenden einzugehen“, erklärt Susann Werner. Zusammen mit Hans-Jürgen Stenger ist sie für dieses Thema an der Technischen Hochschule (TH) Nürnberg zuständig.

Welcher TH-Dozent auch immer seine Lehrveranstaltungen digital aufpimpen möchte – bei den beiden ist er an der richtigen Adresse. „Wir geben Tipps und Hilfestellungen“, sagt Susann Werner.

Den Begriff „Schulung“ mag sie in diesem Zusammenhang weniger: „Wir unterstützen die Dozenten dabei, sich die nötigen Fähigkeiten anzueignen, um vermehrt digitale Medien wie digitale Medien wie Videos und Podcasts sowie Endgeräte wie PCs, Tablets und Smartphones für ihre Lehrveranstaltungen zu nutzen.“

Jüngst haben die Aktivitäten der TH im Bereich Blended Learning einen gewaltigen Auftrieb erhalten. Als eine von bundesweit acht Hochschulen wird die TH Nürnberg in einem Strategiewettbewerb des Stifterverbandes und der Heinz-Nixdorf-Stiftung zur Digitalisierung gefördert. Über einen Zeitraum von zwei Jahren bekommt sie insgesamt 150 000 Euro für den Aufbau eines Learning Lab.

Konkret wird es sich dabei um einen Raum handeln, der mit den technischen Möglichkeiten für die digitale Unterstützung ausgestattet ist. „Das Ganze ist vergleichbar mit einem Fab Lab, wie es schon recht viele gibt“, erklärt Hans-Jürgen Stenger. In einem Fab Lab (fabrication laboratory) können Privatleute industrielle Produktionsverfahren nutzen, um für sich selbst Einzelstücke herzustellen.

Im Learning Lab werden Dozenten der TH ausprobieren, welche digitalen Elemente sich für ihre Lehrveranstaltungen eignen. Und können solange an den Verbesserungen basteln, bis sie für den Einsatz in realen Vorlesungen und Seminaren passen.

Bei dem Wettbewerb wurden in einem zweistufigen Bewerbungsverfahren zunächst aus knapp hundert Bewerbungen 13 Finalisten gekürt. Von denen wurden dann acht in einer öffentlichen Auswahlsitzung ausgezeichnet. Die Fördermittel sollen laut Ausschreibung dazu verwendet werden, „um unter Einbeziehung eigener Ressourcen eine langfristige Digitalisierungsstrategie innerhalb eines Hochschulentwicklungsplanes zu verankern“.

Das meiste Geld der Fördersumme ist für eine neue Stelle an der TH eingeplant. Deren Inhaber(in) soll nicht nur die Dozenten im Learning Lab betreuen, sondern auch auf einer höheren strategischen Ebene aktiv werden. „Es geht darum, spezifische Barrieren bei der Nutzung des Internets zu erkennen und Lösungen anzubieten, wie etwa Handlungsempfehlungen bezüglich des Datenschutzgesetzes und des Urheberrechts“, sagt Susann Werner.

Solche Probleme sollen direkt mit der Hochschulleitung besprochen werden. Auf diese Weise, so hofft das Blended-Learning-Team der TH, können entweder hochschulintern oder gar hochulübergreifend Lösungen für solche Probleme gefunden werden — was der einzelne Dozent nicht schafft.

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